▫▪Kapitel 2▪▫

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TAEHYUNG

Die Wut, die in Hoseoks Augen über den versuchten Diebstahl aufblitzte, war absolut nachvollziehbar und innerlich lachte ich einmal trocken auf. Nur ein Narr würde versuchen, ihn zu überfallen, denn so schwach er auch aussehen vermochte, so stark war er in Wirklichkeit und selbst ich unterschätzte ihn häufiger, als mir lieb war. Auch dieser Tag bewies mir dies wieder einmal aufs Neue, der junge Mann, den Hoseok mir dargebracht hatte, wirkte nämlich alles andere als schmächtig.

Tatsächlich war sein Körperbau kräftig, er war mittelgroß und recht schlank trotz der erkennbaren Muskelmasse. Dennoch sah man ihm an, wie mager er war, seine Klamotten waren nicht gerade im besten Zustand und scheinbar musste er mehr um sein Dasein kämpfen, als andere stets vorgaben. Ein gefährliches Funkeln blitzte in seinen Augen auf und er versuchte mich mit seinen dunklen Iren zu durchbohren. Jedoch kam er nicht gegen mich an. Niemand bezwang mich, weder mit Blicken, noch mit etwas anderem. Das war meine Aufgabe, meine Art und Weise, Menschen einzutrichtern, dass sie mir unterlagen und niemals meine Größe und Pracht erreichen können würden.

Aus diesem Grund stand ich nun langsam auf. Der Fremde hatte noch immer nichts gesagt, lediglich ein bedrohliches Knurren entwich seinem Kehlkopf und noch immer versuchte er sich mir gegenüber durch seinen Blick zu beweisen. Mit einer leichten Handbewegung gab ich Hoseok zu verstehen, dass er ihn loslassen sollte; hier, in meinem Büro würde er keine Bedrohung sein können. Und selbst wenn, ich war bestens ausgerüstet, ihn notfalls handlungsunfähig zu machen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich so etwas anwenden müsste. Dabei war es zugegebenermaßen eine Methode, die ich nur ungern anwandte. Es gab auch andere Möglichkeiten, jemanden zu zeigen, wo sein Platz war.

Und genau diese würde ich unserem neuen Freund gegenüber zeigen.

"Lasst mich gehen!", keifte mich der Fremde an, mit einer Stimme, die meine Augenbraue dazu brachte, für den Bruchteil einer Sekunde leicht zu zucken. Doch ich ließ mir nichts anmerken, baute mich stattdessen vor ihm auf und reckte mein Kinn in die Höhe. Mit einem abfälligen Blick musterte ich ihm und verzog nicht ein einziges Mal meine Miene. Stattdessen blieb ich kühl, regelrecht kalt und spürte am eigenen Leibe, wie stark sich meine Aura verdunkelte.

"Schweig!", fuhr ich ihn an und kniff meine Augen zusammen. Mein knurrender Unterton und die Lautstärke, die meine Stimme erreicht hatte, ließ den Fremden leicht zusammenzucken, aber noch immer sah er mir tapfer und vielleicht auch hasserfüllt entgegen. Die Spannung, die zwischen uns herrschte, knisterte und war bis zum Zerreißen gespannt, wie zwischen zwei Wölfen, die sich umkreisten nur auf den ersten Schritt warteten, um übereinander herzufallen. Wie zwei wilde Raubtiere standen wir einander gegenüber und ließen uns nicht einschüchtern. Doch lange würde dieser Moment nicht mehr währen. Ich besaß mehr Macht als mein Gegenüber und Macht war es, was die Menschen kontrollierte. Nicht umsonst hatte ich solch einen Posten angestrebt und schließlich erreicht.

"Wieso genau hast du ihn zu mir gebracht, Hoseok?", wandte ich mich nun an meinen langjährigen Freund. Er gehörte zu der handvoll Menschen, die mich in meinem bisherigen Leben noch nie enttäuscht hatte, somit war es durchaus verwunderlich für mich, dass er einfach so aus heiterem Himmel einen dreckigen Kerl wie diesen anschleppte. Jedoch zuckte dieser einfach mit den Schultern und verschränkte darauf seine Arme vor seiner Brust, als wolle er sich so enthalten und mir sagen, dass er nun mein Problem war. Welch eine Freude.

"Wie gesagt, er hat mich versucht zu bestehlen. Ist es dann nicht deine Aufgabe, ihn entsprechend zu bestrafen?", konterte er mühelos und legte leicht seinen Kopf schief. Sein Geschichtsausdruck blieb ernst, sein Blick war scharf und so verdeutlichte er mir, dass ich mein Wort, ihm zu helfen, wenn er Hilfe benötigte, einzuhalten hatte. Manchmal verfluchte ich mich dafür, so etwas je gesagt zu haben, aber damit musste ich nun wohl oder übel leben, denn noch immer befand sich diese Problem in meinem Zimmer und damit in einem unbefugten Raum. Ein Problem, das meine wertvolle Zeit verschwendete.

"Ich hätte ja die Polizei gerufen, aber du hast ausdrücklich gesagt-"

"Keine Polizei", unterbrach ich ihn und stöhnte einmal genervt auf. Mit Daumen und Zeigefinger rieb ich mir über mein Nasenbein und versuchte meine blank liegenden Nerven zusammenzuraffen, denn darin hatte er leider recht: Ich wollte hier keine Polizei sehen, weder hier in diesem Gebäude, noch in der Nähe meiner Firma. Auch wenn ich mich zu verteidigen wusste, da ich keine illegalen Tätigkeiten verrichtete, machten Gerüchte schnell die Runde und wurden noch schneller zu Anschuldigungen. Und auf das hatte ich absolut keine Lust.

"Gut, ich hab verstanden. Wie bestrafen wir unseren kleinen Freund denn?", fragte ich frei heraus und drehte mich zu dem fremden Mann zurück, der mich nur anknurrte und mit überkreuzten Armen sich arrogant von mir wegdrehte. Die Situation missfiel ihm ebenso wie mir und er hatte keine Scheu davor, das auch zu zeigen. Entnervt seufzte ich noch einmal und packte ihn dann einfach an seiner Schulter, bevor ich ihn wieder zu mir drehte und tief in seine dunklen Augen blickte.

"Ich sagte, du sollst mich loslassen!", spuckte er mir regelrecht seine Respektlosigkeit vor die Füße und funkelte mich böse an. Doch das war es nicht, was mich innehalten ließ und verhinderte, dass ich ihm eine Strafpredigt verpasste. Dieser Blick in seinen Augen, dieser Hass und diese unentfesselte Wut erinnerten mich an mich selbst - ich kam mir so vor, als würde ich in einen Spiegel blicken. Noch nie war mir ein Mensch untergekommen, dessen Blick allein mich und den Teil meiner Seele, den ich den Menschen in meinem Umfeld offen zeigte, so perfekt widerspiegelte.

Und womöglich war das auch der Grund, wieso ich meine Hand von seiner Schulter nahm und andere Gedanken in meinen Kopf schossen. Angefangen damit, dass ich den jungen Mann vor mir noch einmal genauestens musterte und mir jedes einzelne Detail einprägte. Vielleicht ließ er sich ja noch für etwas gebrauchen, bevor ich ihn mit meiner Wut über diese verschwendete Zeit strafte.

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Missing メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt