Reunited

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In den nächsten Tagen wurden nacheinander David und Mary aus dem Krankenhaus entlassen. Ich wollte unbedingt mitkommen und sie abholen, ich konnte es gar nicht erwarten, mal aus dem Safe House raus zu kommen, was zu einer ziemlich langen Diskussion mit Mai geführt hatte.

Mai wollte nicht, dass ich mitkam David abholen, sie meinte, es sei zu gefährlich, dass die Hounds im Krankenhaus auf mich warten könnten. Warum sie dann nicht schon Mary entführt oder umgebracht hätten, fragte ich daraufhin, sie läge doch schon seit Tagen dort, und erfuhr, dass immer eine dritte Sicherheitskraft dort gewesen war und auf sie aufgepasst hatte. In gewisser Hinsicht war das beruhigend, andererseits bedrückte mich der Gedanke, wir müssten nun rund um die Uhr beschützt werden.

Mai gewann diese Diskussion und auch die ein paar Tage später um die Entlassung von Mary und so saß ich unruhig am Fenster und starrte auf die Straße, während Tyler mit Mai zusammen zuerst David und dann Mary abholten, Walkers stechenden Augen in meinem Rücken stehts bewusst.

Obwohl ich enttäuscht darüber war, dass ich nicht einmal Mary mit abholen kommen durfte, überwog die Freude, als ich Mary endlich wiedersah. Gleichzeitig mischte sich unter die Freude eine tiefgehende Erleichterung und ich brauchte eine Weile, bis ich aufgeschlüsselt hatte, dass es vermutlich damit zusammenhing, dass wir alle wieder zusammen waren, dass wir alle in Sicherheit waren.

Ich schlief inzwischen etwas besser, auch wenn ich immer noch allein in meinem Zimmer schlief. Trotzdem wachte ich oft schweißgebadet auf, weil ich wieder von Ryan, seinem Vater oder einem anderen Hound geträumt hatte. Ich hatte mir angewöhnt, dann auf Zehenspitzen durch das Haus zu tapsen, am liebsten in die Küche, wo ich mir ein Glas Wasser holte, oder ins Wohnzimmer, wo ich mich in meinen Lieblingssessel kuschelte und vor mich hinstarrte und nachdachte. Ein einziges Mal war ich im Sessel eingeschlafen und am nächsten Morgen von Lily geweckt worden, die mir immer wieder über die Wange streichelte. „Es wird alles gut", flüsterte sie mir mit ihrer hellen, leisen Stimme ins Ohr, als ich die Augen geöffnet hatte. Von ihrer ernsten Fürsorge stiegen mir die Tränen in die Augen und ich musste sie fest an mich ziehen, um sicherzugehen, dass sie meine Tränen nicht sah und weil ich mich überzeugen musste, dass sie wirklich war.

Danach war mir das nie wieder passiert, ich hatte immer darauf geachtet, dass ich rechtzeitig wieder in mein Zimmer zurückkehrte. Auch ansonsten versuchte ich alles so normal wie möglich zu gestalten, war mehr oder weniger schwierig war. Niemand von uns ging gerade zur Schule und wir saßen in dem Haus aufeinander, bis wir uns allen auf die Nerven gingen. Ich machte mir immer wieder Gedanken, was werden sollte, wenn das alles vorbei war. Wenn es hart auf hart kam, würden wir alle ein halbes Jahr Schule verlieren. Abgesehen von unseren zukünftigen Berufsaussichten gruselte mich die Vorstellung ein halbes Jahr mit meinen Geschwistern hier in dem Safe House eingesperrt zu sein, so hübsch und sicher es auch war.

Ich war nicht die Einzige, die angespannt war. Marc machte das Gefühl des Eingesperrt seins auch sichtlich zu schaffen. Den Tag über verkroch er sich in dem Zimmer, das er sich mit Tyler teilte, und verbrachte seine Tage vor dem Laptop, ohne irgendjemandem von uns zu sagen, was er eigentlich die ganze Zeit machte. Bei einem meiner nächtlichen Spaziergänge kam ich ins Wohnzimmer, doch bevor ich mich in meinen Sessel verkriechen konnte, bemerkte ich eine Gestalt am Boden liegend, dicht an die Wand des Wohnzimmers gepresst. Erschrocken war ich auf die Gestalt zugeeilt in dem Glauben, irgendjemand sei umgekippt. Es war Marc gewesen, der dort gelegen hatte, doch an der Art, wie er dort lag, wie sich sein Körper zusammengerollt und entspannt hatte und an der um ihn geschlungenen Decke sah ich, dass er eingeschlafen war. Ich spielte mit dem Gedanken, ihn zu wecken und mit ihm zu reden, doch sein Brustkorb bewegte sich so regelmäßig und sein Gesicht sah so friedlich aus, dass ich es nicht über mich bringen konnte. Ich kehrte stattdessen in mein Zimmer zurück, überlegte jedoch die gesamte restliche Nacht, was Marc dazu bewogen hatte, sich im Wohnzimmer auf den Boden zu kauern, um zu schlafen.

Mary litt besonders darunter, dass niemand wissen sollte, wo wir waren. Louis, ihr Freund, hatte sie im Krankenhaus besucht und sich dort schon gewundert, dass Security vor ihrer Tür stand. Als sie mir das erzählt hatte, hatte es mir einen Stich versetzt. Er hatte sie besuchen können, aber ich nicht. Es gefiel mir nicht, aber ich musste zugeben, dass ich ein bisschen eifersüchtig war. Bevor sie entlassen wurde, hatte sie ihm erzählt, dass sie in eine Reha-Klinik am anderen Ende des Landes kommen sollte. Sie telefonierten jeden Abend miteinander, aber jeder konnte sehen, wie sehr Mary ihn vermisste.

Für David und Mary hatte das FBI zwei Physiotherapeuten geholt, die dreimal in der Woche in unser Safe House kamen und mit ihnen Übungen machten. Für David war das wie Spielen, er musste hauptsächlich Atemübungen machen und Übungen zur Stärkung der Brustkorbmuskulatur. Mary hingegen hasste die Übungen, so wie sie alles hasste, was sie an ihre Schussverletzung erinnerte. Sie hatte alle Klamotten, die sie an dem Tag getragen hatte in den Müll geworfen und verlangt, dass ich dasselbe mit ihrem senfgelben Pulli machte, sogar nachdem ich die Blutflecken rausbekommen hatte. Sie hatte sich auch schon angewöhnt, immer wenn sie sich unwohl fühlte, an die rechte Seite ihres Bauches zu fassen, dorthin, wo der Schuss sie getroffen hatte. Einmal war ich ins Bad gekommen, ich hatte nicht gewusst, dass sie dort drin war, und hatte sie nur in Unterwäsche angetroffen, wie sie sich ihre Narbe im Spiegel ansah. Die Narbe zog sich fast um ihren halben Körper herum, begann in der Nähe des Bauchnabels und endete im unteren Rückenbereich, dort wo ich die inzwischen fehlende Niere vermutete. Mary hatte mit Tränen in den Augen aufgeschaut.

„Ich kann es immer noch spüren", hatte sie geflüstert, „ich kann immer noch spüren, wie die Kugel..." Schnell hatte ich sie in den Arm genommen, doch sie hatte sich schon wieder gefasst.

„Meinst du, Louis findet mich auch mit der Narbe hübsch?", fragte sie und sah mich unsicher an. Ich lächelte sie wehmütig an.

„Wenn er dich wegen einer Narbe verlässt, ist er der größte Idiot, der je gelebt hat. Ein Idiot, der dann bald seine Kronjuwelen vermissen wird...", drohte ich, nur halb im Spaß, und sie schenkte mir ein schiefes Lächeln.


Hey Leute, tut mir sehr leid, dass so lange kein Kapitel kam, mein Studium hat mich mal wieder sehr in Beschlag genommen. Kann auch leider nicht versprechen, dass es demnächst besser wird. Ich hoffe, euch hat das Kapitel trotzdem gefallen ;)

Dark as midnightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt