,,Beeil dich!", rief Mum. ,,Wir sind spät dran und ich möchte nicht, dass wir zu spät kommen, weil du noch dein Buch finden musstest!"
Ich seufzte. Das war mir schon klar. Aber mir war nunmal eben gerade erst aufgefallen, dass ich vergessen hatte, Alea Aquarius einzustecken. Und ich wollte an den drei Tagen bei Tante Dorothea, meiner Großtante, keinesfalls bruchlos sein. Und ich hatte den vierten Teil der Reihe doch erst heute früh bei der Ostereiersuche gefunden. Mit einem Schokohasen, einigen Schokoeiern, drei hartgekochten bunten Eiern und einem Kartenspiel. Ich lief also hoch in mein Zimmer und überlegte, wo ich das Buch hingelegt hatte. Da, auf meinem Bett. Ich schnappte es mir und lief wieder runter. Miranda stand schon im Flur und blickte in ihr Handy. Ich fragte mich zum wiederholten Mal, ob Louis denn jetzt existierte. So sehr ich auch danach suchte, ich konnte keine Verhaltensänderung bei Miranda feststellen. Und man sagte doch immer, man würde sich ändern, wenn man verliebt war. Angeblich aß man dann mehr Kuchen und Schokolade. Das hatte jedenfalls Xenia mal gesagt. Ich wusste jedoch nicht mehr, in welchem Zusammenhang. Und sollte Louis existieren, dann musste Miranda doch in ihn verliebt sein, oder? Sonst würde sie nicht träumen, ihn zu küssen. Jedenfalls sagte das mir mein Verstand.
,,Okay, haben wir jetzt alles? Dann können wir los?"
Mum sah uns hoffnungsvoll an.
,,Ich glaub schon.", erwiederte Miranda abwesend. Plötzlich interessierte es mich brennend, was sie gerade eigentlich so fesselte, dass sie gar nicht mehr aufsah.
,,Super, gehen wir."
Wir verließen das Haus und gingen zum Auto. Dad fuhr nicht mit, um bei Ruby zu bleiben, was bedeutete, dass der Beifahrersitz frei war.
,,Ich sitz vorne!", rief ich deshalb gleich. Leider einen Tick zu spät, da Miranda im gleichen Moment das gleiche rief.
,,Sitzt doch beide hinten.", seufzte Mum. Zugegeben, diese Streiterei war dumm. Miranda verdrehte die Augen, widersprach jedoch nicht und setzte sich hinter den Fahrersitz. Ich ging auf die andere Seite. Gerade als Mum losfahren wollte, schrie Miranda auf.
,,Mist, ich habe meine Zahnbürste vergessen! Kann ich nochmal schnell rein?"
Mum sah sie genervt an, gab ihr jedoch den Schlüssel.
,,In einer Minute fahr ich los.", sagte sie noch drohend, als Miranda ausstieg. Ihr Handy ließ sie eingeschaltet auf ihrem Sitz liegen. Ich überlegte nur kurz. So eine Chance würde ich nicht noch einmal bekommen. Ich nahm es in die Hand und schaute nur kurz auf das Display. Ich sah einen WhatsApp Chatverlauf. Aha, das hatte sie also so gefesselt. Ich schaute kurz nach, mit wem sie geschrieben hatte. Als ich das Profilbild sah, stockte mir der Atem. Ich kannte diesen Jungen. Das war der Typ aus Mirandas Traum. Er sah nicht ganz exakt so aus, aber fast. Als ich den Namen, der daneben stand, las, war jeglicher Zweifel verschwunden. Dort stand Louis. Mit einem Herz Ausrufezeichen Emoji daneben. Ich grinste kurz und legte das Handy dann keine Sekunde zu früh zurück. Miranda kam gerade wieder, mit Zahnbürste in der Hand, zurück und gab Mum den Schlüssel wieder.
,,Okay, wir können los.", sagte sie munter, während sie sich anschnallte.Um 12 Uhr standen wir im Stau. Und zwar nicht in einem winzigen, der von einer roten Ampel verursacht wurde, sondern in einem echt großen Autobahnstau. Von der kleinen Anhöhe, von der wir eigentlich runterfahren wollten, konnte man kein mögliches Ende erahnen. Unser Navi zeigte uns an, dass wir noch etwa 45 Minuten zum Ziel brauchten. Und mit jeder Minute, die im Stau verstrich, stieg diese Anzahl, was ziemlich unpraktisch war, wenn das gemeinsame Essen nach Plan in einer halben Stunde sein sollte. Miranda starrte genervt aus dem Fenster und Mum blickte resigniert auf die endlose Schlange vor uns. Auch hinter uns hatte sich mittlerweile eine beträchtliche Menge an Fahrzeugen angesammelt. Währenddessen lief die ganze Zeit das Radio, welches Mum eingestellt hatte, um jederzeit den Verkehrsfunk zu hören. Allerdings existierte dieser Stau laut diesem nichtmal und ich hielt Namikas albernen Gesang bald nicht mehr aus. Ich konnte ihre Lieder sowieso nicht ausstehen, es war aber nochmal etwas ganz anderes, sie in einem viel zu warmen Auto zu hören. Glücklicherweise wurde ihr ,,Lieblingsmensch" endlich von ,,Shape of you" abgelöst. Das war zwar auch nicht unbedingt mein absolutes Lieblingslied, allerdings war es mir in diesem Moment viel lieber als Namika.
,,Wir hätten die Landstraße nehmen sollen. Dann würden wir jetzt nicht im Stau stehen.", sagte Miranda, wobei sie Ed Sheeran deutlich übertönte. ,,Ich hab's ja gleich gesagt, aber nein, da bräuchten wir ja fünf Minuten länger. Wir würden ja erst um kurz nach halb eins ankommen. Und nicht um..." Sie hielt einen Moment inne um einen Blick auf die Anzeige am Navi zu werfen. ,,Um eins! Ehrlich, jetzt sind wir eine halbe Stunde zu spät. Und genau das wolltest du verhindern, oder Mum?"
Sie sah sie herausfordernd an. Mum schaute wütend zurück.
,,Es tut mir leid, Miss Oberperfekt.", antwortete sie gereizt. ,,In Zukunft werde ich auf euere Hoheit hören. Was ist denn nun Ihr Vorschlag, meine Gnädigste?"
,,Du könntest bei der nächsten Ausfahrt raus fahren und über die Landstraße fahren. Das wäre sinnvoll, vor allem, weil wir dann auch noch die Natur sehen würden.", schlug Miranda vor. Sie kapierte wohl nicht, dass sie besser die Klappe gehalten hätte.
,,Ach, es ist äußerst blöd, dass wir uns leider keinen Millimeter bewegen.", fauchte Mum sie an. ,,Und, so leid mir das auch tut, unser Auto hat keine Flugfunktion. Wie unpraktisch. Dabei war deine Idee so genial."
,,Ich mein ja nur.", murmelte Miranda und sah mich hilfesuchend an.
,,Komm, wir spielen Ich sehe was, was du nicht siehst. Ich fang an. Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist blau."
Ich schaute Miranda euphorisch an. Eigentlich hasste ich dieses Spiel, aber es war kurzfristig das einzige, das mir einfiel.
,,Keine Ahnung. Das Auto da vorne?"
Miranda zeigte auf ein Auto, etwa fünf Plätze vor und im Stau. Ich schüttelte den Kopf.
,,Ach, keine Ahnung, was ist blau?"
Vielleicht war das Spiel doch nicht so genial. Und das, was ich sah und Miranda nicht, war vermutlich eine bescheuerte Idee. Aber das sah Miranda nunmal nicht und so war der Spielname wirklich ernst umgesetzt worden.
,,Deine Augen.", sagte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Miranda verdrehte die blauen Augen.
Nach ein paar weiteren Runden, zog sie ihr Handy hervor und begann, etwas einzutippen. Vermutlich schrieb sie eine Nachricht. Vermutlich an Louis. Vielleicht war das die Chance, etwas herauszufinden.
,,Was machst du da?", fragte ich also neugierig.
,,Geht dich nichts an."
,,Ach komm schon!"
,,Ich schreibe eine Nachricht."
Miranda seufzte genervt.
,,Zufrieden?"
,,Nein. An wen schreibst du?"
,,Das geht dich wirklich nichts an."
,,Ach komm schon! Ich bin deine Schwester."
Ich wollte etwas über Louis herausfinden. Miranda schwieg jedoch beharrlich und ich streckte meinen Kopf zu ihr hinüber. Miranda seufzte.
,,Ich schreibe mit jemandem aus meiner Stufe."
Dann starrte sie demonstrativ in ihr Handy.
,,Wer?", fragte ich gleich weiter, beschwingt von meinem Erfolg.
Miranda ignorierte meine Frage und verdrehte erneut ihre Augen, als ich meinen Kopf weiter zu ihr streckte, bis ich mir fast meinen Nacken verrenkte.
,,Meine Güte, Diana! Seit wann bist du so eine nervige Schwester, die mein Liebesleben ausspioniert?"
Oho! Das war doch mal eine brauchbare Information!
,,Um genau zu sein, seit du eines hast.", erwiederte ich grinsend.
,,Woher weißt du das eigentlich?", schnappte Miranda jetzt.
Verdammt. Mir wurde heiß und kalt zugleich. Ich wusste durch den Traumkorridor von Louis, wenn ich das aber Miranda erzählte, würde sie mich endgültig als übergeschnappt bezeichnen. Vielleicht sollte ich diesen einfach weglassen.
,,Ähem... also als du deine Zahnbürste geholt hast...", begann ich vorsichtig.
Miranda verschränkte die Arme. Sie schien sehr genau zu wissen, worauf das hier hinauslief, wollte mich aber offenbar zappeln lassen und dazu zwingen, ihr das zu Gestehen. Das hatte sie früher auch immer gemacht, wenn ich beispielsweise ihre Süßigkeiten gegessen hatte. Ich hasste diese Strategie.
,,Naja, also ich habe auf dein Handy geschaut und den Chat zwischen dir und einen Typen gelesen. Er hieß Louann oder Louis oder so. Ich habe mich einfach gefragt, wer das ist und deshalb habe ich einfach so ein bisschen gefragt. Ehm, tut mir leid, aber wer ist das jetzt?"
Miranda seufzte.
,,Er heißt Louis und ist am Montag vor den Ferien neu in meine Stufe gekommen. Ich sollte ihn ein wenig herum führen und ihm alles zeigen -du weißt schon, als Stufensprecherin- und jetzt hat er mir geschrieben. Zufrieden?"
Nein, ganz und gar nicht. Ich wollte noch mehr wissen. Allerdings würde Miranda wohl wahnsinnig werden, wenn ich weiterfragen würde. Also gab ich mich vorerst mit diesen Informationen zufrieden und nickte. In diesem Moment setzte sich die Autoschlange vor uns endlich in Bewegung und wir konnten endlich weiterfahren, mit einer Verspätung von mittlerweile 45 Minuten. Mum sah immer noch genervt aus und als wir bei der nächsten Ausfahrt die Autobahn verließen und auf der Landstraße weiterfuhren, brach sie immer wieder das Tempolimit, sodass wir schließlich doch noch um 13.00 im ,,Gasthaus zum wilden Hund" ankamen. Der Name stieß mich jedoch sofort ab, da ich Hunde auf eine gewisse Art fürchtete. Joachim hatte nämlich damals, als er Ella und mich beim Versteckenspielen erwischt hatte, einen Hund dabei gehabt. Ein ziemlich großes Exemplar, eine Buldogge, wenn ich mich richtig erinnerte. Dieser hatte mich durchgehend angeknurrt, was meinem achtjährigem-Ich einen so großen Schrecken eingejagt hatte, dass ich seitdem nicht mehr an einem Hund vorbeigehen konnte, ohne zusammen zu zucken. Ich atmete tief ein. Hier würden aber keine riesigen Buldoggen sein, sondern nur Verwandte (wenn auch manchmal nervige und hundeartige).
Also hinein in das ,,Gasthaus zum wilden Hund".Upsi dupsi. Da hat wohl jemand gestern das veröffentlichen vergessen...
Sorry...
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Silber- Das vierte Buch der Träume
FanficDiana Puckle ist ein verträumtes, 13-jähriges Mädchen. Seit sie die Silber-Trilogie gelesen hat, lässt sie von dem Wunsch, ihre Traumtür zu finden nicht mehr ab. Als dieser Wunsch jedoch in Erfüllung geht, muss sie feststellen, dass Arthur erneut se...