▫▪Kapitel 38▪▫

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JUNGKOOK

Taehyung lehnte sich gegen die Theke und blickte mich mit verschränkten Armen an, wartete anscheinend auf meine Reaktion meinerseits, doch ich konnte ehrlich gesagt gar nicht wahrhaben, dass ein Mensch wie Taehyung sich tatsächlich entschuldigen konnte. Zumindest glaubte ich immer, sein Stolz stand ihm so oft im Weg, dass er sich irgendwann noch das Rückgrat daran brechen würde.

Aber ich fand nicht die richtigen Worte, um seine zu erwidern und so verblieb ich einfach still, wusste nicht, wie ich reagieren konnte und hatte keine Ahnung, was ich hiermit eigentlich erreichen wollte. Ich hatte nur einen einzigen Grund, warum ich wieder hier war und selbst wenn mir das ganze dubios vorkam, schien es, als müsste ich mich wieder mit Taehyung gut stellen. Warum aber gefiel mir dieser Gedanke nicht?

"Sollte jetzt nicht der Moment kommen, in dem du mir verzeihst?", fragte Taehyung dann und hob eine Augenbraue nach oben, ich hingegen verzog leicht meine Miene und lachte kurz auf. "So funktioniert die Welt nicht, Taehyung", erwiderte ich und schnalzte mit der Zunge.

Irritiert blickte er mich an und erst jetzt erkannte ich, dass er offenbar eine gute Menge Alkohol in seinem Körper hatte - das war mir zwar schon an seinem Verhalten und seiner Redensart aufgefallen, doch ich dachte nicht, dass es in so einem Ausmaß war.

"Willst du mich jetzt darüber belehren, wie diese Welt funktioniert? Die Welt, auf der ich schon länger als du lebe", hakte er dann mit einem offensichtlichen Beihauch von Provokation nach und ich seufzte innerlich amüsiert. Es war auch lustig, immerhin war der sonst so verschlossene und mysteriöse Taehyung jetzt nichts weiter, als ein alkoholisierter Mann mit einer beachtlichen Summe an Geld. Wäre ich ein Unmensch, könnte ich das ausnutzen, doch ich konnte nicht wissen, inwieweit sein Verstand noch aktiv war.

"Dauer ist nicht der einzige Faktor. Ich habe diese Welt von Perspektiven gesehen, von denen du noch nicht mal geträumt hast", gab ich ironisch von mir, doch diesmal war es Taehyung, der auflachte und anfing zu grinsen. "Dann sitzen wir im selben Boot, denn du hast von meinem Leben und meinen Perspektiven genauso wenig Ahnung."

Verärgert zischte ich, eigentlich hatte er recht, aber was konnte seine Art zu leben ihm schon über das Leben beibringen? Er wusste, wie man mit Geld umging und er wusste, wie man Menschen zu seinen Gunsten manipuliert. Und leider sah er auch gut aus, sonst würden nicht so viele darauf hereinfallen.

"Du kannst nicht erwarten, dass du jemanden schlägst und diese Person dir dann schreiend um den Hals fällt, bloß weil du Geld hast", sagte ich ihm dann und rollte mit den Augen. Langsam war es mir schon wieder viel zu nervig und ich wünschte, ich hätte diesen Kerl von vorhin einfach ignoriert. Ich hatte nicht mal was damit zu tun, ich war bloß ein einfacher Junge, der auf der Straße lebte.

"Und du kannst nicht erwarten, den Eigentum von jemandem zu beschädigen und damit ungeschoren davon zu kommen. Ich habe mich entschuldigt, aber was du daraus machst, ist dir überlassen", antwortete er und ich schnaufte schwer. So konnte es doch nicht ewig weitergehen.

Wenn ich das Ganze hier schnell erledigt haben wollte, musste ich wohl oder übel kleinbei geben und mich mit ihm gut stellen. Auf diese Weise konnte ich schnell verschwinden und mein Leben danach wie gewohnt weiterführen.

"Lass uns das erst mal vergessen", entwich es dann meiner Kehle, obwohl mein Kopf mir immer noch sagte, ich solle ihm grad die Kehle aufschlitzen.

Unsere Beziehung zueinander war etwas, für das ich noch nicht einmal ein Wort fand, um sie zu betiteln. Es war ein Chaos zwischen Vertrauen, Hass, Abneigung, Lust und das klare Aufeinandertreffen zweier Lebensarten, die sich nicht unterschiedlicher hätten sein können.

Aber auch Taehyung schien meine Meinung zu vertreten - das kam zwar nur sehr selten vor, doch es war schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings wusste ich nicht, welche Richtung die korrekte war und wohin sie mich führen würde.

"Du solltest erst mal deinen Rausch ausschlafen", sagte ich dann wieder und er nickte langsam mit dem Kopf. Es war zwar nicht unbedingt die Zeit, zu der man schlafen gehen würde, aber das machte ja nichts. Langsam kam er auf mich zu marschiert und blickte mir in die Augen.

Ich lächelte leicht und zog meine Augenbraue nach oben, weil ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte, aber er schnappte sich meine Hand und ein irritiertes "Huh" entwich meinen Lippen. Daraufhin ging er mit mir zu seinem Schlafzimmer und ich biss mir leicht auf die Unterlippe. Was denn nun?

Angekommen ließ er mich mitten im Raum stehen, befreite sich auf einmal von all seinen Klamotten, außer der Boxershort und bot mir somit eine Aussicht auf seinen gut gebauten Körper. Und natürlich auch auf das Tattoo, das ich nach wie vor so unfassbar faszinierend fand, ich aber niemals zugeben würde. Ich verstand aber nicht, zu was das hier führen sollte  weshalb ich zunächst bloß beobachtete.

Er legte sich auf sein Bett und deutete mit der Hand auf den Platz neben sich.
"Auf keinen Fall", blaffte ich ihn an und verschränkte meine Arme.
"Für jemanden, der letztens noch stöhnend unter mir lag, weigerst du dich überraschend sehr", witzelte er vor sich hin und ich knurrte ihn böse an, ich spürte die Wut erneut in mir brodeln. Ich schenkte ihm einen giftigen Blick, aber dann kam mir wieder in den Sinn, dass ich irgendwie sein Vertrauen gewinnen musste - ob es mir passte oder nicht.

Und so sehr mich das Ganze ankotzte, entledigte ich mich ebenso von meinen Klamotten und legte mich neben ihn. Das nächste, das ich spürte, war wie er seinen Arm um mich legt und seine Körpertemperatur, die mir ein merkwürdiges Gefühl von Geborgenheit schenkte. Was sollte das? Warum bekam ich dieses Gefühl? Es konnte nur einen Grund haben, ich wusste es ganz genau. Man konnte seiner Vergangenheit nicht entkommen.

Ich spürte seinen warmen Atem, der mit der Zeit immer gleichmäßiger wurde und der mir schon gleich symbolisierte, dass er wohl ins Land der Träume abgedriftet war. Daraufhin kam mir der Gedanke, dass dies eigentlich die perfekte Möglichkeit wäre, meinen Plan in die Tat umzusetzen. Er war betrunken und am schlafen, ich konnte verschwinden, ohne dass er es merken konnte und würde ihm danach womöglich nie mehr begegnen.

Meine Hand legte sich auf seine und ich wollte sie von meinem Körper entfernen, doch aus irgendeinem Grund hielt ich inne und fing an zu zögern. Dieses warme Gefühl sorgte dafür, dass sich mein Vorhaben so falsch anfühlte. Ich seufzte und schüttelte belustigt meinen Kopf.

"Scheiße, woher um alles in der Welt kommt das denn jetzt?"

Missing メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt