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Seufzend lehnte ich mich gegen Julian, der seine Arme fest um mich schlang. "Ich will nicht, dass du gehst", murmelte ich in seinen Pullover, während ich versuchte, mir alles an ihm genau einzuprägen. "Ich will auch nicht zwei Wochen lang von dir getrennt sein, aber das war letztes Jahr doch auch schon so und bei der Weltmeisterschaft waren wir sogar noch länger voneinander getrennt." Ich seufzte erneut, dann schaute ich leicht hoch, um meinem Freund direkt ins Gesicht zu sehen. "Versprich mir, dass du mir jeden Tag ein Foto schickst. Irgendeins, egal was du darauf machst." Julian grinste. "Versprochen." Ein bisschen weniger unglücklich streckte ich mich und legte meine Lippen auf die des Blonden, um ihn ein letztes Mal zum Abschied zu küssen und er erwiderte es gefühlvoll, bis die Stimme von Peter Bosz uns auseinanderriss, der seine Mannschaft zusammenrief. Widerwillig löste ich mich von Julian und beobachtete, wie er und die anderen Jungs von dannen zogen. Kais Freundin Sophia, mit der ich mittlerweile auch recht gut befreundet war, lief zu mir und hakte sich bei mir ein. "Was machen wir zwei Hübschen denn jetzt so ohne unsere Jungs?" Ich zuckte die Schultern. "Was hältst du von Frühstücken gehen? Um die Ecke gibt es ein echt tolles Café, wo ich schon zwei Mal mit Julian war. An das Frühstück aus unserem Urlaub kommt es zwar nicht heran, aber es ist echt gut." Sophia war sofort begeistert dabei und nickte. "Oh ja, das klingt super. Und dabei musst du mir unbedingt noch mehr von eurem Urlaub erzählen. So wie ihr geschwärmt habt, muss es ja unglaublich gewesen sein!" Ich nickte bestätigend und während wir den Flughafen verließen begann ich mit meinem Bericht der vergangenen Woche.

„Vorsicht!" Erschrocken schaute ich hoch und blieb stehen, gerade noch rechtzeitig, bevor ich gegen eine Schubkarre gelaufen wäre. Verärgert schaute ich mich suchend nach dem Idioten um, der das Ding hier abgestellt hatte, dann entdeckte ich ihn und realisierte im selben Moment, wieso mir die warnende Stimme eben so bekannt vorgekommen war. „Ach hey, so schnell sieht man sich wieder. Ähm, Niklas, richtig?" Der Dunkelhaarige nickte lächelnd, während er sich die Mütze ein wenig tiefer ins Gesicht zog. „Genau. Und du heißt Emily, stimmt's?" „Ja, stimmt. Schön dich wiederzusehen. Bist du gut ins neue Jahr gekommen?" „Bin ich, danke der Nachfrage. Du hoffentlich auch." Ich nickte und warf dann einen kurzen Blick hinter mich auf den Platz, wo ich bis eben gerade Training gehabt hatte. „Und seit heute geht die Arbeit wieder los. Für dich auch, wie ich sehe." Niklas folgte meinem Blick auf die verschiedenen Gartenwerkzeuge, die sich in der Schubkarre befanden. „Na ja, ich bin schon seit ein paar Tagen wieder regelmäßig hier, um alles vorzubereiten für euer Training und die Spiele." „Oh, dann hattest du ja nicht gerade viel Freizeit, oder?" „Nein, aber das ist okay. Ab nächster Woche hab ich außerdem einen weiteren Nebenjob, da kann ich auch nicht unbedingt mit viel Freizeit rechnen", erzählte er mir mit einem schwachen Lächeln und es war, als ob ich seine Erschöpfung beinahe spüren könnte. Mein Herz wurde schwer, während ich mir vorzustellen versuchte, wie anstrengend sein Alltag war. Der Job hier, demnächst der weitere und dann musste er auch noch seinen kranken Vater pflegen. Ich unterdrückte jedoch den Drang, ihn zu bemitleiden, denn Mitleid half ihm nicht weiter. Stattdessen bemühte ich mich um ein aufmunterndes Lächeln. „Wenn du doch mal Freizeit hast und dich nach unbekannter Gesellschaft sehnst, kannst du mir gerne schreiben und dann könnten wir irgendwas zusammen unternehmen", schlug ich vor, wohlwissend, dass ich diesen Jungen kaum kannte. Aber er schien nett zu sein und an Silvester hatten wir uns sehr lange entspannt unterhalten. So wie ich ihn einschätzte, war er für sein Alter ziemlich ernsthaft, was vermutlich damit zu tun hatte, dass er früh hatte erwachsen werden müssen. Niklas' dunkelblaue Augen leuchteten kurz auf und er nickte. „Das würde mich freuen. Aber ich hab deine Nummer gar nicht." Verlegen schob er seine Brille zurecht und brachte mich damit zum Schmunzeln. „Das kann man ja ändern. Gib mir mal dein Handy." Der Dunkelhaarige zupfte sich die Arbeitshandschuhe von den Fingern und kramte dann in seiner Jackentasche herum, bis sich ein triumphierendes Lächeln auf sein Gesicht stahl. Wenige Sekunden später reichte er mir sein Handy und zeigte auf das Feld, in welches ich meine Nummer eintragen sollte. Kaum war ich fertig, gab ich es ihm zurück und zog dann meine Trainingsjacke enger um meinen Körper. „Ich sollte jetzt besser mal duschen gehen, bevor ich noch krank werde." „Alles klar. Dann bis irgendwann." „Jap." Lächelnd lieg ich in die Umkleide und gönnte mir eine heiße Dusche, dann trocknete ich mich ab, schlüpfte in frische Klamotten und entsperrte mein Handy. Automatisch begann ich zu strahlen, als ich sah, dass Julian mir eine Nachricht geschickt hatte. Schnell öffnete ich WhatsApp und vergrößerte das Bild, auf dem er Kai Huckepack trug, welcher einen Golfschläger wie eine Lanze nach vorne gerichtet hielt. In einigen Metern Entfernung standen Kevin und Mitch in derselben Position da und mein Freund hatte dazu geschrieben, dass der Kampf beginnen könne. Dieses kindische Foto brachte mich zum Grinsen und ich schrieb schnell eine Antwort, bevor ich meine Sachen zusammenpackte und das Gelände verließ. Draußen auf dem Parkplatz wartete Laura mit Lennard und ich begrüßte meinen Patensohn mit einem Küsschen auf seine niedlichen Pausbacken. Damit brachte ich den Kleinen zum Glucksen und Laura grinste mich an. „Hey, wie war der erste Trainingstag?" „Anstrengend, aber eigentlich ganz okay. Morgen steht das ganze medizinische Prozedere an, Kondition, Herz, Lunge und so, da hab ich nicht besonders große Lust drauf." „Aber da musst du jedes Jahr durch, hilft ja nichts." „Stimmt. Also, Themawechsel. Was machen wir schönes?" Laura zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht erstmal irgendwo was Essen gehen? Ich hatte heute noch nichts und so wie ich dich kenne, hast du dir heute auch noch nicht unbedingt den Bauch vollgeschlagen." Ertappt sah ich meine beste Freundin an und nickte dann. „Okay, so machen wir's."

Laura scrollte ein wenig auf ihrem Display, während ich gerade mit Julian schrieb, neben uns lag Lennard brav im Kinderwagen und war eingeschlafen. Ich seufzte leise, als Julian mir schrieb, dass er jetzt offline gehen musste, weil er wieder los musste, dann schaltete ich mein Handy aus und legte es neben mich. Als ich zu Laura schaute, musste ich lachen. „Oh Mann, wir sind so ein Klischee. Sitzen uns gegenüber am Tisch, aber sind beide am Handy." Ich erwartete, dass meine beste Freundin in mein Lachen mit einstieg, aber das tat sie nicht. Stattdessen sah sie wie in Zeitlupe von ihrem Handy auf und anhand ihrer Miene erkannte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los? Ist was passiert?", erkundigte ich mich besorgt und Laura schluckte. „Irgendwie schon." Mehr sagte sie nicht und ich wurde ungeduldig. „Na los, jetzt rede mit mir. Du siehst aus, als hättest du auf deinem Handy einen Geist gesehen." „Ich weiß nicht, ob ein Geist nicht vielleicht der schönere Anblick gewesen wäre." Mit diesen Worten drehte sie ihr Handy um und streckte es mir entgegen, sodass ich das Display sehen konnte. Als ich erkannte, was sie mir zeigen wollte, hielt ich die Luft an. „Was zum-?"

Plötzlich zwei Verehrer?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt