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"Emily, bitte ein Statement zu ihrer Heldentat!" "Emily, wie fühlt es sich an, ein Leben gerettet zu haben?" Genervt drehte ich mich zu den Reportern um, die den Weg aus der Kabine zum Platz belagerten. "Bei Ihnen klingt das, als hätte ich sie aus einem brennenden Gebäude gerettet oder wäre für sie durchs Feuer gelaufen. Bitte beschäftigen Sie sich weniger damit, was ich getan habe, sondern vielmehr damit, dass es junge Menschen gibt, die keine Perspektive mehr haben und keine Zukunft für sich sehen. In Deutschland stirbt jeden zweiten Tag ein Jugendlicher durch seine eigene Hand. Was haben wir für eine Gesellschaft, wenn sowas bei uns passiert?" Mit diesen Worten ließ ich die verdatterten Reporter stehen und lief mit schnellen Schritten zum Platz, wo kurz darauf das Training begann.

"Hey Schatz." "Hey. Wie lief euer Training?", erkundigte Julian sich lächelnd, nachdem er mich kurz zur Begrüßung geküsst hatte. Ich nickte zufrieden. "Ganz gut soweit, ich denke das letzte Spiel der Hinrunde können wir echt noch gewinnen." "Das klingt gut. Ich kann da übrigens auch zuschauen, Heiko hat nämlich angerufen und gesagt, dass er mit dem Doc geredet hat und sie zu dem Schluss gekommen sind, dass es besser wäre, mich noch zu schonen und nichts zu riskieren. Und ohne überheblich klingen zu wollen: wir spielen gegen Nürnberg. Das schaffen die Jungs auch ohne mich." Ich nickte zustimmend und war erleichtert, dass Julian offensichtlich nicht schlecht gelaunt war, obwohl er am Wochenende wieder nicht spielen würde. "Und, was machen wir jetzt schönes mit dem Abend?", erkundigte ich mich lächelnd und Julian grinste mich geheimnisvoll an. "Ich hab ne Überraschung für dich." "Ach ja? Und was für eine?" "Wenn ich es dir verrate, ist es ja keine Überraschung mehr. Magst du dir noch schnell was anderes anziehen oder können wir direkt los?" "Das kommt darauf an, welche Kleidung für das angebracht ist, was wir vorhaben." "Du solltest nicht zu dick angezogen sein, ansonsten ist es egal." "Dann gib mir fünf Minuten, damit ich mir ein anderes Oberteil anziehen kann", bat ich Julian, bevor ich zum Schlafzimmer ging. Auf dem Weg dorthin kam ich an Nalas Kissen vorbei und kniete mich kurz hin, um sie zu begrüßen und sie ein wenig zu streicheln, dann lief ich schnell weiter, um mich umzuziehen. Nach einem kurzen Blick in meinen Kleiderschrank entschied ich mich für einen dünnen Pullover mit Streifen in verschiedenen Blautönen, dann richtete ich im Badezimmer kurz meine Haare und trug ein wenig Wimperntusche und Lippenstift auf. Julian wartete schon mit Nala an der Leine auf mich und ich schlüpfte schnell in meine Stiefelletten mit einem relativ hohen Absatz, die aber unglaublich bequem und vor allem ein bisschen wärmer waren. Wie ein Gentleman hielt mir mein Freund die Jacke hin, sodass ich ganz einfach hineinschlüpfen konnte, dann verließen wir die Wohnung und stiegen draußen in Julians Auto. Zehn Minuten später wusste ich, wo wir hinfuhren und begann zu grinsen. Als wir schließlich tatsächlich vor meinem Lieblingsrestaurant parkten, war das Lächeln nicht mehr aus meinem Gesicht zu bekommen und ich küsste Julian sanft. "Danke. Das ist wirklich eine wundervolle Überraschung." "Freut mich, dass es dir gefällt. Und jetzt los, ich hab echt Hunger." Lachend griff der Blonde nach meiner Hand und verschränkte unsere Finger miteinander, dann betraten wir das Restaurant. Ein Kellner brachte uns zu dem Tisch, den Julian für uns reserviert hatte und Nala ließ sich wie immer zwischen unseren Füßen nieder. Wir bestellten sofort Essen und Getränke, da wir beide schon genau wussten, was wir hier am meisten mochten. Dann stellte Julian seine Ellenogen auf dem Tisch ab und sah mich interessiert an. "Was hältst du davon, wenn wir vor oder nach Silvester zusammen wegfahren? Irgendwo in den Schnee vielleicht." Ich war sofort Feuer und Flamme, denn ich liebte den Winter, Weihnachten und ganz besonders Schnee. "Das wäre super. Vielleicht Südtirol oder so?" Bis unser Essen kam, planten wir unseren gemeinsamen Urlaub und sobald wir aßen, wurden die Worte weniger und die gefräßige Stille mehr. Anschließend erkundigte Julian sich nach meinen Plänen für nächste Woche. "Sven, Lars und ich besuchen einige der Obdachlosenunterkünfte und Suppenküchen unserer Stiftung." "Ach so. Welche Städte übernimmst du dieses Mal?" "Hamburg, Hannover und Bremen. Ich hab auch schon mit deiner Mutter telefoniert und geklärt, dass ich bei ihnen übernachten kann." "Dann grüß sie schön von mir, ja? Ich muss meine Familie auch unbedingt mal wieder besuchen. Wollen wir eigentlich an den Weihnachtsfeiertagen mal hinfahren?" Ich zuckte die Schultern. "Also am 25. sind Sven, Lars und ich bei Robert und Karin eingeladen, aber sie haben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir in Begleitung kommen können. Willst du mit?" Julian nickte. "Gerne. Dann könnten wir ja am 26. zu meiner Familie fahren, oder? Meine Mutter freut sich bestimmt total, auch wenn sie dich nächste Woche schonmal sieht." "Willst du dich auch noch irgendwann mit ein paar Jungs aus dem Verein treffen?" "Hatte ich eigentlich nicht vor. Wir haben am 22. vom Verein aus die Weihnachtsfeier, wo deine Mannschaft ja auch dabei ist und ansonsten könnte ich Kai und Sophia fragen, ob wir mal alle zusammen was machen wollen. Schlittschuhlaufen gehen oder so." "Klingt gut", stimmte ich zu, dann atmete ich tief durch und sah mich im Restaurant um. "Wollen wir draußen noch ein wenig spazieren gehen?" "Gerne. Ich bezahle nur noch schnell." Mein Freund winkte dem Kellner und bezahlte, dann verließen wir das Restaurant. Julian hatte wieder unsere Finger miteinander verschränkt und in der anderen Hand hielt er Nalas Leine. Die Hündin trottete entspannt knapp zwei Meter vor uns, während ich genießerisch die eiskalte Dezemberluft einsog. "Es ist wunderschön hier", stellte ich nach ein paar Minuten fest, denn mittlerweile hatten wir einen kleinen Park erreicht. Es war natürlich schon stockdunkel, aber in ein paar Bäumen hingen kleine Lampions und auch einige Laternen standen am Wegesrand. Irgendwann kamen wir zu einer Bank und setzten uns hin. Julian sah mich verliebt an und ich konnte nicht anders, als verlegen zu lächeln. Wenn er mich so ansah, hatte ich immer das Gefühl, ich müsste gleich knallrot werden. "Ich weiß echt nicht, womit ich dich verdient habe", murmelte Julian, während er mir sanft eine Haarsträhne hinters Ohr strich. "Du weißt gar nicht, wie wunderschön du bist und genau das macht dich noch schöner." "Bitte hör auf, sonst werd ich rot." "Ich könnte ewig so weitermachen. Es war bescheuert von mir, dir nicht die Beachtung zu schenken, die du verdienst. Das passiert nicht wieder, versprochen." Er lächelte mich an, dann beugte er sich vor und drückte seine weichen Lippen auf meine. Mein Herzschlag beschleunigte sich, wie es zuletzt immer seltener vorgekommen war, wenn wir uns geküsst hatten und ich grinste glücklich in den Kuss hinein. Erst als uns die Luft ausging, lösten wir uns voneinander und blieben Stirn an Stirn sitzen. "Ich liebe dich. So, so sehr." "Ich liebe dich auch, Julian. Und kein Streit kann daran etwas ändern."

Plötzlich zwei Verehrer?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt