Lone in the Darkness

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Ich hatte in der Einzelzelle viel Zeit gehabt zum Nachdenken und so war ich, als am nächsten Morgen das Licht auch in meiner Zelle angeschaltet wurde, zu der Überzeugung gekommen, dass ich das Gefängnis noch heute verlassen musste, wenn ich überleben wollte. Die einzige logische Erklärung, die mir einfiel, wie Karliene es geschafft hatte, mich mitten in der Nacht aus der Zelle zu holen, war, dass sie Hilfe von einer Aufseherin gehabt hatte. Mein Bauch krampfte sich zusammen bei der Vorstellung, ich hätte in der letzten Nacht genauso gut jener Aufseherin in die Arme laufen können.

Montrose war zwar vielleicht sadistisch eingestellt, doch hätte sie Karliene unterstützt, wäre es für sie doch ein leichtes gewesen, mich einfach wieder in den Duschraum zurück zu schleifen und sie das beenden zu lassen, was sie begonnen hatten.

Stattdessen hatte sie mich in Einzelhaft gesteckt, was vielleicht für mich sogar das Sicherste überhaupt gewesen war. Abgesehen von Montrose konnte es aber jede Aufseherin sein und niemand konnte mir garantieren, dass Karliene mich nicht in der nächsten Nacht einfach wieder aus der Zelle holen würde und mich dann wirklich umbringen würde.

Der Schnitt von letzter Nacht in meinem Bauch war nicht tief, soweit ich das in der Finsternis hatte beurteilen können. Aber es hatte schon nach kurzer Zeit aufgehört zu bluten und eine harte Kruste hatte sich über der Wunde gebildet.

Die Angst schoss mir in den Bauch, jedes Mal, wenn ich an die letzte Nacht dachte oder daran, was mir Karliene alles antun würde, sollte sie mich wieder in die Finger bekommen, doch ich zwang mich, sie herunterzuschlucken.

Zu meinem Glück besuchte meine Anwältin mich, obwohl Samstag war. Ich war noch nie so froh gewesen, sie zu sehen.

„Sie müssen mich heute noch hier herausholen", wiederholte ich eindringlich. Ich hatte das Gefühl, dass sie die Dringlichkeit noch nicht ganz verstanden hatte. Sie sah mich mit Mitleid in den Augen an.

„Ms. Brooks, ich verstehe, dass es hier drin nicht schön ist und dass Sie so schnell wie möglich wieder raus wollen, doch der Staatsapparat arbeitet nun mal langsam. Es kann gut sein, dass Sie sich noch bis Dienstag oder Mittwoch gedulden müssen."

Jeglicher Ausdruck, der als Gefasstheit hätte interpretiert werden können, wich aus meinem Gesicht. „Dienstag oder Mittwoch?", wiederholte ich entsetzt. „Bis dahin bin ich tot", fügte ich im Brustton der Überzeugung hinzu. Nun schlich sich doch leise Beunruhigung auf das hübsche Gesicht von Ms. Garcia.

„Wie meinen Sie...", setzte sie an, doch ich unterbrach sie.

„Wenn Sie mich nicht bis heute Abend herausholen, ist es nicht gerade unwahrscheinlich, dass ich morgen nicht mehr atmete", präzisierte ich und spürte die Panik ein weiteres Mal in mir aufflackern.

Ms. Garcia beugte sich nun eindeutig beunruhig vor. „Was ist passiert?", fragte sie drängend, „wie kommen Sie zu dieser Überzeugung?"

Ich sah mich um, um sicherzugehen, dass niemand der Karliene nahestand, in meiner Nähe war und eventuell zuhören konnte. „Die Schwester von einem Hound sitzt hier drin. Sie hat mitbekommen, dass ich einen Deal mit der Staatsanwaltschaft eingehe. Letzte Nacht hat sie versucht, mich umzubringen."

Ich hob mein T-Shirt, um Ms. Garcia den blutverschmierten Schnitt zu zeigen, der sich quer über meinen Bauch zog. Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt, duschen zu gehen, hatte lediglich neue Kleidung von einer Aufseherin bekommen, als diese mich aus der Zelle geholt hatte und zu meiner Anwältin gebracht hatte.

Ms. Garcia zog scharf die Luft ein, als sie die Wunde sah. „Wieso ist das nicht versorgt worden?", fragte sie scharf. Ich zuckte nur mit den Achseln. Sowohl in der letzten Nacht als auch heute hatte sich niemand dafür interessiert.

Meiner Anwältin schien jedoch nun der Ernst meiner Lage klargeworden zu sein. Sie atmete einmal tief durch und sah mich dann aus ihren dunklen, intelligenten Augen an. „Ich gebe mein Bestes, Sie noch heute rauszuholen. In der Zwischenzeit werden Sie auf der Krankenstation versorgt, dafür sorge ich." Ich keuchte auf.

„Nein, nicht die Krankenstation, bitte nicht", bettelte ich, meine Stimme überschlug sich. Karliene war auf der Krankenstation wegen meinem Tritt in der letzten Nacht, sie musste dort sein. Wenn ich auch dorthin kam, würde sie es irgendwie schaffen mich zu töten.

Mit wachsender Besorgnis hörte sich meine Anwältin meine Erklärung an. „Also gut, dann muss das halt draußen versorgt werden. Ich werde veranlassen, dass Sie, bis ich wiederkomme, in Einzelhaft festgehalten werden, dort sollte Ihnen diese Frau nichts anhaben können."

Ich war mir unsicher, ob ich das glauben sollte, von der Hilfe einer Aufseherin hatte ich meiner Anwältin schließlich nichts erzählt, doch ich vertraute ihr, dass sie ihr Möglichstes tun würde, mich so schnell wie möglich rauszuholen. Ms. Garcia redete kurz mit einer Aufseherin, dann verabschiedete sie sich von mir. Ich sah ihr hinterher, als sie auf der anderen Seite des Raums durch die Tür verschwand und mit sich, ohne es zu wissen, all meine Hoffnung trug.

Den Tag verbrachte ich zwischen Hoffen und Bangen allein in meiner Einzelzelle. Essen bekam ich vorbeigebracht, anscheinend wollte meine Anwältin kein Risiko eingehen. Ich versuchte, nochmals einzuschlafen, doch ich war zu angespannt, mein Körper wollte nicht zur Ruhe kommen. So tigerte ich stundenlang auf den 4 Quadratmetern hin und her, ließ mich zu Boden gleiten, wenn ich müde wurde, nur um wenige Minuten später mit heftig klopfendem Herzen wieder aufzuspringen. Ich versuchte, mich abzulenken und zu beschäftigen, indem ich mir Lyrics meiner Lieblingslieder ins Gedächtnis rief, aber auch das funktionierte nicht so wirklich. Ich konnte mich nicht konzentrieren, ständig schweiften meine Gedanken zur letzten Nacht, zu Karliene, zu Panther, zu den Hounds. Spätestens wenn ich bei den Hounds angelangt war, klopfte mein Herz wieder so stark, dass ich aufstehen musste und hin und her gehen musste, weil ich es nicht mehr aushielt, still zu sitzen.

Gegen sechs Uhr abends öffnete sich unvermittelt die Tür zu meiner Zelle. Sofort stoppte ich jegliche Bewegung und starrte hinaus. Montrose stand in der offenen Tür und starrte mich mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen an. Ich war überzeugt, die Anspannung keinen Moment weiter aushalten zu können.

„Herzlichen Glückwunsch, du darfst raus", grummelte sie und meine Knie wurden weich vor Erleichterung.


Juhu, sie darf endlich raus. Was glaubt ihr, wird jetzt alles besser für sie? Ich hoffe, es gefällt euch. Voten und kommentieren nicht vergessen ;)

Dark as midnightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt