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Die restlichen Tage der Ferien wurden wirklich schön. Ella kam täglich zu mir und am Samstag kam Lucy zurück von ihren Großeltern. Als wir uns am Sonntag zu dritt trafen und in den Park hinter unserem Haus gingen, erzählte sie, dass es ihrer Oma nicht besser ging und dass sie immer noch schlafend im Krankenhaus lag. Wir brachten sie bezüglich Korridor und Nachbarn ebenfalls auf den neusten Stand und als Lucy von Arthur hörte, zog sie ihre Stirn nachdenklich in Falten.
,,Ihr müsst auch dafür sorgen, dass er die Leute wieder irgendwie aufweckt.", sagte sie.
Tatsächlich war das etwas, auf das wir noch gar nicht gekommen waren. Es war umso selbstverständlicher. Natürlich mussten die Schläfer wieder irgendwie aufwachen. So konnte es ja nicht weitergehen!
Umso trockener und langweiliger wirkte der darauffolgende Montag.
Es passierte zuerst auch nicht viel, außer, dass Frau Bauzer in Musik eine Viertelstunde zu spät kam und dann zehn Minuten lang Max zusammenstauchte, weil er in dieser Zeit ein wenig auf dem Klavier, welches im Musikraum stand, gespielt hatte. Außerdem war Frau Tua offenbar auf die wunderbare Idee gekommen, mal wieder unser Französischvokabel-Lernverhalten zu prüfen. Jedenfalls schrieb sie einen unangekündigten Vokabeltest, der zwar nicht extrem schwer, aber am ersten Schultag nach den Ferien trotzdem ziemlich unfair war. Wer rechnete schon damit?
In der Pause besprachen Ella und ich in der Bibliothek unsere Lösungen und irgendwann kam auch Lucy zu uns.
,,Was heißt bitte Hausmeister auf Französisch?", fragte sie augenverdrehend. Ich zuckte die Achseln.
,,Ich habe proprietère hingeschrieben. Aber selbst wenn das stimmt, habe ich wahrscheinlich alle möglichen Rechtschreibfehler gemacht.", erwiederte ich. Wirklich gut war ich noch nie in Französisch gewesen.
In diesem Moment klingelte es und wir machten uns auf den Weg zu Geschichte.
,,Dieses verdammte luzide Träumen ist wirklich nicht zu gebrauchen, wenn man ausgeschlafen sein will. Ich könnte jeden Moment einschlafen.", sagte ich seufzend, als wir das Klassenzimmer betraten.
,,Da bist du wohl nicht die einzige.", sagte Ella grinsend und zeigte auf Frau Blume, die ihre Brille abgenommen hatte und sich die Augen rieb. Jede ihrer Bewegungen war langsam und schlaftrunken. Und später nach der Begrüßung unterdrückte sie sichtlich ein Gähnen. Die ganze Stunde über schien sie drauf und dran zu sein, einzuschlafen.
Auf dem Weg ins Erdgeschoss zu Bio begann ich, mir Gedanken über den Grund zu machen. Warum war Frau Blume wohl so müde?
,,Wie waren deine Ferien so?", fragte mich plötzlich jemand. Ich drehte mich um. Neben mir ging auf einmal Tom und wartete offenbar auf eine Antwort.
,,Ganz nett. Ich war bei meiner Großtante und habe sonst eigentlich nichts besonderes gemacht. Und wir war's bei dir so?", antwortete ich.
,,Auch nett. Freust du dich auch schon so auf die sechste Stunde?"
Die Ironie in seiner Stimme war unüberhörbar.
,,Definitiv. Frau Müller ist meine absolute Lieblingslehrerin."
Ich grinste. Dann fiel mir ein, dass Frau Müller Tom ebenfalls hasste. Er hatte ihr einmal seine Meinung zu einer Schulaufgabe gesagt und probierte seitdem alles, um sie zu nerven.
,,Wie sie sich immer über meine Schrift aufregt. Sie soll sich erstmal ihre anschauen!"
,,Ja. Man erkennt meistens die Hälfte nicht. Und wehe, man schreibt es nicht genau so ab, wie sie es aufschreibt. Meine Güte, wir sind keine Grundschüler mehr!"
,,Aber fast noch.", kommentierte plötzlich jemand hinter mir.
,,Miranda!", fauchte ich. ,,Wie du siehst unterhalte ich mich gerade mit jemandem. Da unterbricht man einen nicht!"
,,Schon gut Dia. Man sieht sich, bis dann."
Mit diesen Worten lief meine Schwester an uns vorbei. Direkt hinter ihr ging ein Junge, der mir erschreckend bekannt vorkam. Er lächelte mich entschuldigend an.
,,Louis.", murmelte ich.
,,Wie bitte? Woher kennst du meinen Namen?", fragte Louis. Ich hätte mich selbst schlagen können. Wie blöd konnte man bitte sein?
,,Mein Schwesterherzchen ließt gerne fremde WhatsApp Chats.", rief Miranda von ein paar Stufen weiter unten.
,,Ach so.", murmelte Louis etwas verlegen. Wahnsinn. Sogar seine Stimme war wie in Mirandas Traum. Sie musste ihn wirklich mögen und viel Zeit mit ihm verbringen.
Dann ging auch Louis an uns vorbei. Ich blieb kurz stehen und starrte den beiden hinterher.
,,Mensch Diana! Jetzt versperrte nicht den ganzen Weg!", rief Carina genervt hinter mir.
Ich schüttelte leicht den Kopf und ging weiter.
,,Was war das gerade?", fragte Tom, der neben mir geblieben ist.
,,Meine Schwester.", antwortete ich. ,,Und ihr... naja, eventuell ihr Freund, eventuell ihr Schwarm und eventuell einfach ein Mitschüler von ihr."
Tom lachte fragte aber glücklicherweise nicht weiter nach.
,,Du hast mich übrigens auf eine geniale Idee gebracht. Wie ich Frau Müller super nerven kann. Danke dafür."
Er strahlte mich begeistert an.
,,Ach ja?", murmelte ich. Ich konnte jedoch nicht weiter nachfragen, da wir am Bioraum angekommen waren. Dort wartete allerdings nicht wie sonst Frau Bohne auf uns, sondern Frau Stein, die streng zusah, wie jeder auf seinen Platz ging. Ich runzelte die Stirn. Was tat Frau Stein hier?
,,Was ist mit Frau Bohne?", flüsterte Ella mir zu, als sie auf ihren Platz neben mir rutschte.
,,Keine Ahnung.", flüsterte ich zurück. Auch bei den anderen machte sich leichte Unruhe bemerkbar.
Frau Stein beobachtete, wie wir unsere Biosachen auspackten.
Nachdem sie uns begrüßt hatte, ging sie hinter das Lehrerpult.
,,Frau Bohne ist krank und wird deshalb vermutlich erstmal nicht unterrichten können. So lange werde ich ihre Stunden in euerer Klasse übernehmen. Ich habe gesehen, dass euer letztes Thema das Fliegen bei Vögeln war. Was weißt du denn darüber..."
Sie warf einen Blick auf den Sitzplan vor sich.
,,...Julius?"
Julius erzählte irgendetwas über hole Knochen und Ella sah mich an.
,,Denkst du...?", fragte sie leise.
Ich nickte.
,,Durchaus möglich.", erwiederte ich. ,,Sie hat gesagt, dass sie gesehen hat, dass unser letztes Thema das Fliegen bei Vögeln war. Wenn Frau Bohne gewöhnlich krank wäre, hätte sie sie einfach anrufen und fragen können. So klingt das aber eher, als hätte Frau Stein das in irgendwelchen Akten nachgeschaut."
,,Diana, Ella! Seid ruhig."
Ich wusste, dass es klüger war, jetzt wirklich nicht weiter zu reden. Allerdings wechselte ich ein paar bedeutsame Blicke mit Ella und Lucy.

Silber- Das vierte Buch der TräumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt