TAEHYUNG
Auf meine Worte hin erwiderte Jungkook nichts. Nachdenklich hatte er seinen Blick gesenkt und sie sich auf der Zunge zergehen zu lassen, schien sie entweder nicht zu verstehen oder nicht kommentieren zu wollen. Währenddessen widmete ich mich wieder der Versorgung seiner Wunden, war dieses Mal wegen seinem vorherigen Protest vorsichtiger. Normalerweise passte es kaum zu mir, eine sanftmütige Seite zu zeigen, zumal meine sozialen Kenntnisse womöglich nicht die besten waren. Ich wusste Menschen zu manipulieren, ja, aber feinfühlig mit ihnen umzugehen war gelegentlich doch zu viel verlangt. Ich war es schlicht und ergreifend nicht gewohnt.
Dennoch musste ich mir eingestehen, dass es mich interessierte, was geschehen würde, wenn wir beide gemeinsam ins Bett stiegen. Nicht, dass ich das dringende Verlangen dazu hatte, aber seine provokante Aufforderung war nun einmal etwas, das ich nicht einfach so vergessen wieder würde. Ob wir zärtlich zueinander sein würden? Oder eher grob und gefühllos? Ich schätzte, zwischen uns würde immer eine gewisse Kälte bestehen, die dem Sex eine emotionale Seiten rauben würden. Doch ich bezweifelte ebenso, dass der Spaß dabei allein deswegen verloren gehen würde. Immerhin reichte bloßes Verlangen aus, um eine heiße Nacht zu erleben.
"Hör auf, in Rätseln zu sprechen. Ich hab weder Lust, noch Kraft, dich zu verstehen", seufzte Jungkook irgendwann. Überrascht hob ich leicht meine Augenbraue an und musterte ihn. Er hatte vermutlich zum ersten Mal, seit wir uns kannten, nicht bissig oder verhasst geklungen. Lediglich die Erschöpfung war seiner Stimme zu entnehmen, offenbar war er wirklich am Ende seiner Kräfte. Das bedeutete wohl, mein Spiel hatte die nächste Ebene erreicht.
"Ich spiegele nur dein eigenes Verhalten, Jungkook", erwiderte ich desinteressiert und richtete mich auf, da sein Körper nun versorgt war. Seine Wunden hatte ich allesamt behandelt, seinen Körper genügend betrachtet und es fehlte nur noch, dass er sich endlich mir gegenüber anständig verhielt. Doch Erziehung brauchte seine Zeit und ich hatte meine Tricks, ihn nach meinen Karten spielen zu lassen. Schon bald würde sich seine Attitüde positiv verändert haben, dafür würde ich sorgen.
"Ich hasse dich", waren die nächsten Worte des Jüngeren und tatsächlich ließ sich heraushören, dass er erschöpft und am Ende seiner Kräfte war. Es war an der Zeit, dass er in einem ordentlichen, weichen Bett schlief, um sich zu erholen, denn derzeit machte es keinen Spaß, mit ihm zu spielen. Er verschloss sich gerade vollends vor mir, da er nichts mehr über mich wissen wollte, was bedeutete, dass ich gerade nicht an ihn herankam. Ich benötigte ein gegenseitiges Interesse, um mehr über Jungkook zu erfahren, ansonsten würde nichts außer Hass zurückkommen - wie jetzt beispielsweise.
"Du solltest schlafen gehen", kommentierte ich seine Aussage ruhig, ließ mich nicht aus der Fassung bringen. Er hatte sich keinen Erfolg verdient mit solch harsch gewählten Worten. Sie prahlten an meiner kalten Fassade ab und ließen mich unbeirrt, sowie unbeeindruckt handeln. Vermutlich entzornte das den verletzten Schönling erneut, doch zumindest hatte er keine Kraft dazu, es zu zeigen. Tatsächlich nickte er auf meine Worte hin sogar leicht, nachdem er mich für einen Moment schweigend gemustert hatte und ich war zufrieden über die kleinen Fortschritte.
Es wäre doch gelacht, wenn es mir nicht gelingen würde, seine harte Schale zu knacken.
"Du hast die Wahl zwischen meinem Bett und dem Sofa", erklärte ich ihm ausdruckslos und erhob mich, um den Verbandkasten wieder wegzubringen und auch den Tisch aufzuräumen. Ich würde erst später etwas essen, wenn Jungkook versorgt wäre, sodass ich mir um ihn keine Sorgen machen musste. "Du bist reich, hast aber kein Gästezimmer?", fragte er mich sogleich verwirrt und ließ mich somit innehalten. Kurz warf ich einen Blick auf ihn und musterte sein Stirnrunzeln, mit dem er mir seine Ungläubigkeit verriet. Auch das bewies mir, dass er keine Ahnung über wohlhabende Leute hatte, sondern bloß auf Vorurteile vertraute. Scheinbar hatte ich das ebenfalls zu bereinigen.
"Nein", antwortete ich ihm ehrlich, kühl, "Ich habe zu selten Besuch, als dass ich ein Gästezimmer benötige." Meine Erklärung war einleuchtend, denn wenngleich viele es nicht glaubten, war das Leben reicher Personen oft einsam. Nur selten lernte man jemanden kennen, der es nicht auf das Geld oder den Ruf abgesehen hatte und nur hohen Profit erzielen wollte. Auch ich hatte diese Erfahrung bereits oft machen müssen, was auch der Grund meiner mangelnden Freundschaften war. Vieles war eher eine Bekanntschaft, ich misstraute den Menschen und genoss lieber die kalte Einsamkeit. Sie repräsentierte mich und verlieh mir ein gewisses Gefühl der Sicherheit, deshalb beklagte ich mich nicht.
"Verstehe", meinte Jungkook leise und stand selbst auf. Sein müder Blick fiel kurz auf mich, bevor er ihn nachdenklich abwandte und zu zögern schien, welche Entscheidung er treffen sollte. Interessiert beobachtete ich ihn und war gespannt, welchen Schlafplatz er wählen würde. Ließ er sich von dem verlockenden Angebot, in einem richtigen Bett zu schlafen und mich auf die Couch zu verbannen, verführen oder blieb er sich selbst treu und verzichtete auf den Luxus? Ich war ehrlich gespannt, denn das würde mir viel über seine Einstellung dem Leben gegenüber sagen können und das war mein Ziel. Ich wollte seine Denkweise kennenlernen, um besser mit ihm spielen zu können.
"Mir wäre das Sofa lieber, aber meinen Wunden zuliebe bevorzuge ich das Bett", sagte er schließlich und gähnte einmal hinter vorgehaltener Hand. Ein klein wenig Abstand schien er also doch zu besitzen.
Ich nickte leicht. "Okay, dann richte ich dir im Bad Zahnbürste und Handtücher hin, damit du dich pflegen kannst und zeige dir das Schlafzimmer", erwiderte ich und deutete ihm mit einem kurzen Kopfnicken an, dass er mir folgen sollte. Ohne Widerspruch setzte er sich in Bewegung, weshalb ich meine Worte in die Tat umsetzen konnte. Es sollte ihm hier an nichts mangeln und er sollte sich hier wohl fühlen, als wäre er es sein Zuhause. Womöglich würde ich ihn unter diesen Umständen besser erreichen als mit bloßen Kontern, denn sobald seine Verfassung es erlaubte und er halbwegs genügend Geld verdient hatte, könnte er jederzeit verschwinden. Doch genau das hatte ich zu verhindern.
Schließlich war er ein zu interessantes Spielzeug, als dass ich ihn verlieren wollte.
DU LIEST GERADE
Missing メ Vkook
Fanfic❝Dein nackter Körper sollte nur denjenigen gehören, die sich auch in deine nackte Seele verlieben.❞ Jungkook und Taehyung sind beide Männer, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Taehyung ist ein machtbesessener Mann, wohingegen Jungkook a...