Kapitel 17

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Ich hatte mich extra beeilt heute früher in der Schule zu sein um auch nichts zu verpassen. Als die Aufgänge aufgeschlossen wurden war ich bei den Ersten, die die Klassenzimmer erreichten. Es saßen schon zwei Mädchen in der Klasse und unterhielten sich, während ihre Blicke an der Cola-Flasche klebten. Es trudelten immer mehr Leute ein und irgendwann war auch Jonas unter ihnen. Er setzte sich wortlos neben mich. Keiner sprach ein Wort und wir starrten nur vor uns hin. „Du kommst doch heute Abend oder?", fragte er ohne mich anzuschauen. Heute Abend? Was war denn heute Abend? Ich wusste es nicht mehr und das musste er gemerkt haben. „Ich meine wegen der Kostümparty. Wir wollten doch hingehen.", versuchte er es erneut. Jetzt fiel mir auch wieder ein worum es ging. Er hatte ja mein Kostüm besorgt. Ich nickte: „Ja ich komm." Ich konnte nicht mal wirklich sauer auf Jonas sein, schließlich wusste er nicht was die Vier mir angetan hatte und ich wollte es ihm auch nicht erzählen. Keiner sprach mehr über die Sache von gestern und je weniger er davon wusste desto besser. „Da könnt ihr mal sehen wie ein Player aussieht.", Justins Stimme erfüllt den ganzen Raum und sie war erfüllt von Stolz. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er in die Klasse gekommen war. Sven klopfte ihm auf die Schulter: „Und weißt du wer es ist?" Justin schüttelte nur den Kopf: „Aber ich hoffe sie ist heiß und gut im Bett. Sonst kann sie sich die Sache gleich aus dem Kopf schlagen." Die Jungs lachten und die Mädchen drehten sich weg, manche sogar stolz. Und dann kam das von mir so gewünschte zischen der Cola, dass die Flasche vorher nicht richtig geschlossen war schien ihm nicht aufgefallen sein. Er setzte die Flasche an und trank auch gleich die Hälfte leer. Als er wieder absetzte schloss er die Flasche und stellte sie weiter oben auf seinem Tisch ab. Auch die Tabletten hatte er anscheinend nicht bemerkt, besser konnte es gar nicht mehr laufen. Die Zeit verging und auch die Cola-Flasche wurde immer leerer. Es läutete zur dritten Stunde und die Ersten liefen los. Plötzlich ertönte ein lauter Schrei und auf dem Pausenhof bildete sich ein großer Kreis. Natürlich wollte ich auch wissen was los war und lief los und quetschte mich durch die Menge von Schülern in die erste Reihe. Das Erste was ich sah war Kim die kreideweiß im Gesicht war, sie musste auch geschrien haben. Dann Sven, der wie verrückt, den am Boden liegenden Justin schüttelte. Justin krümmte sich vor Schmerzen und war total durchgeschwitzt und ebenso bleich wie Kim. Der erste Lehrer gelangte in die Mitte des Kreises und kniete sich zu Justin. Nur einige Minuten später fuhr der Krankenwaagen auf den Pausenhof und weitere Lehrer vertrieben uns und schickten uns in unsere Klassen. Da ich mich immer noch nicht bewegte packte mich Jonas am Arm und zog mich mit: „Es wird ihm schon nichts passieren. Die Rettungskräfte bekommen das schon hin." Den ganzen Weg in die Klasse ließ er mich nicht los und selbst als wir uns setzte schaute er mich noch besorgt an: „Geht es dir gut? Du bist ein bisschen blass." Perplex schaute ich ihn an: „Ja alles gut." Nichts war gut ich wollte mich an Justin rächen doch das die Sache so aus dem Ruder läuft war nicht geplant. Ich hatte mich mit der Wirkung der Tabletten deutlich verschätzt.

An normalen Unterricht war nicht mehr zu denken. Das war der zweite Vorfall in dieser Woche. Die Ersten bekamen schon Angst, dass es jetzt jedem so gehen würde und auch die Lehrer hielten das nicht mehr für einen Zufall. Wir wurden gefragt ob jemand etwas wüsste das wichtig sei, aber wieder antwortete niemand. Erst in der sechsten Stunde kam dann die erlösende Nachricht. Justin wurde der Magen ausgepumpt und es gehe ihm soweit gut, er hat sogar schon auf eigenen Wunsch das Krankenhaus verlassen. Meiner Meinung nach wollte er einfach die Party heute Abend nicht verpassen. „Siehst du, alles wieder gut.

Bestimmt ist er heute Abend auch auf der Party.", versuchte mich Jonas aufzumuntern. Nett, dass er sich so viel Mühe gab. Er wusste ja aber auch nicht, dass ich daran schuld war.

Der Tag verging und ich war auf dem Weg zu Jonas. Ich war etwas beunruhigt wegen heute Abend. Ich wusste weder wie mein Kostüm aussah, noch wie der Abend verlaufen würde nachdem was heute in der Schule passiert war. Ich atmete noch einmal tief durch und drückte dann die Klingel. Die Tür öffnete sich und ein grinsender Jonas bat mich rein. „Komm mit, wir gehen in mein Zimmer." Ich nickte nur und folgte ihm. In seinem Zimmer angekommen setzte ich mich auf dein Bett und wartete auf Jonas, der schon wieder verschwunden war. „Hier dein Kostüm.", riss mich Jonas aus meinen Gedanken. Er hielt einen Kleiderbügel an dem die einzelnen Teile eines Kostüms hingen hoch. Es war ein schwarzes, kurzes Kleid, schwarze Stiefel die vielleicht knapp über den Knöchel gingen, mit einem dünnen Absatz, welcher knapp 5/6 cm hoch ist, rote Teufelshörner und schwarze große Engelsflüge. „Und das ist mein Kostüm?", fragte ich sicherheitshalber nochmal nach. Stolz nickte er: „Ich hoffe es gefällt dir?" Ich nickte und er drückte mir immer noch lächelnd den Kleiderbügel in die Hand. Skeptisch fragte ich nach: „Bist du dir sicher, dass ich überhaupt in das Kleid reinpasse?" „Klar, warum nicht?" „Weil das Kleid ziemlich Figur betont geschnitten ist und ich dir nicht gesagt habe welche Größe ich habe." „Mach dir da mal keine Gedanken, ich kann sehr gut schätzen uns jetzt zieh dich um damit wir gehen können.", Jonas lachte und drehte sich um. Ich war perplex: „Du willst aber jetzt nicht hier bleiben oder?" „Boah, musst du immer so viele Fragen stellen?", er verdrehte die Augen und fuhr fort: „Ich hole nur mein Kostüm und gehe dann ins Bad, du ziehst dich hier um und wenn du fertig bist kommst du zum Bad und klopfst." Ich nickte nur und schaute Jonas hinterher als er das Zimmer verließ. Das ganze Kostüm lag nun ausgebreitet auf Jonas Bett. Ich war froh, dass ich daran gedacht hatte mir eine Strumpfhose mitzunehmen, also zog ich erst die Strumpfhose an und dann das Kleid. Es passte wie angegossen und betonte wirklich schön die Figur ohne billig auszusehen. Als ich jetzt auch Schuhe und Flügel an hatte schnappte ich mir die Teufelshörner und lief, während ich sie mir aufsetzte, zum Spiegel. Was ich sah überraschte mich und gefiel mir zudem recht gut. Mit meinen schwarzen Haaren, den grünen Augen, den schwarz getuschten Wimpern und dem ganzen Kostüm, sah ich aus wie ein Engel der direkt aus der Unterwelt kam. Ich fuhr mir nochmal durch die Haare und ging dann zum Badezimmer. Jonas war schon fertig und stand an die Tür gelehnt da. Er schaute mich an und fing an zu pfeifen, ich grinste ihn nur frech an und streckte ihm die Zunge raus. Er ging an mir vorbei und winkte einfach nur und deutete mir so, dass ich ihm folgen sollte. Wir gingen zum Auto, stiegen ein und fuhren los. „Siehst du, hab dir doch gesagt, dass dir das Kleid passt.", unterbrach Jonas die aufgetretene Stille. „Ja hast du gut gemacht.", sagte ich etwas sarkastisch.

Das Haus in dem die Party stattfinden sollte, glich mehr einer Villa. Vor dem Haus standen ausgeschnitzte Kürbisse und auch sonst war das Haus in orange und dunkel lila beleuchtet. Die Haustür war offen und die Party war in vollem Gange. Jonas ging an mir vorbei, nahm meine Hand und zog mich mit in die tanzende Masse. Es war ein komisches Gefühl, ich war zum ersten Mal auf einer richtigen Party. Ich schaute mich um und mir vielen die vielen unterschiedlichen Kostüme auf. Eine Mumie, ein Werwolf, mehrere Vampire, eine Nixe, Joker und Clown Kostüme alles was es an Kostümen gab war hier vertreten. Als ich mich wieder umdrehte war Jonas weg, er hielt auch nicht mehr meine Hand fest und er hatte noch nicht mal etwas zu mir gesagt. Ich war auf mich alleine gestellt. Zwar war ich daran gewohnt, doch trotzdem war ich wütend. Er ist einfach ein Idiot, nimmt mich mit zu einer Party und lässt mich dann alleine stehen. Ich wollte nicht dumm in der Gegend rumstehen und so lief ich plan- und ziellos durchs Haus. Recht schnell entdeckte ich die improvisierte Bar und bestellte auch gleich etwas. „Na du sexy Engel!", ertönte plötzlich eine Stimme neben mir. Ich verdrehte die Augen, es sind vielleicht gerade mal zehn Minuten vergangen und schon kommt so ein dummer Anmachspruch. Ich drehte mich genervt um und schaute Dracula direkt in sein weiß angemaltes Gesicht. „Bist du alleine hier?", ergriff nun Dracula wieder das Wort. Ich nickte nur und schaute ihn erwartungsvoll an auch, wenn ich eigentlich nur wollte, dass er verschwindet. „Na dann hast du jetzt deinen perfekten Begleiter gefunden", sagte er und fuhr mit seiner Hand in Richtung meines Hinterns. „Finger weg!", zischte ich ihn jetzt scharf an. „Hab dich doch nicht so, wir sind auf einer Party. Wir trinken jetzt noch ein paar und dann gehen wir aufs Zimmer." „Kein Interesse.", gab ich knapp als Antwort wieder. Jetzt schlug die Stimmung von Dracula um: „Stell dich nicht so an du billiges Stück." Jetzt griff er mit seine Hand nach meinem Handgelenk und drückte feste zu. Sein Gesicht kam meinem immer näher. Der Gestank von Rauch und Alkohol stieg mir in die Nase, dennoch verhinderte die roten Kontaktlinsen, dass man seine wahrscheinlich stark gläsernen Augen sehen konnte. „Lass mich los du Arsch!", jetzt wurde auch ich sauer. Doch statt mich los zu lassen zog er mich noch näher an sich: „Und was ist wenn nicht?" Die Frage war zwar sarkastisch gestellt doch durch seinen strengen Geruch musste ich mich weg drehen um nicht zu ersticken. „Wenn nicht bekommst du es mit mir zu tun.", ertönte jetzt eine andere Stimme. Eine mir bekannte Stimme, doch statt mich zu freuen war ich noch genervter. Ich schaute ihn an, riss mich von Dracula los und ging weg. Ich wusste, dass es keine gute Idee war hierher zu kommen, mein Handgelenk reibend ging ich nach draußen auf den Balkon. „Statt mich so dumm dort stehen zulassen, hättest du dich schon Mal bedanken können." „Hätte, hätte, hätte Fahrradkette. Wenn du mich nicht alleine gelassen hättest, wäre das auch nicht passiert." Er schüttelte nur den Kopf, schwang seine Arme um mich und zog mich zu sich. „Tut mir leid." Aber ich stieß ihn weg: „Das ist alles deine schuld!" Er war wirklich erschrocken über meine Reaktion. „Es tut mir wirklich leid, ich hab einen Freund gesehen und wollte ihm nur kurz Hallo sagen." Aber ich nickte nur, er hätte mich ja auch einfach mitnehmen können. Alles besser als mich ohne ein Wort stehen zu lassen. „Mara bitte sei nicht sauer. Ich dachte wir machen uns einen schönen Abend.", wieder zock er mich in eine Umarmung, aber ich erwiderte sie nicht. So einfach konnte ich ihm nicht vergeben. Auch wenn es wieder da war. Das warme Gefühl. Ein Gefühl von Geborgenheit. Er drückte mich jetzt wieder mit leichtem Griff von sich weg und schaute mich an. Ich lächelte nur leicht und schaute dann auf den Boden. „Ach ne, schau mal einer an, ist das nicht die Kleine von Sven?" Ich blickte nach oben, mit eng zusammen gekniffenen Augen schaute ich nun die Typen gegenüber an. Ich kannte keinen von ihnen und als ich Jonas ansah, sah ich auch, dass auch ihm die Leute völlig unbekannt waren. „Jaja, das ist die von der Justin erzählt hatte. Der Wetteinsatz.", lachte jetzt ein anderer. Jonas schaute mich verwirrt an aber ich schenkte ihm kein Blick. „Ist schon bitter, wenn alle darüber Bescheid wissen. Das hast du Justin zu verdanken, der hat's uns netter Weise erzählt.", der Erste schaute mich nun lachend an, „Hätte nie gedacht, dass du so naiv bist. Und dann weist du den Typen von der Bar ab. Hast wohl jetzt Ansprüche." Jetzt lachten alle Drei. Nun sprach auch der Dritte: „Lass sie, für Dummheit kann keiner was. Sie wollte bestimmt auch nur einmal von Sven flachgelegt werden" Ich schaute die Typen an und merkte im selben Moment, dass Jonas mich anschaute und wissen wollte um was es hier eigentlich ging. Zumindest glaub ich das, ich merkte zwar, dass er sprach aber ich verstand nicht was er sagte. Die Wut stieg in mir hoch, dem Ersten war das Lachen noch immer nicht vergangen und mir platzte nun der Geduldsfaden. Ich wollte hier weg, ich lief in Richtung Balkontür, am Ersten vorbei und holte kräftig aus.

Mit geballter Faust schlug ich zu, genau auf die Nase, diese fing auch sofort zu bluten an. Scharf lächelte ich ihn an und ging dann weiter. Weiter und weiter, weg von der Party.

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