34~ In every story there's a turning point

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Der Montagmorgen beginnt mit dröhnenden Kopfschmerzen. Anstatt mir die Decke wieder über den Kopf zu ziehen, stehe ich auf. Im Stehen tut mein Kopf noch stärker weh. Doch keine Erkältung, keine Grippe oder sonst was könnten mich heute zuhause behalten.

Die ganze Woche lang habe ich auf diesen Tag gewartet.
Heute werde ich endlich erfahren, ob ich das Stipendium bekomme, oder nicht. Ich werfe mir hektisch irgendeinen Pulli über und zwänge mich in meine Jeans. Ich stelle fest, dass ich lange nicht mehr auf der Waage stand. Mein Gewicht war mir nicht mehr so wichtig. Und das tut ziemlich gut, denn so habe ich eine Sorge weniger. Ich trinke einen Kaffee und nehme mir vor, mir demnächst selbst Zimtpulver zu kaufen. Nach zwei Croissants, die ich von gestern übrig habe (Ich sollte dringend wieder einkaufen) stürme ich aus der Wohnung und schwinge mich auf mein Fahrrad.

„Lilac? Kommst du bitte?“
„Ich sterbe“, flüstere ich meinen Freunden zu, worauf Jule mich umarmt. „Das schaffst du!“
Auch Henry spricht mir gut zu und bietet an, mich zu begleiten. Doch ich schüttele den Kopf. Das muss ich allein schaffen. Er drückt mich kurz und gibt mir dann einen Kuss auf die Stirn.
„Jetzt geh!“ Schnell stehe ich auf, wobei mir erst einmal mein Collegeblock hinunterfällt, den Henry aufhebt. Vorne bei Frau Ribbeck angekommen, zittern meine Knie wie verrückt. „Na, nervös?“, fragt sie.

Da man mir meine Nervosität wahrscheinlich auf zehn Meter ansieht, nicke ich. Sie setzt die Brille ab und putzt beide Gläser, ehe sie ihre Tasche öffnet und meine Blätter rausholt. „Lies selbst.“
Ich drehe den Stapel Blätter zwischen meinen Händen und suche nach einem Text oder so, der mir verrät, ob ich das Stipendium bekomme.
Als ich umblättere, segelt ein loses Blatt heraus. Verlegen bücke ich mich und hebe es auf. Da sehe ich die gedruckte Schrift. Den Stempel. Das große Wort „Stipendium“. Ungläubig sehe ich zu meiner Professorin und versuche aus ihrem Gesicht herauszulesen, ob das ganze ein Witz ist, doch sie strahlt mich an.

„Eine wundervolle Arbeit. Du hast dich selbst übertroffen. Viel Spaß in Stockholm. Du hast es dir verdient.“

Ehe ich vor Freude etwas unüberlegtes tun kann, fällt sie mir um den Hals. Meine Freunde kommen von hinten herangelaufen und umarmen mich ebenfalls überschwänglich. Ich glaube das ist einer der schönsten Tage in meinem Leben. Wir gehen in unser Lieblingscafé, Henry, Jule, Cedric und ich und bestellen Zimtkaffee, Himbeerkuchen und Cupcakes mit Kürbisglasur. Mir sind die Kalorien egal. Das kann ich immer noch abtrainieren, wenn ich Freitags mit Jule joggen gehe. Ich schreibe Mum eine WhatsApp Stipendium bekommen! Februar geht es los.
Dann holt Jule grinsend eine Box aus der Tasche und zieht daran, ehe sich Unmengen an Konfetti über mich leeren. Da stehe ich wie blöd in einem bunten Konfettiregen, für den wir später wahrscheinlich vom Personal des Cafés beschimpft werden, und lache vor Glück.

Lilac #freeyourbody ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt