Licht

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Die ganze Zeit rutschte ich auf meinem Platz im Gary's herum.

Cherry, die süßer war, als ich je erwartet hätte, hatte mir noch viel Glück gewünscht und mich angelächelt.

Mit Kaylen hatte ich in einer halben Stunde im Gary's abgemacht. Diese dreizig Minuten waren nun so gut wie um und ich hatte ein bisschen Angst, dass er vielleicht nicht mehr kommen würde.

Das war wahrscheinlich meine einzige Chance ihn wieder für mich zu gewinnen und es durfte einfach nicht schief gehen.

Als ich seine unübersehbare Präsenz in der Eingangstür bemerkte, grinste ich vor Erleichterung. Danke Gott!

Er taxierte mit seinen Augen den Raum und schließlich blieb sein Blick an mir hängen.

Sein ganzes Auftreten glich dem, dass er an den Tag gelegt hatte, als wir uns noch nicht kannten. Kühl, abweisend, unnahbar.

„Steh auf." Schöne Begrüßung, die man von ihm hier bekam.

Ich biss die Zähne zusammen, damit ich nicht noch was kleinlautes kommentierte. Also folgte ich seiner Anweisung und dann verließen wir gemeinsam das Diner.

„Was machen wir jetzt?", fragte ich vorsichtig.

„Ich möchte dir was zeigen.", antwortete er ohne jeglichen Unterton in der Stimme. Unmöglich zu sagen, was er gerade dachte.

Kaylen reichte mir einen Helm, den ich kurz musterte. Es war der, den er mir schonmal gegeben hatte, aber wer wusste, wie oft Nola ihn schon angehabt hatte.

Als ich daraufhin ihn ansah, erkannte ich in den leuchtenden Farben des blinkenden Dinerschildes die tiefen Augenringe, von denen Ryder gesprochen hatte.

Am liebsten hätte ich Kaylen fürsorglich meine Hand an die Wange gelegt, aber sein Blick hielt mich zurück.

Stattdessen zog ich meinen Helm auf und stieg schließlich hinter ihm auf sein Motorrad.

Vorsichtig legte ich die Hände an seine Taille, um mich festzuhalten. Es schien mir unangebracht, wie sonst auch einfach die Arme um ihn zu schlingen, auch wenn es verlockend war.

Das tat er dann aber für mich. Mit seinen zog er meine Hände fest um sich, sodass wir auch automatisch fest aneinander gepresst waren.

Erschrocken darüber sog ich scharf die Luft ein.

„Ich will dich nicht auf dem Weg verlieren.", brummte er und fuhr dann los.

Die kühle Luft entspannte mich zur Abwechslung mal, anstatt mir ins Gesicht zu schlagen.

Irgendwie schien mir Motorrad fahren gerade wie eine lächerliche Angst, gegen das, was ich in der letzten Woche alles durchgemacht hatte und wo ich jetzt stand.

Vor dem Kommenden hatte ich einfach mehr Angst, als vor dieser Fahrt. Vielleicht war es nur dieses mal oder ich war für immer geheilt, aber das war eher unwahrscheinlich.

Unser Ziel war ein altes Hochhaus, in dem keiner wohnen konnte, außer man gehörte wirklich in die unterste Unterschicht.

So kaputt, wie die schmutzige Wand schon war, regnete es bestimmt auch rein.

Ich folgte Kaylen einfach die vielen Stufen hinauf. Ich dachte, er wollte mir irgendeine alte, verschimmelte Wohnung zeigen, aber wir stiegen immer weiter nach oben, bis wir den oberen Absatz erreichten.

Bei den letzten Stufen reichte er mir die Hand, damit ich nicht noch abkackte.

"Es gibt hier keinen funktionierenden Aufzug.", erklärte er.

Truth or KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt