14

1.6K 42 0
                                    

"Also dann, du wolltest mir was erklären." Julians Stimme war noch immer kalt und ich konnte nicht verhindern, dass mir ein Schauer den Rücken herunterlief. "Julian, ich- ich kann es nicht erklären." "Ach auf einmal doch nicht mehr? Entscheide dich endlich mal, Emily! Ich will wissen, wieso wir seid über einem Jahr zusammen sind und in dieser Zeit noch kein einziges Mal miteinander geschlafen haben." Ich schwieg nur und schluckte, während ich angestrengt versuchte, mich weiterhin auf die Straße und den Verkehr zu konzentrieren. "Es kann nichts damit zu tun haben, dass du noch nicht bereit bist, denn wir hatten vor unserer Beziehung schonmal Sex. Also erklär mir, wieso im vergangenen Jahr nicht." Ich seufzte leise. "Du willst die Wahrheit wissen? Die hab ich dir schonmal gesagt und wenn du mir zugehört hättest, wüsstest du, wieso ich noch nicht mit dir geschlafen habe." "Jetzt gib nicht mir die Schuld, Emily! Sag es mir einfach!" Julians Stimme war lauter geworden und ich wünschte mir, ein Loch würde sich im Erdboden auftun und mich verschlingen, bevor ich ihm antworten musste. "Ich kann es nicht, weil wir schonmal Sex hatten. Weil dabei Johanna entstanden ist und wir sie dann verloren haben. Ich kann sowas nicht nochmal durchstehen, das packe ich nicht." Meine Stimme klang ungewollt weinerlich und ich spürte, wie Julians Wut und Unverständnis bröckelten. "Wir verhüten natürlich." "Verhütungsmittel sind keine 100%ige Sicherheit. Das sicherste Verhütungsmittel wäre die Pille, das hab ich schon versucht und bisher keine vertragen, genauso wie mein Körper die Spirale wieder abgestoßen hat. Julian, ich habe im letzten Jahr alles mögliche ausprobiert, aber offensichtlich hasst mein Körper jegliche Verhütungsmittel. Und Kondome können reißen und schon der kleinste Riss reicht." "Also schläfst du nicht mit mir, weil du Angst hast, schwanger zu werden?" Ich nickte schwach und warf Julian einen kurzen Seitenblick zu. "Ach Emily, wieso hast du mir denn nichts gesagt? Das war es auch, was du vor mir verheimlicht hast, stimmt's? Da war immer irgendwas, was dich bedrückt hat und ich Idiot hab es nicht bemerkt." Sofort schüttelte ich den Kopf. "Bitte mach dir keine Vorwürfe! Es tut mir Leid, dass ich dir das verheimlicht habe und immer nur ausweichend geantwortet habe, wenn wir über Sex gesprochen haben. Es tut mir wirklich Leid, Julian." "Hey, das muss es nicht. Ich kanns verstehen. Klar hab ich Johanna auch verloren, aber du warst ihre Mutter, das ist eine viel engere Beziehung. Bitte versprich mir nur eins: Dass du in Zukunft mit mir redest und die Dinge nicht mit dir selbst ausmachst." Ich nickte schwach und sah erneut kurz zur Seite in die vertrauten blauen Augen, in die ich mich jedes Mal aufs Neue verliebte. "Versprochen." "Gut. Ich liebe dich. Und es tut mir Leid, dass ich dir vorhin unterstellt habe, dass du was mit Bernd anfangen würdest. Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. Jannis hat so eine Bemerkung gemacht, dass du bestimmt mit einem süßen Typen telefonierst und da sind bei mir alle Sicherungen durchgebrannt." "Schon okay. Aber du hast wirklich keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Ich liebe nur dich." "Das höre ich gern. Ich liebe dich nämlich auch."

"Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott, du bist wirklich hier!" Quietschend und breit grinsend schlang ich meine Arme um den Hals meines besten Freundes, der mich lachend etwas hochhob, woraufhin ich noch lauter qiekte. Schließlich setzte Bernd mich wieder ab und wir strahlten uns an. "Es ist so schön, dass du hier bist. Ohne dich fehlen mir das Torwarttraining und anschließende Oreokekse-Essen." "Haha, du fehlst mir auch, Emmi. Vor allem, dass ich mit dir über alles quatschen kann. Persönlich ist einfach was völlig anderes, als Schreiben oder Telefonieren. Und zum Skypen kommen wir ja leider gar nicht so oft, wie wir gerne würden." Ich nickte seufzend. "Stimmt. Das wird dann wohl unser Vorsatz fürs neue Jahr: Öfter miteinander skypen und mehr Zeit füreinander finden." "Pass bloß auf, dass Julian nicht noch eifersüchtig wird", entgegnete Bernd scherzhaft, woraufhin mein Lächeln zu bröckeln begann. Natürlich blieb das nicht unbemerkt. "Was ist los?" Ich seufzte leise. "Julian war neulich mega eifersüchtig, als wir beide telefoniert haben. Er meinte zwar, es sei nur gewesen, weil sein Bruder einen blöden Spruch in die Richtung gemacht hat, aber irgendwie glaube ich ihm das nicht so ganz. Wir haben uns daraufhin angeschrien und ich weiß einfach nicht, ob das Vertrauen in unserer Beziehung noch ausreicht." Erschrocken sah Bernd mich an. "Willst du etwa Schluss machen?" Sofort schüttelte ich den Kopf. "Nein, auf keinen Fall. Ich liebe Julian, auch wenn ich ihm von Zeit zu Zeit den Kopf abreißen möchte und wir uns manchmal streiten. Aber ich habe Angst, dass er irgendwann Schluss macht, weil er denkt, dass ich ihn mit irgendjemandem betrüge oder sonstwas." "Du hast also Angst, dass Julian dir nicht genug vertraut und eure Beziehung daran kaputtgehen wird?", vergewisserte mein bester Freund sich und ich nickte, woraufhin Bernd seufzte. "Ach Emmi, wieso hast du mir davon noch nichts erzählt? Wie lang trägst du diese Gedanken jetzt schon mit dir herum?" Ich zuckte die Schultern. "Ich glaub ich habs verdrängt, aber zuletzt haben wir uns öfter mal gefetzt und keine Ahnung- irgendwie haben wir uns verändert und das ins Negative. Ich weiß auch nicht, woher diese ganzen Sorgen kommen. Es gibt bestimmt Paare, die sich schlimmer streiten und sich noch viel weniger vertrauen, aber trotzdem." "Du bist einfach unsicher und kannst die Situation nicht einschätzen, nicht wahr?" Ich nickte und seufzte, dann legte ich den Kopf in die Hände und rieb mir kurz die Augen, bevor ich wieder aufsah und mich bemühte zu lächeln. "Aber jetzt gerade ist Julian bei Kevin und du bist hier bei mir, also lass uns über was anderes reden." "Über was denn?" Ich zuckte die Schultern. "Keine Ahnung, was dir halt so einfällt." "Du warst in der Zeitung." Ich verdrehte genervt die Augen. "Du meinst wegen dem Video von der Brücke? Wann hattest du denn heute mal die Gelegenheit, dir eine deutsche Zeitung zu besorgen? Oder hast du es im Interrnet gelesen?" "Du warst auch in England das Thema einiger Artikel. Vor allem das, was du zu den Reporterrn gesagt hast. Darüber, wie viele Jugendliche in Deutschland sich das Leben nehmen." Ich nickte schwach. "Das ist auch das einzige, worüber wirklich berichtet werden sollte. Und nicht dieses ganze Gefasel von wegen Heldentat und Retterin in der Not und so ein Scheiß." Sanft lächelte Bernd mich an. "Weißt du eigentlich, dass deine Bescheidenheit eine der Sachen ist, für die ich dich bewundere und wegen denen ich dich so gerne mag?" Ich musste grinsen. "Jetzt weiß ich es." Mein bester Freund erwiderte mein Grinsen und ich knuffte ihn spielerisch in die Seite, dann schaute ich ihn auffordernd an. "Aber jetzt erzähl mir doch endlich mal was von England."

Plötzlich zwei Verehrer?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt