3 ~ Sweet ugly fat 16th Birthday

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Die zehnte Klasse war das Jahr, in dem ich sechzehn wurde.
Mum und ich hatten einen perfekten Sweet 16 Geburtstag geplant, mit allem drum und dran.
Er sollte so sein wie in den vielen Hollywood Filmen, die mich durch meinen Teenageralltag begleiteten.
Er sollte einfach nur perfekt werden...

Noch nie in meinem Leben hatte mein Herz so stark geklopft wie an dem Tag, dem siebten Oktober.

Die roten und gelben Blätter säumten unsere Wohnstraße, die wir mit Ballons dekoriert hatten.

Ich trug ein lilafarbenes Top und blaue Jeans, als ich auf dem Sofa herumwackelte, den Zeiger der Uhr beobachtete, den Kuchen und das Buffet kontrollierte, die Spotify Playlist durchging und meiner damaligen Freundin Merle schrieb, ob sie einen Lautsprecher mitbringen könnte. Klar hatte sie ihn dann doch vergessen.

Stattdessen durften wir sogar Mums Stereoanlage nutzen, die einen tollen Sound hatte.

Alles war so, wie ich es geplant hatte.

Zunächst. Erst kamen Julia und ihre Freundinnen, die meistens nett zu mir waren, dann Tobias und Max aus der 11 B, Hanna vom Ballett, Tyra aus meinem Mathe Kurs, Fabienne aus meinem Kunst Kurs, Jasmin aus Literatur und Fabian und Jonathan aus Französisch.

Dann raste mein Herz, als ich vorsichtig durch den Türspion schaute: Die Liebe meines Lebens,
der Junge meiner Träume, Eric war da. Als ich ihm und Lukas öffnete, wurden meine Hände schwitzig.

Er war hier.  Eric war in meinem Haus, auf meiner Party. Er lächelte mir total freundlich zu, drückte mir ein Geschenk in die Hand und betrat mein Wohnzimmer.

Heute sollten meine Sweet Sixteen werden. Mein erster Kuss. Ich war mir sicher, dass Erics Lächeln etwas zu bedeuten hatte. Vielleicht empfand ja auch er etwas für mich... Ach was.

Ich war naiv. Ehrlich, ich war der naivste Mensch, den man sich vorstellen kann...

Wir hörten Musik, aßen Kuchen und spielten Wer hat noch nie, ein Spiel, bei dem eine Frage gestellt wird, wie
Ich habe noch nie geklaut und jeder, der bereits geklaut hat, hebt die Hand.

Meine Hand war fast nie oben.

Ich war ein braver, anständiger Mensch, der seine Mum liebte und sich Mühe gab, die Oberstufe durchzustehen bis zum Abitur.

Ich hatte bereits viel zu viel Kuchen gegessen, als Fabienne vorschlug, Wahrheit oder Pflicht zu spielen.

Ab da ging der Tag bergab.

Normalerweise werde ich bei solchen Spielen immer ignoriert, als sei ich nicht da, doch heute durfte ich anfangen. Ich war aufgeregt.

Weil ich mit Merle am Telefon genau abgesprochen hatte, wie das Spiel verlaufen würde.

Ich würde sie nehmen, ihr eine Pflicht stellen, sodass nie dann ihn nimmt, ihm sagt, er soll mich küssen.

Mein Herz klopfte und ich schob mir die schwitzigen Hände unter den Po, als es soweit war. Wie in Zeitlupe vergingen die Sekunden vor meinem ersten Kuss... Ich jedoch konnte nur daran denken, ob ich mir nicht noch einmal die Zähne putzen sollte.
Ihr wisst schon, für den Fall.

„Eric“, sagte Merle gespielt gelangweilt. Ich begann, vor Aufregung zu schwitzen.

Nerviger Nebeneffekt... Hoffentlich ging das bis gleich weg... Ich rieb mir die Hände heimlich an meinem Top ab. Eric sagte „Pflicht. Ist doch klar.“

„Okay. Dann küss doch Lilac.“

Jetzt war es soweit. Der Moment,auf den ich gewartet hatte. Er musste mich einfach küssen nach dem Lächeln vorhin, er musste...

„Ich passe. Es tut mir leid, Lilac, aber ich küsse niemanden, bevor ich nicht in einer Beziehung bin.
Es soll was besonderes werden.“

Bumm. Diese Ohrfeige nistete sich tief über meinem Herzen ein.

Besonders. Als sei ich so schlimm, um mich zu küssen. Jedes andere Mädchen hätte er sicher geküsst.

Jeder starrte mich mitleidig an. Jeder. Auch Merle. Weil jeder wusste, dass es an meinem Gewicht lag.

Ich war das übergewichtige Mädchen, das niemand küssen wollte.

Jeder wusste es, auch ich. Auch Eric.

Eric wollte mich nicht, weil ich dick war. Eric würde mich nie wollen...

Das war der erste Tag, an dem mir klarwurde, dass ich abnehmen musste. Weil mich sonst niemand wollen würde. Ich war immer Noch das Walross. Lucia würde hämisch lachen...

Happy ugly fat 16, schrieb ich in mein Tagebuch, als ich mich nachts weinend in meinem Zimmer eingeschlossen hatte. Ich glaube sogar Mum war an dem Abend betrübt, weil ich nicht einmal mit ihr reden wollte.

Nicht einmal Mum, die einzige Konstante in meinem Leben, wollte ich sehen.

Lilac #freeyourbody ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt