▫▪Kapitel 48▪▫

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JUNGKOOK

Langsam erwachte ich aus meinem Tiefschlaf, doch meine Augen waren noch trüb, mein Körper noch vollkommen kraftlos. Ich lag in einem Bett und musste zunächst meine Gedanken sammeln, um mich daran zu erinnern, wie ich hier landete und was gestern alles passiert war. Die Dunkelheit um mich herum sagte mir, dass es wohl noch morgens war, denn es drang zwar ein wenig Licht durch das Fenster, allerdings nicht genug, um den ganzen Raum zu erhellen.

Je mehr ich wieder zu Sinnen kam, desto mehr vernahm ich auch meine Umgebung und so dauerte es nicht lange, bis ich eine mir mittlerweile bekannte Wärme an meinem Körper spürte. Direkt wurde mir klar, wovon diese kommte und ich stellte mir die Frage, ob ich sie tatsächlich für einen Moment genießen oder ihm nun wütend eine reinschlagen sollte.

Normalerweise würde ich mich für zweiteres entscheiden, denn ich kannte das Gefühl von Zuneigung nicht, weshalb ich der Meinung war, sie auch nicht zu brauchen. Es war immer sehr merkwürdig, Dinge in sein Leben zu lassen, die man nie am eigenen Leib erfahren hatte, aber ein kleiner Teil in mir konnte nicht leugnen, dass ich dieses angenehme Gefühl vielleicht schon als Kind gebraucht hätte.

Eventuell wäre ich dann nicht zu dem Menschen geworden, der ich leider Gottes nun mal war.

Langsam begann sich Taehyung neben mir zu regen und es schien, als würde auch er aus seinem Schlaf erwachen, weshalb ich mich schnell aufsetzte und darauf wartete, dass er seine Augen öffnete. Ich wollte seinem Blick aber nicht begegnen, ich schaute umher und vernahm dann ein Räuspern seinerseits.
"Schon wach?", fragte er mit tiefer Morgenstimme und ich nickte leicht mit dem Kopf, während meine Augen das Fenster fixierten.

Das tat ich so lange, bis er aus dem Bett stieg und sich an die Tür stellte, diese dann öffnete und mich kurzerhand alleine ließ. Ich wusste, ich sollte ihm folgen, doch momentan wollte ich zunächst meinen Kopf klar kriegen. Letzte Nacht war eine Menge passiert, ziemlich viele, unerklärliche Dinge und würde ich mich nun fragen, warum es zu alldem gekommen war, würde ich vermutlich niemals eine Antwort darauf finden. Es war einfach geschehen und damit musste ich mich abfinden.

Allerdings beschäftigte mich eine Sache, der ich viel zu gerne auf den Grund gehen wollte. Ich rutschte an das Ende meiner Bettseite und stellte mich dann auf meine Beine. Natürlich musste ich Taehyung folgen, wenn ich Antworten auf meine Fragen wollte, weshalb ich ebenso das Zimmer verließ und nach ihm suchte.

Aber da es nicht wirklich viel Auswahl an Orten, an denen er sich aufhalten könnte, gab, war es mir ein Leichtes, ihn im Wohnzimmer ausfindig zu machen.
"Musst du nicht arbeiten?", fragte ich ihn dann und er musterte mich mit hochgezogener Augenbraue. "Nein. Und selbst wenn, würdest du mitkommen", antwortete er und mir fiel wieder ein, dass der eigentliche Grund für meinen Aufenthalt hier nur der war, dass ich Taehyungs Sekretär war.

Diese Bezeichnung klang für mich so erniedrigend, obwohl manche für diesen Job sicherlich morden würden, weshalb ich mir diesen Gedanken schnell wieder aus dem Kopf schlug.

Kurz blieb es still zwischen uns und ich atmete einmal durch, denn ich war nicht der Typ Mensch, der gerne um den heißen Brei herumredete.
"Woher kommt die Narbe auf deinem Rücken?", fragte ich ihn deshalb und für einen Augenblick war eine Spur von Überraschung in seinen Augen zu erkennen. Allerdings verfinsterten diese sich auch wieder genauso schnell.

Mir wurde klar, dass diese Frage offenbar einen Punkt getroffen hatte, den er wohl schon lange verdrängt hatte.

"Hab ich aus meiner Vergangenheit", war seine kurzgebundene Antwort, mit der ich mich aber nicht zufrieden geben konnte. Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu, "Willst du mir nichts genaueres erzählen?"

"Nein", kam es kalt von ihm und aus irgendeinem Grund machte mich diese Art von ihm einfach nur wütend. "Tatsächlich nicht? Klasse, du kennst meine halbe Lebensgeschichte, weil sie dich so brennend interessiert hat und wenn sich dann einmal ein Mensch für dich interessiert, blockst du total ab. Und dann wunderst du dich, dass die Frauen nur auf deinen Körper und dein Geld geiern", knallte ich ihm vor den Latz und seinem Gesichtsausdruck zumute, war das das Letzte, womit er gerechnet hatte.

Ein Seufzen verließ seine Lippen und er schaute mir in die Augen.
"Ich hab die Narbe von einem Autounfall, der mir etwas sehr wichtiges genommen hat. Deshalb rede ich nicht gerne darüber, verzeih", erzählte er mir dann und es war zwar keinesfalls detailreich, aber ich konnte verstehen dass es ein Teil in seinem Leben war, mit dem er sich nicht gerne in der Gegenwart befasst. Sowas hatte vermutlich jeder einzelne Mensch dieser Erde.

"Ist in Ordnung, ich fand es einfach nur unfair", erwiderte ich und senkte für einen Moment den Blick.
"Du hast recht, die Leute interessieren sich nicht für mich als Menschen, sondern nur für das, was ich ihnen einbringen kann. Ruhm, Geld, Befriedigung und all das, an das es ihnen mangelt. Ich rede nicht über meine Probleme, weil ich immer ein Einzelkämpfer war", fuhr er dann fort und es war eine der wenigen Male, in denen ich den Eindruck hatte, dass Taehyung seinem Ruhm gegenüber abgeneigt schien.

Von außen her hatte er vielleicht die härtesten Schale, den ein Mensch haben konnte und deshalb kannte ihn auch kaum jemand wirklich, aber sobald man anfängt diese Schale zu knacken, offenbar sich einem der Kern, der einem Tag für Tag neue Überraschungen zeigt.

Auf der einen Seite faszinierte es mich, aber auf der anderen Seite verspürte ich ein Gefühl, dass ich wirklich nur selten hatte.

Mitleid.

Im Grunde genommen waren wir uns gar nicht so verschieden, auch wenn wir von außenhin so unterschiedlich wie blau und rot waren. Aber entweder ziehen sich Gegensätze an, oder die beiden Farben finden ihre Gemeinsamkeiten, wenn sie zu lila werden.

Langsam rutschte ich näher an ihn heran und betrachtete sein Gesicht in aller Ruhe. Er hatte nicht mehr diese kühle Ausstrahlung wie am Anfang und ich machte mir tatsächlich Sorgen um ihn, obwohl ich schwören könnte, dass ich ihn abgrundtief gehasst hatte. Aber Dinge ändern sich.

Ich legte meine Hand an seine Wange und wir schauten uns für einen kurzen Moment in die Augen.
"Frag einfach nicht", war das letzte, das ich ihm zuflüsterte, ehe ich unsere Lippen zu einem erneuten Kuss vereinte.

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Missing メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt