Lügen

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Als ich aufwachte, war ich erstmal ziemlich erschrocken, weil ich nicht den Hauch einer Ahnung hatte, wo ich denn überhaupt war.

Doch beim Anblick des dunklen Holzes im Tageslicht, wurde mir schlagartig klar, dass ich immer noch in dieser Hütte war.

Neben mir auf dem Boden saß Ryder, sein Kopf seltsam nach hinten gelehnt. Er schien tief und fest zu schlafen.

Vorsichtig erhob ich mich und schlich mich an ihm vorbei zum Fenster.

Keine Menschenseele war draußen. Es war totenstill, bis auf ein paar Vögel und den Wind, den ich vor dem Fenster brausen hören konnte.

Auch von unten kam kein Ton. War das junge Paar verschwunden oder schliefen sie noch?

„Was machst du denn da?", brummte eine müde Stimme hinter mir.

Überrascht zuckte ich zusammen und drehte mich um.

„Guten Morgen, Ryder!", sagte ich lächelnd, während ich mich wieder vom Fenster entfernte und auf ihn zulief.

„Ich versuche rauszufinden, ob die Lustmolche noch da sind."

„Lustmolche?" Er lachte leise. „Nein, die sind weg. Ich habe extra die ganze Nacht gewartet."

Mühsam stand er auf und ich sah wie sich sein Brustkorb von einem tiefen Atemzug anhob.

„Dann hast du ja kaum geschlafen." Er trat in den Lichtkegel des Fenstern und jetzt erst erkannte ich seine tiefen Augenringe. „So siehst du auch aus."

„Ha ha, sehr lustig." Sein Grinsen erwiderte ich. „Lass uns endlich auch von hier verschwinden!"

Er schleppte sich zu der Klappe und stieß heftig dagegen. Nichts passierte. Verwirrt nahm er nochmal all seine Kraft zusammen und stieß mit einem lauten Poltern erneut gegen die kleine Falttür.

Als noch immer nicht geschah, stand er auf und trat mit den Fuß darauf ein. Zu dem folgenden Rumsen mischte sich sein Fluchen.

„Was ist?", fragte ich erschrocken, obwohl ich die Antwort schon kannte.

„Es geht nicht auf." Aufgebracht fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht. „Ich glaube, wir sitzen hier fest."

Bei diesen Worten wurde mir schlagartig schlecht.

Denk nach Mona!

Mit dem Handy hatte ich keinen Empfang. Verdammt!

Und wie zum Teufel öffnet man eine klemmende Klappe?

Nach einer Weile des Nägelkauens und Rumgrüblens fiel mir der Holzbalken im Schrank wieder ein.

Eilig holte ich ihn hervor und trat zu Ryder, der sich nachdenklich durch die Haare fuhr.

„Versuch es mal damit!", schlug ich vor und übergab ihm das alte Holzteil.

Damit funktionierte es jedoch auch nicht, also packte ich mit an und nickte ihm zu, damit wir gemeinsam zuhauen konnten.

Mit einem lauten Rumps krachte die Klappe mit der Leiter nach unten und der Holzbalken folgte.

Erschrocken riss ich die Hände davon weg und starrte mit großen Augen in das Loch unter mir.

„Geschafft.", kommentierte Ryder zufrieden grinsend und stemmte die Hände in die Hüften.

„Ich gehe vor. Nur um sicher zu gehen, dass wir es nicht komplett kaputt gemacht haben."

Darauf nickte ich nur zustimmend und sah ihm nach, wie er in dem Loch im Boden verschwand.

Neugierig schaute ich nach unten zu ihm.

Truth or KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt