Kapitel 7

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Das Haus von Svens Familie war zwar kleiner, als das von Kim, aber dennoch verhältnismäßig groß und ebenfalls von einer Mauer umgeben. Vom zweiten Stock aus erstreckte sich ein Balkon nach vorne und bedeckte die Eingangstür und den Vorgarten mit seinem Schatten. Auch der Garten war nicht so groß und befand sich als Vorgarten eben vor dem Haus. Es gab einen großen Kirschbaum, neben dem noch ein kleiner Apfelbaum stand, ein großes Blumenbett und ebenfalls ein Gartenhaus. Beim Beobachten des Grundstückes und der Umgebung sah ich keinen Ort an dem ich mich gut verstecken konnte. Was sollte ich den jetzt machen? Ich musste mir was einfallen lassen. Ich schaute mir die Umgebung nochmal genauer an und gab mir Mühe auf jede Kleinigkeit zu achten, die hilfreich sein könnte.

„Hallo, suchst du Sven?", eine zwar leise Stimme, die mich aber trotzdem zu Tod erschreckte ertönte hinter mir. Ich drehte mich um und sah ein kleines Mädchen mit braunen langen Haaren, die zu einem Zopf geflochten war, einem rosa Blümchenkleid und einem Teddy in der Hand. Jetzt schaute sie nach unten und nuschelte kaum hörbar: „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken." Dafür, dass ich möglichst unauffällig Informationen sammeln wollte, war ich zu schreckhaft und diese Schreckhaftigkeit würde mich noch irgendwann verraten. Ich schüttelte den Kopf und kniete mich zu ihr runter: „Alles okay. Mach dir keine Sorgen." Sofort blickte sie wieder lächelnd nach oben. Freundlich erwiderte ich ihr Lächeln: „Und du hast recht ich suche Sven. Weißt du wo er ist?" Stolz nickte die Kleine und drückte ihren Teddy noch fester an sich: „Ja das weiß ich. Soll ich es dir erzählen?" Sie war wirklich süß, wie sie da so vor mir stand. Ich nickte eifrig. „Er ist vorhin mit seinen Eltern weggefahren und sie waren ganz schick angezogen." Sie strahlte über beide Ohren und ich nickte nur. „Warum suchst du den Sven. Bist du seine Freundin?" „Nein, bin ich nicht. Wir kennen uns nur von der Schule.", sagte ich schnell. „Schade.", die Kleine sah richtig enttäuscht darüber aus, dass wir kein Paar waren. „Warum denn Schade.", fragte ich jetzt neugierig nach. „Wenn ihr zusammen wärt, dann wärst du bestimmt öfters hier und dann könnte ich auch mit dir spielen, dann kann ich dir die Haare machen und dich schminken. Mit Sven kann ich das nicht machen.", sie geriet richtig ins Schwärmen und ihre Augen glänzten, doch dann wurde sie etwas traurig. „Sven findet bestimmt eine Freundin, die dann auch mit dir spielt.", versuchte ich sie aufzumuntern. Doch sie schüttelte heftig den Kopf: „Die Mädchen die Sven dabei hat sind immer gemein zu mir. Und Sven ist dann auch gemein zu mir. Er sagt dann immer, dass ich ihn nerve.", sie ließ den Kopf hängen und drückte ihr Gesicht in den Teddy. Sie tat mir wirklich leid. „Nicht weinen.", ich wusste nicht genau was ich ihr sagen sollte. Ich nahm sie in den Arm und drückte sie. „Kommst du mal wieder vorbei?", fragte sie und blickte mich aus meinen Armen aus an. Ich nickte nur, ich wollte ihr nicht versprechen, was ich vielleicht nicht halten konnte. Sie lächelte wieder und wie verabschiedeten uns. Bevor ich ging rief sie mir noch hinterher, dass sie öfters auf dem Spielplatz wäre und wir dort mal spielen könnten. Sie war so offen und herzlich mir gegenüber. Dennoch hatte ich keine Informationen über Sven gewinnen können. Ich musste also entweder nochmal kommen oder mir was anderes einfallen lassen wie ich irgendetwas herausfinden konnte.

Aber jetzt wollte ich erst mal bei Justin vorbeischauen. Er wohnte auf der anderen Seite des Stadtviertels, weshalb ich mich entschloss mit dem Bus zufahren. Ich stieg aus und schaute mich um. Überall standen graue Hochhäuser, davor eine ca. 5X7 große Wiese mit eher braunem Gras und kleinen Wegen, die die Hochhäuser miteinander verbunden. Ich hatte allerdings keine Ahnung in welchem Haus Justin genau wohnt, also musste ich zu jedem der Häuser gehen und mir alle Klingelschilder durchlesen. Am dritten Haus hatte ich Erfolg. Da stand sein Name. Aber das Ganze brachte mir auch nicht wirklich was. Ich konnte schlecht bei ihm klingeln und ihn nach seinen Geheimnissen und Ängsten fragen. Planlos schaute ich weiter auf das Klingelschild, bis ich in der Glasscheibe vor mir grobe Umrisse erkennen konnte.

Rasch drehte ich mich um und blickte in ein stark geschminktes Mädchengesicht. Sie erinnerte mich leicht an Samira, nur ihre Haare waren etwas kürzer. „Du gehörst hier nicht her. Was machst du hier.", gab sie pampig und Kaugummi kauend von sich. „Stimmt ich gehör nicht hier her. Ich wollte nur jemanden besuchen.", gab ich nun etwas genervt von mir. Sie verschränkte die Arme und schaute mich abwertend an, was mich immer wütender werden ließ. „Bist du auch eine von seinen billigen Flitschen." Bitte was? Ich hatte mich voll verhört. „Zum ersten ich weiß nicht wen du mit 'seinen' meinst und zum zweiten bin ich kein Flitschen und drittens pass mal auf, wie du mit mir redest deine scheiß Ghettoart geht mir auf den Nerv!", zum Ende hin wurde ich immer lauter, was sie dazu brachte einige Schritte von mir wegzutreten. „Beruhig dich. Mit 'seinen' meine ich Justin. Ich dachte du wärst auch eine von seinen vielen on/off Freundinnen." Ich schüttelte nur den Kopf und fragte sie was sie mit On/Off Freundinnen meinte. „Justin hat öfters mal Mädchen dabei und am nächsten Tag lässt er sie wieder fallen und schnappt sich eine Neue.", sie wurde immer leiser und bevor sie weiter erzählte, holte sie nochmal tief Luft, „Ihm kommt es aber nur darauf an mit den Mädchen im Bett zu landen.", beim diesem Satz kullerte ihr eine Träne über die Wange. Es war nicht schwer zuerkenne, dass sie auch eins seiner Opfer war. „Und warum dann Flitschen?", fragte ich nach, weil ich nicht verstand warum sie die Mädchen, die dasselbe erlebt hatten wie sie, als Flitschen beleidigte. „Weil die meisten immer wieder kommen. Aber im Moment geht er immer nur mit der langen, Blondhaarigen aus dem Block gegenüber. Gerade sind sie auch wieder weggegangen" „Samira?", fragte ich ungläubig nach. Sie zuckte nur mit den Schultern: „Ja kann sein.", und ließ den Kopf hängen. Wenn Justin mit Samira wegging, musste ich auch nicht auf sie warten. Ich lief an dem Mädchen vorbei, drehte mich aber nochmal kurz um: „Du solltest nicht probieren so auszusehen wie Samira. Nicht für so einen Idioten wie Justin.", drehte mich wieder um und lief zurück zur Bushaltestelle.

Es war schon 16:13 Uhr als ich in meinem Zimmer ankam. Die Zeit hätte ich mir auch sparen können, das Einzige was ich jetzt wusste war, dass Kim Angst hatte vor Mäusen und Justin irgendeine komische Beziehung zu Samira hatte. Es war enttäuschend und pure Zeit Verschwendung. Zumindest hatte ich schon mal das Färbemittel und mit dem ließ sich ja schon mal was anfangen. Ich musste mir nur noch was für die anderen ausdenken. Vielleicht würde ich ja noch irgendwas finden. Ich machte meinen Laptop an, doch das erste das ich sah, als ich das Internet öffnete war die Seite einer Apotheke. Meine Mutter musste wohl etwas bestellt haben, da das erste was mir als Vorschlag angezeigt wurde Schlaftabletten waren. Gerade wollte ich die Seite schließen, da sah ich an der Randspalte, die neue Produkte anzeigte, ein Medikament war dabei, das ganz interessant war und das mir bestimmt helfen würde. Ich bestellte das Medikament und entschied mich für eine direkt Abholung, da meine Eltern nichts davon mitbekommen sollten. Am nächsten Werktag wäre das Medikament abholbereit. Nach der Schule könnte ich an der Apotheke vorbei gehen und das Ding mitnehmen. Gedanklich ging ich den Weg zu Apotheke ab und mir vielen die ganzen Läden ein, an denen ich vorbeikommen würde. Ich musste grinsen. Jetzt hatte ich die Idee, ich wusste nun wie ich es drei von ihnen heimzahlen sollte. Nun sind sie dran, ich hatte sie gewarnt, aber sie wollten ja nicht hören. Dann sollten sie nun auch dafür büßen. Und ich werde mich dabei genau so prächtig amüsieren, wie sie es bei mir taten.

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