▫▪Kapitel 18▪▫

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JUNGKOOK

Schweigend schaute ich aus dem Fenster des Autos heraus und betrachtete die großen Häuser Seouls, die an uns vorbei zogen. Das Radio, welches Taehyung eingeschalten hatte, um die Stille zu überbrücken, spielte irgendwelche aktuellen Poplieder, doch ich hörte ihnen nicht zu. Ich interessierte mich nicht mehr für Musik, denn wenn man Tag ein, Tag aus um das Überleben kämpfen musste, vergaß man, in Musik einen Wert zu sehen. Sie erleichterte mir sowieso nichts, also wieso sollte ich überhaupt einen Gedanken an sie verschwenden?

Doch offenbar mochte Taehyung das Lied, welches gerade zu hören war. Es war ruhig, tief und hatte einen komplexen Text, der vermutlich auf Liebeskummer zurückzuführen war. Genau achtete ich darauf nicht, es war mir schlichtweg egal, welchen Musikgeschmack der Mann neben mir hatte. Das würde unsere Beziehung zueinander nicht beeinflussen und auch nicht das Schweigen zu uns. Hoffentlich war ihm das bewusst.

Glücklicherweise dauerte es nicht allzu lange, bis das Auto endlich zum Stehen kam. Ich musterte das große Gebäude, vor dem wir geparkt hatten und bemerkte, dass Taehyung ausstieg. Rasch tat ich es ihm gleich, um vermeiden zu können, seine Stimme hören zu müssen und gesellte mich an seine Seite. Er warf einen kurzen Blick auf mich, um sicher zu stellen, dass man sich wirklich mit mir sehen lassen konnte, weshalb ich genervt meine Augen verdrehte. Jedoch kommentierte ich dieses abwertende Verhalten seinerseits nicht, sondern folgte ihm mit einem gewissen Abstand ins Innere.

An der Rezeption saß eine junge, hübsche Frau. Ihre hellbraunen Haare hatte sie ordentlich in einen Dutt hochgesteckt und freundlich lächelte sie uns an. Doch kaum hatte sie meinen 'Chef' erblickt, wurden ihre Augen größer und ihr Verhalten wurde ein wenig nervöser. Na super, als ob die ihm tatsächlich so leicht verfiel.
Der reiche Idiot vor mir brauchte ihr bloß seinen Namen zu nennen und schon säuselte sie zuckersüße, wohin wir zu gehen hatten. Dankbar nickte Taehyung einmal knapp und schenkte ihr dann ein kleines Lächeln, in das sie eindeutig zu viel interpretierte. Wieder verdrehte ich unauffällig meine Augen, musste dann allerdings schnell Taehyung nachlaufen, der sich bereits auf den Weg gemacht hatte.

Während ich ihm also folgte, schaute ich mich hier aufmerksam um und verinnerlichte die Einrichtung. Es wirkte leer, einsam und kalt, da kaum Möbel oder Pflanzen zu sehen waren. Das änderte sich auch nicht, als wir den Bereich der Mitarbeiter betraten, doch nun lagen Kartons herum und weitere Türen führten zu verschiedenen Räumen. Sie alle waren unterschiedlich beschriftet und ich hatte keine Zeit, zu lesen, was darauf stand, weil Taehyung weiter hetzte. Wieso war er denn so ungeduldig? Man konnte auch in einem normalen Tempo einen langen Gang durchqueren.

"Boss! Danke, dass Sie so schnell kommen konnten", ertönte auf einmal die Stimme eines Mitarbeiters, der durch eine Tür hereinkam. Seinen Klamotten zu urteilen war er höher gestellt als die anderen, er trug ein Hemd und dazu eine Anzughose. Ich hinterfragte es nicht und behielt meine Gedanken für mir, verlangsamte aber meine Geschwindigkeit, um nicht gegen Taehyung zu prallen. Dieser war ruckartig stehen geblieben und richtete sogleich seine gesamte Aufmerksamkeit auf den Kollegen, welcher offenbar seine Hilfe benötigte. Na super. Wieso noch gleich hatte ich mitkommen müssen?

"Sagen Sie, Boss, wer ist das?", fragte der Mitarbeiter auf einmal, wodurch ich meinen Kopf automatisch anhob. Eigentlich hatte ich mich hier stumm umgesehen, einen Weg gesucht, die Zeit totzuschlagen, um die Zeit hier irgendwie zu überstehen, weil mich das Gespräch nicht interessierte, doch als ich indirekt angesprochen wurde, war das Gespräch natürlich wieder interessant. Stumm blickte ich den Typen an und musterte ihn, sagte aber kein Wort, sondern ließ Taehyung antworten. Um ehrlich zu sein, es interessierte mich wirklich, wie er mich vorstellen würde. Voller Arroganz, Ignoranz oder doch ganz akzeptabel?

"Mein Sekretär", erwiderte Taehyung kühl, ohne wirkliche Emotionen zu zeigen. Skeptisch zog der seltsame Typ seine Augenbrauen zusammen und beäugte mich, als könnte er seinen Worten keinen Glauben schenken. Das ließ mich einmal leise schnauben und ich verdrehte genervt meine Augen, empfand nicht länger das Bedürfnis, diesen Vollidioten zu mustern. Er war gewiss kein Stück besser als sein Chef. Als hätte ich mir das nicht bereits gedacht.

"Sekretär? Das ist ja interessant. Seit wann bringen Sie Sekretäre mit zu Ihren Besuchen?", stellte er seine nächste Frage und aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich, dass er wieder zu Taehyung sah. Dennoch behielt er mich im Auge, misstrauisch, vermutete wahrscheinlich, dass ich jeden Moment ein Messer hervorziehen und Amok laufen würde. Sah man mir denn wirklich so sehr an, dass ich bis vor Kurzem auf der Straße gelebt hatte? Stand es mir auf der Stirn geschrieben?

"Ich war der Meinung, es wäre sinnvoll, ihm zu zeigen, wie alles funktioniert, damit er unser System versteht", erklärte Taehyung noch kühler. Tatsächlich bildete sich eine leichte Gänsehaut auf meinen Armen und ich zwang mich dazu, mir keine Reaktion ansehen zu lassen. Soweit kam's noch, darauf konnte er lange warten. Ich konnte ihn nicht leiden, da war es mir egal, ob er mich verteidigte oder nicht. Meiner Meinung nach sagte er das ohnehin bloß, um selbst gut dazustehen. Wie auch immer das funktionieren sollte.

"Damit er Ihren Posten irgendwann übernehmen kann?", hakte der merkwürdige Mitarbeiter weiter nach und wirkte nun irgendwie interessiert. Scheinbar würde er sich darüber freuen, Taehyung nicht länger als Chef zu haben, wovon ich nur ableiten konnte, dass er ihn ebenso kaum leiden konnte. Sicherlich immer noch mehr, als ich es tat, aber nicht genug, um gerne unter seinem Kommando zu arbeiten. War ja auch irgendwie verständlich, denn Taehyung war alles andere als eine sympathische Person. Allein, wie er meine aktuelle Situation zu seinem Vorteil ausnutzte...

Allerdings, wieso tat er das? Was brachte ihm das? Vielleicht würde ich ihn doch beobachten müssen, um mehr über ihn zu erfahren. Ich wollte endlich diesen verdammten Grund wissen, vorher würde ich nicht sorglos bei ihm leben können. Das war ein zu großes Risiko, welches ich einging.

"Nein. Entschuldige bitte, aber ich habe nicht vor, in naher Zukunft meine Position an jemanden abzutreten. Also bitte ich dich nun darum, dich wieder auf den Grund zu konzentrieren, wieso ich hier bin. Mein Sekretär geht dich rein gar nichts an und wenn du ihn noch länger in unsere Gespräche ziehst, um von deiner eigenen Unfähigkeit abzulenken, werde ich ungemütlich. Solche Mitarbeiter kann ich nicht in meinem Unternehmen gebrauchen."

Missing メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt