Die Arbeit an meiner Studie erfordert den größten Anteil meiner Zeit und meiner Gedanken. Aus den Bildern der Uni im Internet und den zarten Gedanken an eine mögliche Zukunft dort ist etwas anderes geworden. Vielleicht ein Wunsch, oder ein Traum, etwas, was mich wachhält und mir die Kapazitäten dazu gibt, Tausend Tassen Kaffee in mich hinein zu schütten und die Hausarbeit zu schreiben. Natürlich kommt irgendwann der Punkt, an dem ich merke, dass ich nicht mehr weiterkomme. Der Geschichte fehlt ein Ende. Klar habe ich kein schlechtes Gewissen mehr, weil ich ordentlich etwas geschafft habe, allerdings werde ich zurück auf den Boden der Tatsachen kommen müssen: Meine Geschichte mit Mr. Darcy braucht ein Ende. Ich brauche Gewissheit, was zwischen ihm und mir ist. Nicht nur für den Aufsatz und meinen Traum von Schweden will ich herausfinden, was mich und Mr. Darcy verbindet, dessen richtigen Namen ich ja nicht einmal kenne, sondern auch für mich und diese schleichende Hoffnung, dass er vielleicht doch für mich etwas empfinden könnte, wenn er wüsste, wer ich wirklich bin. Zu den kleinen Schmetterlingsflügeln, die in meiner Brust flattern, wenn eine neue Nachricht von Mr. Darcy eintrifft, gesellen sich auch welche, wenn ich mit Henry meinen Kaffee im Cafe trinke. Das kann doch gar nicht sein, oder? Wie kann ich für zwei Menschen auf eine ähnliche Art und Weise empfinden? Zu den Träumen von Mr. Darcy gesellt sich auch der Gedanke, dass er nicht weiß, wer ich wirklich bin. Aber Henry sieht mich jeden Tag genau so, wie ich bin und er will trotzdem Zeit mit mir verbringen. Frustriert trete ich in die Pedale des Fahrrads und denke den restlichen Weg nach Hause nicht mehr darüber nach. Als ich in meiner Wohnung ankomme, werfe ich ein Baguette mit Schnittlauch in den Ofen und mache mich daran, den Salat zuzubereiten, als mein Handy eine Nachricht ankündigt. Ich springe sofort von der Arbeitsplatte auf und suche mein Handy in den Taschen meines Mantels, der noch nass vom Regen ist. Ich rechne mit einer Nachricht von Mr. Darcy, doch es ist eine von Henry, der fragt, ob ich Lust habe, etwas essen zu gehen. "Ich koche leider schon, aber komm doch vorbei", schreibe ich ohne Überlegung zurück, worauf er mir einen einfachen Daumen-Nach-Oben-Emoji schickt. Ich mache noch gefüllte Paprika und backe diese, während das Brot abkühlt und ich laut Musik laufen lasse. Ich frage mich, ob ich es irgendwann schaffen werde, Mr. Darcy nach einem Telefonat oder vielleicht sogar Date zu fragen. Würde er genauso freundlich und offen wie Henry mit mir umgehen? Einfach zum essen bei mir reinschneien? Als es klingelt ist der Tisch gedeckt und der Schein der Lampe lässt das Esszimmer orangefarben aussehen. Henry stellt eine mitgebrachte Flasche Wein auf die Anrichte und wirft sich grinsend auf den Stuhl. "Sieht echt toll aus! Ich wusste gar nicht, dass du so gut kochen kannst, Lilac!"
"Dafür müsstest du es eigentlich probieren", sage ich und gieße uns Wein in die Gläser.
Er probiert und verzieht dann gespielt das Gesicht. "Iiiih! Also wirklich, ich nehme alles zurück, du kochst grauenvoll!" Seine Augen glitzern, als er über beide Mundwinkel zu mir hinübergrinst.
Ich schüttele lachend den Kopf und mache die Musik an, die gerade auf meiner Playlist als nächstes dran ist. Walking on the moon von Nolan Santo- Henry runzelt kurz die Stirn und verbirgt dann eine Art Lächeln, die ich noch nie bei ihm gesehen habe. Was ist denn mit ihm los? Seine Wangen färben sich ein wenig rosa und er isst schnell weiter, bis auch ich mich nicht mehr damit beschäftige.
Der Abend ist so schön, dass ich am liebsten Jule danach anrufen würde, um ihr davon zu erzählen. Aber ich möchte ihn noch ein bisschen für mich behalten. Vielleicht ist der Punkt angekommen, an dem Henry und ich richtig gute Freunde werden. Oder ist da vielleicht mehr? Ich schiebe den Gedanken beiseite und starre auf meinen Handyscreen. Seltsam. Mr. Darcy hat gar nichts mehr geschrieben.
Ob er viel zu tun hat? Oder ist es ihm langweilig geworden, mit mir zu schreiben? Meine Finger bleiben über der Tastatur in der Luft hängen und ich weiß nicht, ob ich etwas schreiben soll. Vielleicht ein Hi oder so etwas? Zweifelnd lege ich es beiseite und lösche das Licht. Während der Mond in das Zimmer scheint und es silbern leuchten lässt, driften meine Gedanken ab und ich spüre eine Ruhe wie Zuckerwatte, die mich umhüllt, ehe ich in den Schlaf falle.
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Lilac #freeyourbody ✔️
Romance« Du kannst 130 Kilo wiegen, Haare auf den Zähnen haben oder reden wie ein Lexikon auf zwei Beinen und ich würde trotzdem hier mit dir in der Herbstsonne sitzen und nichts lieber wollen als das. » ✨ ✨ ✨ ✨ ✨ ✨ ✨ ✨ ✨ ✨ ✨ ✨ Die 19-Jährige Lilac ist fr...