▫▪Kapitel 20▪▫

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TAEHYUNG

"Na sieh mal einer an, du kannst ja doch gut aussehen", kommentierte ich, während ich Jungkooks Spiegelbild betrachtete. Wir waren noch nicht allzu lange Zuhause, jedoch hatte ich mich sogleich auf die Suche nach einem Anzug gemacht, der Jungkook passen könnte. Das stellte sich schwieriger heraus als gedacht, denn der magere Körperbau des Jüngeren wurde leider durch beinahe jeden Abzug stark betont. Nicht zuletzt, weil ich größer und entsprechend auch breiter gebaut war.

Allerdings war es mir nach dem Durchforsten der hintersten Ecken meines großen Schrankes gelungen, einen Anzug zu finden, aus dem ich inzwischen herausgewachsen war. Zuletzt hatte ich ihn vor einigen Jahren getragen, als ich selbst noch zu den Jüngeren gezählt hatte und erst mein Amt als oberster Geschäftsführer angenommen hatte. Damals war ich noch von schmächtiger Gestalt gewesen, jedoch erforderte Macht auch Stärke. Wer sich nicht zu wehren wusste, war leichte Beute und verschwand schneller von der Bildfläche, als man glauben mochte. Dieses Risiko hatte ich nie eingehen wollen.

Auf meine Anmerkung hin gab er ein genervtes Schnauben von sich und ich konnte sogar erkennen, wie er seine Augen verdrehte. Eine andere Reaktion hatte ich überhaupt nicht erwartet, denn diese provokante Art war nun einmal ein Teil von mir, den ich nicht einfach ablegen würde. Es reichte bereits, dass ich ihn zuvor mehr oder weniger vor meinem neugierigen Mitarbeiter bewahrt hatte, was mitunter auch an meinen Nerven gelegen hatte. Ich war völlig umsonst aus dem Haus gejagt worden, denn diese Information hätte er mir auch per E-Mail oder einem einfachen Anruf mitteilen können.

"Achte auf dein Benehmen und unterstehe dich, diese Menschen dort irgendwie zu verärgern. Sie sind wichtig für das Unternehmen und dir sei gesagt, dass ich inakzeptables Verhalten entsprechend bestrafen werde", warnte ich den hergerichteten Jungen. Mithilfe von Make-Up, welches ich für Notfälle in meinem Bad aufbewahrte, hatte er seine Wunden einigermaßen überschminkt, sodass er zumindest nicht mehr ganz verunstaltet ausschaute. Nun wirkte er nicht länger so, als wäre er gerade erst einer Prügelei entkommen und ich musste gestehen, dass ich die Worte, er sei mein Sekretär, beinahe sogar mit Stolz aussprechen konnte. Denn seien wir ehrlich, schlecht sah dieser Junge ohnehin nicht aus, egal, was ich zu ihm sagte.

"Ich werde mir Mühe geben", murrte Jungkook genervt und rollte erneut mit seinen Augen, ehe er noch einmal den Anzug richtete und sich dann an mir vorbei drückte. Ich unterließ ein leises Seufzen, diese abweisende Attitüde störte mich ungemein. Vielleicht mochte ich nicht den Anschein erwecken, allerdings gefiel mir der Jüngere. Er hatte etwas an sich, das mich neugierig machte und in mir den Drang erweckte, mehr über ihn zu erfahren. Zu bitter war die Tatsache, dass ich kaum etwas über ihn herausfinden konnte und es aus diesem Grund über menschlichen Kontakt versuchen musste. Ein Weg, welchen ich zwar bestreiten konnte, worin ich jedoch nicht geübt war.

Schweigend verließen wir beide das Haus und stiegen ein weiteres Mal an diesem Tag in mein teures Auto. Ich achtete nicht auf Jungkook, sondern sorgte mich um meine eigene Sicherheit, bevor ich bereits den Wagen startete und losfuhr. Das Restaurant, in welchem das Meeting stattfinden würde, befand sich am anderen Ende der Stadt und um diese Uhrzeit, wenn viele Feierabend hatten, war leider der Verkehr alles andere als angenehm.

Konzentriert schaute ich auf die Straße und fuhr relativ langsam, um nicht versehentlich in ein riskant fahrendes Auto hineinzurasen. Innerlich fluchte ich andauernd und war das ein oder andere Mal tatsächlich kurz davor, meine Gedanken laut auszusprechen. Jedoch hatte ich aufgrund meines Nebensitzers einen Ruf zu verlieren und so verblieb ich schweigend, bis wir schließlich unser Ziel erreichten.

"Vergiss nicht-", wollte ich meine vorherigen Worte wiederholen, wurde allerdings harsch von ihm unterbrochen.
"Verhalte dich vorbildlich und hinterlasse keinen schlechten Eindruck, schon klar. Ich mag vielleicht arm sein, aber ich bin nicht dumm", knurrte er mich leise an und stieg dann aus dem Auto. Für einen Moment beobachtete ich das, ehe ich selbst ausstieg, das Auto abschloss und mich an seine Seite gesellte.

"Tatsächlich?", gab ich nur leise, gewollt provokant von mir und ignorierte daraufhin sein beleidigtes Verhalten. Wichtiger war es nun, einen guten ersten Eindruck zu schaffen, zu dem aufrechtes Laufen, sowie ein kühler, unlesbarer Blick gehörte. Nur so erschuf man eine mysteriöse Aura, die einen undurchschaubar machte. So konnten zukünftige Geschäftspartner meine Pläne nicht vorzeitig erkennen und ich konnte geschickt meine Karten ausspielen.

Wie es sich gehörte, nannte ich einem Kellner meinen Namen und bat ihn, mir den Tisch zu zeigen, an dem das Meeting stattfinden könnte. Sogleich nickte die junge Frau und lächelte uns freundlich an, bevor sie sich umwandte und uns zu dem kleinen Raum führte, in dem wir ungestört zusammen essen und uns unterhalten konnten. Kurz bedankte ich mich bei ihr und drehte mich dann zu den hier anwesenden Männern, von denen augenblicklich einer aufstand und mich mit einer höflichen Verbeugung begrüßte.

"Ah, Sie müssen Kim Taehyung sein, nicht wahr?", wurde ich von ihm gefragt und nickte zustimmend. Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen, doch es war nicht ehrlich, sondern aufgesetzt und gefälscht. Mehr wurde nicht verlangt und unnötig Energie in solch ein Treffen würde ich gewiss nicht stecken.

"Ja, das bin ich. Es freut mich, Sie hier antreffen zu dürfen", begrüßte ich vornehm die Männer und deutete eine kleine Verbeugung an. Nun setzten auch die noch am Tisch Sitzenden ein Lächeln auf und nickten mir als Begrüßung zu. Jedoch richteten sich ihre Blicke danach auf Jungkook und suspekt musterten sie ihn.

"Die Freude liegt ganz auf unserer Seite. Allerdings, ist es uns gestattet zu erfahren, wer Ihre Begleitung ist?", wollte einer der anderen Männer interessiert wissen. Sie verfolgten jede von Jungkooks Bewegungen mit ihren Blicken, wie hungrige Raubkatzen, die nur auf den passenden Moment warteten, um sich auf ihre Beute zu stürzen. Ich musste gestehen, diese Blicke gefielen mir ganz und gar nicht und ich musste mich zusammenreißen, um mir nichts anmerken zu lassen. Dennoch blieb Jungkook mein Rätsel, ich wollte derjenige sein, der ihn entschlüsselte.

"Das ist Jeon Jungkook, mein Sekretär. Er wird heute ebenfalls an dem Meeting teilnehmen", informierte ich sie und platzierte eine Hand auf Jungkooks Schulter, um zu zeigen, dass wir einander vertraut waren. Kurz musterte uns die drei Männer noch, ehe sie verstehend nickten und uns andeuten, dass wir uns doch setzen durften. Dieser Aufforderung kamen wir sofort nach, nachdem wir aus unseren Jackets geschlüpft waren und ich achtete natürlich darauf, aufrecht zu sitzen, um Selbstbewusstsein auszustrahlen. Das benötigte ich, immerhin musste ich diese Männer von mir überzeugen. Sie stellten zukünftige Sponsoren für ein neues Projekt dar, welches ich in Planung hatte. Deshalb war mir auch Mr. Park im Moment nicht wichtig genug, um mich sofort um diese Angelegenheit zu kümmern.

"In diesem Sinne... möchten Sie den heutigen Abend beginnen, Mr. Kim?"

"Mit Freuden." Ich räusperte mich einmal und erhob mich von meinem Platz, um das Wort zu ergreifen. "Zuerst einmal möchte ich Ihnen danken, dass Sie meiner Einladung hierher gefolgt sind. Ich bin guter Dinge, dass wir uns an diesem Abend auf ein zufriedenstellendes Angebot einigen können werden."

Missing メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt