Die nächsten Wochen wurde eine Art verfahren gegen Boris eingestellt. Es wurde alles bestätigt, was wir erzählt hatten.
Boris wurde Tage später gefasst und saß nun in einem Gefängnis in dem seine Kräfte wie ausgelöscht waren.
Er hatte verloren.
Und wir hatten gewonnen.
Das feierten wir an diesem Tag auch mit einem Buffet, wie immer, allerdings doppelt so groß.
Alle waren gut gelaunt und unterhielten sich nett. Irgendwann war es mir etwas zu langweilig und ich verließ den Raum, um Luft zu schnappen.
Ich ging mit schnellen Schritten Richtung Ausgang, als eine Stimme hinter mir ertönte.
„Lilly!",rief niemand anderes als Ben.
Widerwillig blieb ich stehen und drehte mich zu ihm um.
„Wohin willst du?",wollte er wissen, ehe ich ihm sagen konnte, dass ich alleine sein wollte.
Ich verdrehte die Augen. Das war doch unwichtig! Er sollte drinnen bei den anderen sein, und glücklich sein.
„Nach draußen.",entgegnete ich und fügte noch ein scharfes „Alleine!" hinzu.
Er zog kurz die Augenbrauen zusammen, nickte aber letztendlich und machte sich mit hängenden Schultern wieder auf den Weg zurück.
Meine Ferien waren auch inzwischen fast vorbei... was hatte ich bloß getan?
Ich biss mir fest auf die Lippe und öffnete die große Tür nach draußen.
Seufzend setzte ich mich auf die kalten Treppenstufen und dachte nach.
Mein Verhältnis zu Ben hatte sich verschlechtert. Seit dem fast-Kuss war ich abweisender zu ihm.
Es tat ihm weh, dass sah ich genau. Aber mir doch auch.
Ich hatte eine harte Zeit durchgemacht und schob mein Verhalten auf diese Zeit.
Aber es war nicht nur das.
Irgendwie war ich anders. Ben hatte mir vorgestern vorgeworfen, ich hätte mich zu stark verändert, und wäre nicht mehr diejenige, die er so gern hatte...
Danach bin ich auf die Toilette gehuscht und habe still vor mich hin geweint.
Ohne das es jemand bemerkte. Und das war auch gut so.
Ich wollte keine anderen Leute um mich herum haben.
Ich war zur Einzelgängerin geworden. Auch Cora war davon nicht sehr begeistert.
Sie war immer nett zu mir, aber ich habe alle Gespräche die in die Richtung ‚Boris' gingen, abgeblockt und bin weggegangen.
Ich wurde durch diese Tage oder Wochen ein anderer Mensch.*Zeitsprung: Nach den Ferien*
Unschlüssig was ich anziehen sollte, stand ich vor meinem Kleiderschrank.
Seit ich wieder zuhause war, fehlte mir zu allem die Motivation und ich saß lieber alleine in meinem Zimmer, mit runtergezogen Rollos und Musik.
Nebenbei las ich irgendwelche Schnulzen um dann in Selbstmitleid zu verfallen.
Deshalb schnappte ich mir auch nun einen schwarzen Pullover, welcher mir eigentlich etwas zu groß war, und eine schwarze Hose mit ein paar Löchern.
Dann nahm ich mir meine Tasche, steckte mir etwas Obst ein und verließ etwas später als sonst das Haus. Ich wusste, ich würde zu spät kommen, so wie die letzten Tagen auch. Aber es war mir komischerweise egal.
Man könnte schon fast sagen, ich bin zum Rebell geworden.
Die Beziehung zu meinen Eltern war abgestürzt, auch mit Maja war es anders als sonst. Sie hatte zwar immer wieder probiert, mit mir zu reden, aber auch sie hatte ich zurückgewiesen.
Ich wollte niemanden. Ich weiß nicht, ob ich noch unter Schock stand, oder das einfach eine Art Nachwirkung war...
Wie gewohnt fuhr ich zur Schule, wobei ich niemanden begegnete, den ich kannte.
Ich kam eine Viertelstunde zu spät und platzte in den Spanischuntericht von Frau Masa.
Bei meinem Anblick stemmte sie die Hände in die Seiten und ihr Blick betrachtete mich von oben nach unten.
Ich schloss die Tür und vermied Blickkontakt mit anderen.
Ohne eine Entschuldigung rauschte ich an unserer Lehrerin vorbei, allerdings zog sie mich bestimmt am Handgelenk zurück.
„Lilly, kann ich einmal draußen mit dir reden?",meinte sie und senkte den Kopf, damit ich sie ansah. Was ich aber nicht tat.
Schlussendlich stöhnte ich auf, folgte ihr aber nach draußen.
Dort ließ sie mich los und betrachtete mich weiterhin.
„Lilly. Du bist immer ein nettes Mädchen gewesen, aber seit die Ferien vorbei sind, ist etwas anders, das merkst du doch bestimmt auch!",fing sie an.
Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern.
Dann war es halt so. Was ging sie das an? Ihr Job war es, uns was beizubringen, nicht uns bei privaten Dingen zu helfen.
„Das geht sie gar nichts an.",gab ich zickig zurück und erntete einen mahnenden Blick von ihr. „Wenn es deine Leistungen beeinflusst, geht es mich sehr wohl was an.",widersprach sie mir herrisch. Ich schwieg, da ich nichts zu erwidern hatte.
Auch Frau Masa merkte das und wir gingen wieder in die Klasse zurück. Ich war erleichtert, dass das Thema für sie abgeschlossen war.
Melli's und Sam's Blicke lagen auf mir und sahen mich verwirrt an.
Ich zog nur herausfordernd eine Augenbraue hoch und setzte mich nach hinten in die Ecke.
Zum ersten Mal seit schulbeginn nach den Ferien saß Ben neben mir.
Er hatte mein Verhalten akzeptiert, aber leben konnte er nicht damit, das wusste ich genau.
Tag für Tag ging das so weiter, meine Noten sackten ab, und die Pausen verbrachte ich alleine in irgendeiner Ecke.
Bis Ben irgendwann an einem Freitag in der Mittagspause auf mich zukam.
Ich trug diesmal ein graues T-Shirt mit einer dunklen Sweatshirtjacke und eine hellblaue Hose.
Er hingegen sah super gut aus, mit einem roten Strickpullover und einer dunkelblauen Jeans.
Schon von weitem konnte ich seinen besorgten Gesichtsausdruck sehen.
Ich saß auf einer Tischtennisplatte, welche in den letzten Wochen mein einziger Rückzugsort war. Hier ließen mich alle alleine.
Normalerweise...
Umso mehr wunderte mich sein Verhalten als er wirklich vor mir stehenblieb.
Kühl starrte ich ihn an.
„Was willst du?",wollte ich genervt wissen.
Er blieb ruhig, obwohl ich ihn so anzickte.
„So kann das nicht weitergehen!",fing er gleich an. Ich stellte mich dumm, obwohl ich genau wusste, wovon er sprach.
„Was?"
Er stöhnte genervt auf. „Dein verhalten. Du hast dich verändert. Und diese Veränderungen gefallen mir nicht.", erklärte er.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Mir ist es ziemlich egal was dir gefällt oder nicht.",entgegnete ich gleichgültig.
„Es ist nämlich mein Leben.",fügte ich noch hinzu.
Er sollte sich raushalten. Warum interessierte er sich überhaupt für mich? Er verwirrte mich.
„Schon. Aber ich dachte ich spiele eine Rolle in deinem Leben. Auch wenn es nur eine Nebenrolle ist."
Hä? Was will er bitte?
Verständnislos sah ich zu ihm noch und baumelte mit den Beinen.
Er gab ein grunzen von sich.
„Lilly! Du bist mir wichtig. Und ich hätte dich fast verloren. Du bist mir, verdammt nochmal, wichtig! Versteh das bitte. Ich will dich nicht so sehen. Du bist anders, und das bist nicht du!",rief er aufgebracht, aber auch verzweifelt.
Mein Mund klappte etwas auf.
Was sollte mir das sagen?
„Geh bitte zur Therapie. Es gibt Leute, denen bist du wichtig."
„Dir oder was?",gab ich spöttisch zurück, Ben verzog allerdings keine Miene und nickte stumm.
Bildete ich mir ein tränen in seinen Augen glänzen zu sehen?
Ich presste die Lippen aufeinander. Hatte er recht? Hatte ich mich wirklich so stark verändert?
Vielleicht sollte ich wirklich was ändern...
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The Four Elements
ParanormalManchmal läuft das Leben nicht so wie man will. Aber dadurch kann auch Schicksal entstehen. Als die 15-jährige Lilly umzieht, ist sie sofort angetan von Ben, dem Jungen mit den eisblauen Augen, von dem sie nicht weiß, was sie von ihm halten soll. D...