Three Conspirators

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Das mit dem aus dem Haus schleichen gestaltete sich allerdings schwieriger als anfangs gedacht. Durch Billys Aktion waren inzwischen wesentlich mehr Sicherheitsleute im Haus und wir vermuteten auch außerhalb. Das war noch ein Problem, wir hatten keine Ahnung, in welchem Stadtteil von Philly wir uns eigentlich befangen. Es musste irgendein Viertel eher am Rand sein, aber in welcher Richtung und wie sollte ich von hier irgendwo hin kommen, wo ich mich auskannte?

Durch Diskussionen kamen wir bei dem Punkt jedoch auch nicht weiter, weswegen ich irgendwann beschloss, dass ich das herausfinden würde, wenn ich so weit gekommen wäre. Die Sicherheitskräfte bereiteten mir wesentlich mehr Kopfschmerzen. Jedesmal, wenn ich nachts nicht schlafen konnte und in die Küche gegangen war oder mich im Wohnzimmer in einen Sessel gekuschelt hatte, war mir mindestens einer begegnet. Auch Mai war so gut wie immer hier im Haus, sie hatte im Keller eine Zentrale und einen Ruheraum eingerichtet.

Schließlich skizzierte Mary den Grundriss des Hauses und die Umgebung, soweit wir sie kannten, auf ein Blatt. Wir beschlossen, dass es zu riskant war, durch die Haustür auf die Straße zu gelangen. Wir würden versuchen, unbemerkt ins Wohnzimmer zu gelangen. Dort würde ich durch die Terassentür raus in den Hintergarten und durch die Hecke und über den Zaun in den angrenzenden Garten. Dann würde ich schauen, wie ich von dort weiterkam. Ich wollte, solange es ging, durch die Gärten huschen und erst, wenn ich nicht mehr weiterkam, auf die Straße und dort weiter.

Noch während wir besprachen, was ich tun sollte, wenn ich bereits nach dem ersten Garten nicht mehr weiterkam, öffnete sich unvermutet die Tür. Mary und ich fuhren hoch. In einem verzweifelten Versuch, das Blatt Papier zu verstecken, riss Mary es an sich und versuchte, es unter ihren Pullover zu stecken.

Tyler, der hereingekommen war, betrachtete uns mit skeptischem Blick. Er schien die Situation innerhalb von Millisekunden zu erfassen. Bedächtig schloss er die Tür hinter sich und kam zu uns.

„Ok, was plant ihr? Und jetzt sagt nicht, es geht mich nichts an oder ich wär noch zu jung!" Mit trotzigem Blick setzte er sich neben uns. Mary wechselte einen Blick mit mir. Ich zuckte ratlos mit den Schultern. Einerseits war ich natürlich der Meinung, dass er noch zu jung war für das, was wir planten, andererseits konnten wir vermutlich jede Hilfe gebrauchen, die wir kriegen konnten. Ich musterte Tyler mit nachdenklichen Blick und seufzte schließlich tief auf.

„Also gut, wenn du unbedingt meinst..." Ich erläuterte in aller Kürze, was ich vorhatte. Tyler nickte bekräftigend.

„Ich komme mit", sagte er schließlich.

„Nein!", erwiderte ich sofort mit aller Strenge, die ich aufbringen konnte.

Tyler schob stur seinen Unterkiefer nach vorne. „Doch, ich begleite dich. Die Hounds sind auf der Suche nach dir und du hast keine Ahnung, wo du mit der Suche nach Marc anfangen willst. Ich kann dir helfen!" Ich blickte in seine sturmgrauen Augen.

„Tyler, ich weiß das zu schätzen wirklich, aber ich muss das alleine machen", versuchte ich, ihn zu überzeugen. „Stell dir vor, wir treffen auf Hounds und sie würden drohen, dich zu erschießen. Ich würde sofort alles tun, was sie von mir verlangen würden. Du wärst das perfekte Druckmittel. Ich will dein Leben nicht aufs Spiel setzten."

In Tylers Blick schlich sich Schmerz. „Aber dein Leben willst du riskieren...", murmelte er heiser.

„Ich werde mein Leben nicht riskieren", insistierte ich. „Ich kenne das Viertel, ich weiß, wie man den Hounds aus dem Weg geht. Ich weiß, wo ich mich verstecken kann." Eine glatte Lüge, ich hatte keinen Plan, wo ich die nächsten Tage und Nächte verbringen sollte.

„Außerdem brauche ich euch beide hier", redete ich weiter auf ihn ein. „Ihr müsst Augen und Ohren für mich offen halten, falls Mai etwas plant oder sie ihn finden. Ich will nicht, dass sie ihn zuerst erwischen." In meinen Augen spielte sich unwillkommen die Vorstellung ab, die Sicherheitskräfte oder die Bullen würden Marc finden und wollten ihn mitnehmen, er würde sich wehren und erschossen werden. „Auch alles, was sie eventuell über die Hounds herausfindet oder preisgibt..." Mary nickte und auch Tyler schien langsam überzeugt.

„Warum kann Mary das nicht alleine machen?", hakte er dennoch nochmal nach.

„Vier Augen sehen mehr als zwei und vier Ohren hören mehr als zwei. Außerdem will ich nicht, das Mai Verdacht schöpft, dass ihr sie vielleicht bespitzelt. Das geht zu zweit einfacher." Schließlich willigte Tyler widerwillig ein, hier zu bleiben und Mary zu unterstützen. Innerlich fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Ich wusste nicht, wie gefährlich es werden konnte und ich wollte ihn nicht in Gefahr bringen. Ich wollte nicht auf ihn aufpassen müssen.

„Woher wissen wir, dass es dir gut geht?", fragte Mary. Ich hob mein Handy.

„Ich schreibe euch jeden Abend um sechs Uhr. Ich schreibe, dass es mir gut geht und falls ich etwas herausgefunden habe, schreibe ich das auch. Wenn ich irgendwann bis sieben Uhr noch nicht geschrieben habe, geht ihr direkt zu Mai und sagt ihr alles."

Mary wirkte ausgesprochen besorgt. „Glaubst du, das könnte passieren?"

„Nein", versuchte ich, sie zu beruhigen. „Ich versuche nur, alle ‚was wäre wenn' durchzudenken."

Wir besprachen uns noch eine Weile, diskutierten und versuchten, alle Lücken unseres Plans zu füllen. Es gelangt uns eher schlecht als recht. Uns fehlten zu viele Informationen. Wie viele Sicherheitskräfte nachts anwesend waren, beispielsweise. Oder ob auch außerhalb vom Haus Sicherheitskräfte stationiert waren. Ein weiteres Mal fiel mir auf, dass diese Leute nicht nur dazu gut waren, uns vor den Hounds zu beschützen, sondern uns auch sehr gut festhalten und überwachen konnten. Eigentlich war ich Anfang März nur von einem Gefängnis in ein anderes gewechselt. Zugegeben ein wesentlich komfortableres und hier war ich bei meinen Geschwister, aber es war trotzdem noch ein Gefängnis.

Endlich hatten wir das Gefühl, wir hätten alle möglichen Schwierigkeiten bedacht und soweit es uns möglich war, eliminiert. Erschöpft rieb ich mir über das Gesicht. In meinem Magen rumorte es, ich wurde nervös. Bis zum Abend war es jedoch noch eine Weile und wir durften uns nichts anmerken lassen. Etwas Ablenkung war vielleicht das beste.

„Ok, was haltet ihr davon, einen Filmenachmittag zu machen?", schlug ich vor und ein kleines Grinsen schlich sich auf mein Gesicht.

Dark as midnightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt