„Hey Mara, was machst du hier." Ich drehte mich um und erkannte Jonas, der geradewegs auf mich zu lief. Ich wusste gar nicht was ich auf die Frage antworten sollte, da ich nicht mal wusste wo ich gerade war. Mein Blick verriet ihm anscheinend, dass nicht alles in Ordnung war, denn besorgt fragte er mich ob denn alles mit mir in Ordnung war. Ich nickte nur und bestätigte ihm, dass alles in Ordnung wäre, doch so wirklich nahm er mir das wohl nicht ab. „Wie wäre es, wenn wir zu mir gehen?", fragte er mich nun etwas verlegen und rieb sich mit der Hand den Nacken. Zwar fand ich die Situation etwas komisch, wir hatten uns ja erst heute kennengelernt, aber was hatte ich schon groß zu verlieren und schlimmer konnte es sowieso nicht mehr werden. Ich nickte und lief Jonas hinterher, der zwei Schritte vor mir lief. Auf dem ganzen Weg redeten wir kein Wort miteinander.
Er wohnt er am Rand der Stadt. Das Haus besaß eine gelbe Fassade und einen kleinen Vorgarten. Es sah recht idyllisch aus. Er schloss die Tür aus und lief direkt eine Treppe hoch und ich folgte ihm unauffällig. In seinem Zimmer angekommen schaute ich mich einmal im kompletten Raum um. An der Wand hingen ein, zwei Bilder, wahrscheinlich mit Freunden, denn die Leute wirkten noch ziemlich jung. Sonst war das Zimmer weiß gestrichen, nur die Wand an dem sein Bett stand war hellgrün, die Möbel waren alle in einem hellen Holz-Ton gehalten und auf einem Tische standen ein Fernseher und eine X-Box. „Willst du was trinken?", fragte er mich und ich nickte nur. Ich konnte aus dem Augenwinkel sehen wie er leicht den Kopf schüttelte, als er durch die Tür ging. Da ich nicht wusste was ich jetzt machen sollte, setzte ich mich auf seinen Schreibtischstuhl und schaute aus dem Fenster in den Garten. Direkt vor seinem Fenster stand ein großer Baum, mit dicken, kahlen Ästen. Das Klicken der Türklinke ließ meinen Blick von dem Baum zu Jonas wandern, der stand mit zwei Tassen in der Hand vor mir. „Hier.", sagte er und streckte mir eine Tasse entgegen, „Ich hab heiße Schokolade gemacht. Ich hoffe sie schmeckt dir." „Dankeschön.", erwiderte ich leise und fing an meiner Tasse zu nippen und er tat es mir gleich. „Willst du mir erzählen was passiert ist?", unterbrach der die erneut aufgetretene Stille. Was sollte ich ihm denn erzählen. Das ich verarscht wurde, man mich nur benutzt hatte und ich so naiv war und glaubt, dass irgendjemand mich lieben würde. Ich schüttelte nur den Kopf und schaute auf den Boden. Jonas, der sich auf dem Bett niedergelassen hatte, schien damit kein Problem zu haben. Er fragte nicht weiter nach und wechselte das Thema. „Hast du vielleicht Lust was zu zocken?" Überrascht von dieser Frage, schaute ich zu ihm hoch und sah, dass er im Gesicht etwas rot geworden war. „Gerne.", erwiderte ich freundlich und versuchte mir meine Bedrücktheit nicht weiter anmerken zulassen, „Was hast du denn für Spiele?" Nun musste er lachen: „Da vorne in der Kiste sind alle Spiele drin.", sagte er und zeigte auf eine schwarze Kiste neben seiner X-Box. Ich stellte die Tasse auf dem Schreibtisch ab und ging zu Kiste und öffnete diese. FIFA 19, Need for Speed, Call of Duty, Battlefield, Dark Souls II und noch vieles mehr. „Was hälst du von FIFA 19?", fragte ich ihn und hielt das Spiel hoch. Anscheinend war er überrascht, dass sich ein Mädchen für Fußballspiele interessierte, aber trotzdem nickte er und ich legte das Spiel ein. Nachdem jeder von uns sein Team gewählt hatte, fingen wir auch schon an und nach 15 Minuten Spielzeit stand es 5:2 für mich. „Bist du Profi-Gamerin oder warum bist du so gut? Ich hab das Spiel fast täglich gezockt und auch oft genug gegen meine Freunde gespielt und jedes Mal hab ich gewonnen.", beklagte sich Jonas, als er den Kontroller aufs Bett warf und sich seiner Tasse widmete. „Da gibt es jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder ich bin wirklich eine Profi-Gamerin oder du bist einfach nur schlecht und deine Freunde haben dich gewinnen lassen. Und da Möglichkeit eins nicht zu trifft muss es wohl Möglichkeit zwei sein.", gab ich nun grinsend von mir. Auch wenn ich mich nicht direkt zu ihm umdreht, konnte ich aus dem Augenwinkel sehen wie er ebenfalls lächeln den Kopf schüttelte. „So schlecht kann es dir also doch nicht gehen.", antwortete er jetzt immer noch lächelnd. „Nein, mir geht es jetzt schon wieder viel besser.", gab ich gespielt fröhlich von mir. Wenn ich aber genauer darüber nachdachte war es gar nicht gespielt. Ich hatte mich mit der Situation abgefunden da ich wusste, dass ich es ihnen heimzahlen würde. Außerdem hatte ich mich wohl doch schon unbewusst darauf vorbereitet, dass die Anderen Recht hatten und alles nur gespielt war. „Spielen wir jetzt weiter oder hast du schon genug?", unterbrach Jonas die aufgetretene Stille und ries mich so aus meinen Gedanken. Jetzt drehte ich mich zu ihm um und erwiderte taff: „Ich wollte dir nur noch etwas Zeit lassen um dich von dem Schock und deiner bevorstehenden Niederlage zu erholen." „Mach mal halblang. Ich kann dich immer noch schlagen.", gab er, mit einem gespielt eingeschnappten Ton, wieder. Ich musste lachen: „Träum weiter." Und im selben Moment fing das Spiel wieder an. Es ging so weiter wie es angefangen hatte, ich lag deutlich in Führung und gewann schlussendlich auch das Spiel. Wir spielten noch eine zweite Runde, aber auch diese Runde verlor er.
Es war gegen 22:00 Uhr als ich mich von Jonas verabschiedete und nach Hause lief. Er fragte mich noch, ob er mich begleiten sollte, aber ich winkte ab. Ich war alt genug um alleine nach Hause laufen zu können. Die Laternen warfen ihr Licht in kleinen Kegeln auf die Straße und tauchten den Rest der Umgebung in dunkle Schatten. Neben mir raschelte es und ich erschrak heftig, als ein Rabe vor mir aus einem der Bäume herausfolg und über mir kreiste. Er setzte sich eine Laterne weiter unter den hellen Lichtkegel und schaute in meine Richtung. Er sah so prachtvoll aus. Seine Augen und das schwarze Federkleid glänzten und das Licht über ihm erzeugte vier Schatten gleichzeitig, die in alle vier Himmelrichtungen zeigten. Plötzlich breitete er seine Flügel aus, stieß einen lauten Schrei aus und folg nur knapp über meinen Kopf weg. Ich schaute ihm noch kurz nach und lief dann aber weiter.
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Revenge
Детектив / ТриллерDurch eine Wette gedemütigt, verletzt und ausgenutzt. Rächt sich Mara an ihren vier Klassenkameraden. Sie sollen den selben Schmerz erfahren den sie selbst verspürt hatte. Doch was als harmloser Streich begann gerät mehr und mehr außer Kontrolle und...