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"Verdammt, Promiflash, habt ihr keine anderen Hobbys?", schimpfte ich vor mich hin, während ich den Artikel las, der vor wenigen Stunden erschienen war und den mir bereits mehrere Mitspielerinnen geschickt hatten, die ihn gelesen hatten.

Liebes-Aus bei Julian Brandt und seiner Emily?
Sie waren das Vorzeige-Paar, die Traumvorstellung eines jeden Teenies. Fußballspieler Julian Brandt (22) und seine Freundin Emily Bender (21) waren zwar selten bei Veranstaltungen zu sehen, dafür gaben sie uns in ihrer Freizeit immer wieder die Möglichkeit, von ihrer Beziehung zu schwärmen und sie zu beneiden. Nachdem es Anfang des Jahres nach einer Weile Ruhe wieder vermehrte Pärchenauftritte gegeben hatte, wurde es zuletzt doch wieder still um den blonden Kicker und seine Freundin. Jetzt scheint der Grund dafür bekannt zu sein und der ist dunkelhaarig und wohl Emilys neuer Freund. Immer wieder waren die beiden in den letzten Monaten gemeinsam zu sehen, von Mal zu Mal vertrauter. Nachdem sie gestern stundenlang gemeinsam in einem Café in Leverkusen waren, fuhr die Blodine sogar mit dem dunkelhaarigen Unbekannten im Auto davon. Wie es Julian Brandt wohl gefällt, dass seine Freundin sich so mit einem anderen vergnügt?


Genervt schaltete ich mein Handy mit dem Artikel aus und schloss die Wohnungstür auf. Es war still, aber auf den ersten Blick schienen keine von Julians Schuhen zu fehlen, weshalb ich vermutete, dass er hier war. Ich wurde nicht enttäuscht. Mein Freund saß mit dem Rücken zu mir auf der Couch im Wohnzimmer und hob ohne mich anzusehen den Kopf, als er meine Schritte hörte. Sein Blick war starr auf den dunkeln Bildschirm des Fernsehers gerichtet, aber mir war klar, dass er den Artikel ebenfalls gelesen hatte. "Er heißt Niklas, stimmt's? Das ist der Typ, den du an Silvester kennengelernt hast. Der ein paar Mal hier zu Besuch war." Ich schluckte. "Ja. Aber was die Presse behauptet, stimmt nicht. Zwischen uns läuft nichts." "Wirklich nicht? Und wo warst du dann letzte Nacht?" Verlegen rieb ich mir die Schläfe. "Bei ihm. Aber ich hab auf dem Sofa geschlafen." Erst jetzt drehte Julian den Kopf und sah mich direkt an. Seine Augen waren rot und leicht geschwollen. Er hatte geweint. Wegen mir? Besorgt machte ich einen Schritt auf das Sofa zu, während Julian aufstand und ebenfalls einen Schritt auf mich zu machte. Sein Blick fiel auf meine verbundene Hand und ich sah Schmerz und Schuld in seinen Augen. "Wann hast du dich verletzt?" "Vorgestern. An den Scherben." "Oh mein Gott, die Vase. Ich weiß nicht, was da in mich gefahren ist, Emily. Es tut mir so Leid." Mehrere Tränen verließen seine Augen und er sah aus wie ein kleiner Junge, gebrochen und schwach. Instinktiv lief ich zu ihm und nahm ihn in den Arm und im nächsten Moment hörte ich sein Schluchzen. Es zerriss mir beinahe das Herz, ihn so zu sehen und zu hören und ich vergaß alles, was in den letzten Monaten schiefgelaufen war. Das hier war wieder der Julian, den ich kannte. Der mir niemals weh tun wollte und für den ich das wichtigste auf der Welt war. Und so standen wir da, er in meinen Armen und meine kaputte Welt schien sich langsam wieder zusammenzusetzen.

"Guten Morgen." Verschlafen blinzelte ich und drehte mein Gesicht in Julians Richtung. "Guten Morgen." Liebevoll musterte der Blonde mich und ich spürte, wie allein sein Blick mir warm ums Herz werden ließ. Lächelnd legte ich meine Hand auf seine Wange und strich sanft darüber. Mein Freund legte seine Hand auf meine und hielt sie fest. "Ist wirklich wieder alles gut zwischen uns?" Ich nickte. "Natürlich. Du wolltest mir nicht weh tun, das weiß ich. Und ich liebe dich, wie könnte ich dir also nicht verzeihen?" "Machen wir heute was schönes zusammen?" "Gerne. An was denkst du da so?" "Hm, erstmal ausgiebig mit Nala spazieren gehen, dann irgendwo eine heiße Schokolade trinken und anschließend einfach einen kuscheligen Tag auf dem Sofa verbringen?" Ich nickte lächelnd. "Das klingt perfekt. Ist es okay, wenn ich vorher noch kurz bei Bernd anrufe? Wir haben es zuletzt nicht geschafft, einen geeigneten Termin zum Telefonieren zu finden." "Klar, aber vorher sollten wir mit Nala raus gehen." Ich nickte erneut und wir standen auf, um uns fertig zu machen. Während unserem Spaziergang mit der Hündin hielt Julian die ganze Zeit meine Hand und verschränkte unsere Finger miteinander und ich kam nicht umhin, ihn immer wieder verliebt anzusehen. Insgeheim hoffte ich, dass uns irgendein Reporter sehen würde, damit die Gerüchte in den Medien verschwanden. Als wir nach einem Abstecher in ein kleines Café wieder nach Hause kamen, tauschte ich meine Jeans gegen eine Jogginghose und tippte Bernds Nummer auf meinem Handy ein. Er hob erst nach einer gefühlten Ewigkeit ab. "Leno?" "Hey, ich bin's, Emily." "Emmi, hi. Schön, dass du anrufst. Ich dachte schon, du hast mich vergessen." Er sagte es mit belustigtem Unterton, aber mir konnte er nichts vormachen. Die Frage war ernst gemeint gewesen und er war verletzt, weil ich mich so lange nicht gemeldet hatte. "Es tut mir echt Leid, hier ging es drunter und drüber und dann hatte ich Streit mit Julian und-" "War ja klar", unterbrach der Torwart mich unwirsch und ich zuckte zusammen beim kühlen Klang seiner Stimme. "Wie meinst du das?" "Ihr streitet euch doch seit Monaten ständig. Wundert mich ehrlich gesagt nicht, dass es wieder passiert ist." Mir stockte der Atem. "Wow, das war jetzt ein bisschen hart, oder? Bisher hast du immer versucht mich aufzuheitern und mir versichert, dass alles wieder in Ordnung wird und Julian und ich uns versöhnen werden." "Da glaubst du ja offensichtlich selbst nicht mehr dran, wenn man den Medien Glauben schenken kann." "Kann man nicht! Wir haben uns vertragen und die Presse labert wie immer Scheiße. Seit wann glaubst du denen?" "Seit ich die Wahrheit nicht mehr von dir höre, Emmi! Ich bin bloß dein Kummerkasten! Wenn es bei dir scheiße läuft und du Streit mit Julian hast, rufst du an und heulst dich bei mir aus, aber wenn dein Leben dann wieder perfekt ist, vergisst du mich." "Das stimmt nicht! Du bist mein bester Freund, ich könnte dich niemals vergessen. Und mein Kummerkasten bist du auch nicht!" "Es fühlt sich aber so an", entgegnete Bernd bitter, "Oder kannst du dich erinnern, wann wir das letzte Mal wirklich über mich gesprochen haben und ob ich vielleicht irgendwelche Probleme hab?" "Nein, kann ich nicht, aber ich dachte du weißt, dass du immer mit mir über alles reden kannst." "Das Gefühl hab ich irgendwie nicht mehr, Emmi. Mit diesem Dunkelhaarigen hast du ja offensichtlich jemand anderen gefunden, der dir zuhört. Ich kann's jedenfalls nicht mehr." Mit diesen Worten legte er auf und ich starrte sprachlos mein Handy an. Im selben Moment kam Julian aus der Küche ins Wohnzimmer, wo ich zum Telefonieren gesessen hatte und sah mich fragend an. "Seid ihr schon fertig mit Quatschen? Ich dachte, ihr habt euch bestimmt viel zu erzählen." Ich nickte schwach. "Das dachte ich auch, aber Bernd war heute nicht so in Rede-Stimmung. Ich versuch später nochmal, ihn anzurufen." Entschlossen vertrieb ich das seltsame Telefonat und meinen besten Freund aus meinem Kopf und lächelte Julian an. "Also, was machen wir jetzt?" Grinsend zog mein Freund seine Hände hinter seinem Rücken hervor und präsentierte mir zwei DVDs. "Welchen willst du schauen?" Ich zeigte auf 27 Dresses, weil es einer meiner Lieblingsfilme war und den restlichen Tag verbrachten Julian und ich kuschelnd auf dem Sofa. Immer wieder schaute ich ihn an, um mich zu versichern, dass das nicht alles nur ein schöner Traum war, aber das war es nicht. Das hier war real. Es war real und wunderschon.

Plötzlich zwei Verehrer?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt