▫▪Kapitel 25▪▫

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JUNGKOOK

Langsam streifte ich mir die verschiedenen Klamottenteile von meinem Körper und sorgte dafür, dass ich schlussendlich komplett entblößt in dem Badezimmer eines mir fremden Mannes stand. Na ja, er war mir nicht mehr so fremd, ich konnte ihn nur einfach nicht ausstehen und dazu kam dieses Gefühl der Schutzlosigkeit. Als wäre ich jemandem ausgeliefert, der mir aber nichts antun wird.

Ich betrachtete mich im Spiegel und musste zugeben, dass ich von Tag zu Tag wieder dem Abbild eines gepflegten Menschen glich, ich war längst nicht mehr so mager wie vor meiner Zeit hier. Das einzige, das an meine Vergangenheit erinnert, waren die Narben an meinem Körper und die noch ziemlich frischen Wunden. Und die Erinnerungen, die mich in den Schlaf begleiten, die ich niemals loswerden würde.

Mit der Handfläche klatschte ich mir gegen meine Wange und stützte mich anschließend mit beiden Armen am Waschbecken ab, um mein Gesicht im darüber hängenden Spiegel besser betrachten zu können. Fast wie ferngesteuert blickte ich mir in meine bernsteinfarbenen Augen und versuchte in den Tiefen meiner Iriden etwas auszumachen. Allerdings war ich der Herr meiner Sinne, alles was ich dort finden würde, war mir schon längst bekannt und deshalb wand ich mich nach einer kurzen Weile der Stille wieder ab.

Es waren vielleicht wenige Minuten, doch sie kamen mir vor wie Stunden, denn kaum ein Mucks war vernehmbar. Bis ich diese Stille mit dem Prasseln des Wassers unterband und ich endlich dieses angenehm warme Gefühl auf meiner Haut spürte. Duschen war ein Luxus, den ich mir nicht immer leisten konnte, jedoch fühlte es sich jedes Mal so an, als würde ich gleichzeitig einen Teil meiner Probleme damit wegspülen.

Ich nahm mir das Shampoo von Taehyung zur Hand und so sehr es mich auch störte, es zugeben zu müssen; es hatte ein wirklich angenehmes Aroma. Wenn man die Düfte der dreckigsten Ecken Seouls gewohnt war, war solch ein Geruch wirklich etwas paradiesisches.

Auf einmal aber vernahm ich ein Klacken an der Tür und wurde augenblicklich aus meinen Gedanken gerissen. Ich konnte mir nicht helfen und bewegte mich kein Stück. In meinem Inneren wusste ich, dass es Taehyung sein musste und trotzdem sagte etwas, das noch viel tiefer in mir verwurzelt war, dass es doch jemand anders sein könnte. Wie als hätten sie mich gefunden.

Meine Hand ballte sich zur Faust und die Tür begann sich einen Spalt breit zu öffnen, während das warme Wasser nach wie vor auf meine Haut prasselte. Als ich die Gestalt Taehyungs erblickte, atmete ich zunächst erleichtert aus, aber als ich realisierte, dass er keine Bedeohung für mich war und dann bemerkte, dass ich gerade nackt vor ihm stand, staute sich erneut Wut in mir auf.

"Was hast du hier zu suchen?", knurrte ich verächtlich und funkelte ihn böse an.
Er verzog leicht sein Gesicht, "Welcher Mensch duscht so warm, dass das ganze Bad benebelt ist?"
Es schien ihn überhaupt nicht zu interessieren, dass er gerade in meine Privatsphäre eingedrungen war und das machte mich wütend.
"Verzieh dich", zischte ich dann und bedeckte meinen Intimbereich mit meinen beiden Händen.

"Hast du nicht vorhin noch mit großer Klappe davon gesprochen, dass ich mit dir duschen soll?", fragte er mich dann und zog seine Augenbraue nach oben. Doch noch ehe ich zu einer Antwort kam, legte er die Klamotten, die ich bis eben gar nicht bemerkt hatte, auf dem Wäschekorn ab und machte dann kehrt, "Beeil dich."

Ich war wieder alleine und das war gut so, trotzdem ärgerte es mich, dass ich einfach nicht die Kontrolle behalten konnte. Es war, als würde er sich Reaktionen von mir wünschen und auch wissen, wie er sie aus mir herauslocken konnte. Er war wordgewandt und er wusste auch, was mich störte und das verwendet er gezielt gegen mich.

Seufzend schaltete ich das Wasser aus und fing an, meine Haare trocken zu rubbeln. "Ist mir trotzdem lieber als die Straße", murmelte ich leise vor mich hin, während ich meinen Körper abtrocknete und anschließend die Klamotten anzog, die Taehyung mir hingelegt hatte.

Langsam spazierte ich nach draußen in das Wohnzimmer, wo besagter Mann schon auf mich zu warten schien. Ich hatte gedacht, dass er diesen Einkauf erst später erledigen wollte, aber offenbar wollte er das Ganze so schnell es ging hinter sich bringen. Womöglich war er auch nur ein Mensch, der sich nach ein wenig Freizeit sehnt. Verübeln konnte ich es ihm jedenfalls nicht.

Ich zog mir eine dünne Jacke über und schlüpfte in ein Paar Schuhe, das er mir bereitgestellt hat und warf einen Blick in den Spiegel. Meine Haare waren zwar zersaust und standen noch teilweise ab, doch das würde sich schon legen, wenn sie wieder komplett trocken werden.

Schweigend begleitete ich Taehyung zu seinem Auto und nahm auf der Beifahrerseite platz, schnallte mich an und warf meinen Blick nach draußen. Dieses Mal war es tatsächlich unangenehm, neben diesem Typen zu sitzen, weil ich wusste, dass er mich bereits nackt gesehen hatte. Es störte mich, dass er meinen Körper so gut kannte mittlerweile, aber ich war allgemein ein Mensch, der es nicht abkonnte, wenn jemand mich entblößt erblickte.

Und so verlief die Fahrt auch ziemlich ruhig, lediglich die Musik des Radios belebte das Innere des Autos ein wenig und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass wir schon bald an unserem Zielort ankamen. Die Stadt hatte mich nie so wirklich interessiert. Sie war schön, doch durch sie zu wandern mit dem Wissen, mit alldem sowieso nichts anfangen zu können, hatte mich frustriert und deshalb hatte ich irgendwann damit aufgehört.

Aber dies Mal war es etwas anderes, Taehyung wollte mit mir Klamotten kaufen gehen und ich musste mir keine Sorgen um mein Überleben machen. Zumindest für eine Weile möchte ich diese Gedanken verwerfen können.

Als wir in einem Parkhaus ankamen, stiegen wir aus und spazierten weiter in die Stadt hinein. Verschiedene Gebäude und Läden erstreckten sich an den Seiten und begeistert betrachtete ich jedes einzelne von ihnen. Ich hatte kaum eine Erinnerung an mein unbesorgtes Leben. Alles, was ich noch wusste war, dass es schön war.

Es war mal etwas anderes, mit jemandem verschiedene Klamottenshops zu besuchen und ich empfand tatsächlich Freude daran. Die Tüten häuften sich und ich fragte mich irgendwann, was mit all den Klamotten geschehen sollte, wenn ich nicht mehr bei Taehyung lebte. Ich konnte mir nämlich nicht vorstellen, dass er mich für immer bei sich behalten wollte - wir konnten uns noch nicht einmal leiden, das Ganze war mir nach wie vor ein einziges Mysterium.

Als wir uns wieder so ziemlich in dem Parkhaus befanden und die Taschen alle verstaut hatten, beschloss Taehyung mit mir noch etwas essen zu gehen und deshalb wollten wir uns gerade wieder auf den Weg zurück in die Stadt machen. Doch auf einmal tauchten drei Gestalten vor uns auf und hinderten uns daran.

"Was wollt ihr?", fragte Taehyung skeptisch. Der Anblick der drei ließ das Blut in meinen Adern gefrieren und am liebsten würde ich jetzt davonstürmen, doch kein Muskel tat, wie ich es ihm befahl.

"Hast du uns vermisst, Jungkook?"

Missing メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt