Kapitel 32

46 4 0
                                    

Mit Schmerzen im Bauch wachte ich auf. Es fiel mir schwer die Augen zu öffnen, denn das grelle Licht blendete mich. Langsam schaute ich mich rechts und links um. Auf der einen Seite standen ein Tisch und zwei Stühle und auf der anderen Seite komischen, piependen Geräte. Ich lag in einem Krankenhauszimmer und versuchte mich zwanghaft daran zu erinnern was passiert war, aber ich konnte mich an nichts erinnern.

Es dauerte eine Stunde bis ich Besuch bekam. Meine Mutter kam zu Tür herein und ich konnte an ihrem Blick und Gesicht ablesen, dass sie die letzte Nacht kein Auge zugemacht hatte und sich auch eine Menge Gedanken gemacht hatte. Sie holte sich einen Stuhl und setzte sich neben mich: „Wie geht es dir mein Schatz?", sie griff nach meiner Hand und drückte diese behutsam. „Mir tut der Bauch etwas weh, aber sonst ist alles gut. Was ist denn überhaupt passiert?" Sie schaute mich mit einem mitleidigen Blick an: „Der Notarzt hat dich mit einer Stichwunde im Bauch hierhergebracht. Du wurdest noch gestern Nacht notoperiert." Mir erschienen wieder die Bilder in denen Jonas mit einem Messer auf uns zu gerannt kam und er Kim erstechen wollte. Aber er traf nicht Kim, sondern mich. Ich hatte mich vor sie gestellt. Es sollte nicht noch jemand unschuldiges meinetwegen verletzt werden. „Wer hat denn den Notarzt gerufen?", fragte ich meine Mutter vorsichtig. „Deine Freunde Kim und Sven." Sie hatten mir geholfen? Nach allem was passiert war? Ich konnte es nicht wirklich glauben. „Mara ich muss mich bei dir entschuldigen.", setzte meine Mutter mit traurigem Blick an. Wofür musste sie sich denn entschuldigen? Sie hatte doch gar nichts falsch gemacht. Anscheinend hatte sie meine Verwunderung gesehen. „Ich hätte merken sollen, dass du dich verändert hast. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du einen Freund hattest und das zwei deiner Klassenkameraden gestorben waren. Ich hätte dich öfters fragen sollen wie es dir geht und ich hätte dich beschützen müssen.", die Tränen liefen ihr die Wange herunter. Ich wollte mich aufrichten aber das ging auf Grund der Schmerzen leider nicht, deshalb drückte ich ihre Hand einfach noch etwas fester. „Mama du hast nichts falsch gemacht. Ich bin froh, dass du hier bist. Es wird alles gut." Sie lächelte verschmitzt: „Ja es wird alles gut. Wir fangen ganz neu an. Ich habe mich von Papa getrennt und wir werden auch bald in eine andere Stadt ziehen und dann lassen wir alles Schlechte hinter uns. Was hälst du davon?" Ich nickte zustimmend. Ich war stolz auf meine Mutter, dass sie endlich ihren ganzen Mut zusammengenommen hat und wirklich was ändern will. „Ich war viel zu sehr mit mir selber beschäftig und hab dich ganz aus dem Auge gelassen. Als die Polizei mich angerufen hat habe ich erst gemerkt, dass ich vielleicht gerade das Wichtigste in meinem Leben verloren habe. Das soll mir nie wieder passieren?", sie beugte sich vor und drückte mir einen Kuss auf die Stirn als es plötzlich an der Tür klopfte. Meine Mutter stand auf und öffnete die Tür. Sie lächelte: „Ich lass euch mal alleine. Ich komm dann später nochmal.", und mit diesen Worten verschwand sie durch die Tür und Kim stand mit einem kleinen Blumenstrauß vor meinem Bett.

Ich deutete ihr an sich zu setzen was sie auch tat. „Geht es dir besser?", fragte sie etwas verunsichert. Ich nickte und lächelte sie freundlich an. Sie lächelte auch: „Ich hab dir noch ein paar Blumen mitgebracht. Ich hoffe du freust dich darüber." „Danke. Leg sie erstmal daneben auf den Tisch ich lass dann später eine Vase bringen." Sie legte die Blumen auf den Tisch. „Ich hab gehört ihr habt den Krankenwagen gerufen?" Kim nickte: „Wir konnten dich da nicht einfach so liegen lassen. Vor allem nicht nachdem du dich vor mich gestellt hast.

Es hätte ja eigentlich mich treffen sollen." „Ich weiß, aber ich konnte nicht zulassen, dass noch jemand Unschuldiges damit reingezogen wird." „Naja so unschuldig waren wir ja nicht. Ich möchte mich auch dafür entschuldigen was ich dir angetan habe und ich weiß, dass es Sven genauso geht. Wir haben beide erst gestern richtig begriffen was wir alles angerichtet haben und welche Folgen das alles hatte. Es tut uns wirklich leid, auch das mit Raja. Wir wollten nie, dass jemand stirbt es sollte nur ein Spaß sein.", an ihrem Blick und ihrer leisen Stimme konnte man erkennen, dass es ihr wirklich leid tat. „Ich glaube wir haben beide gemerkt wie schnell aus Spaß oder auch Rache Ernst werden kann. Ich nehme die Entschuldigung gerne an und möchte mich auch für mein Verhalten entschuldigen. Ich hab gar nicht gemerkt wie sehr ich mich hab von Jonas überreden lassen und was er wirklich im Sinne hatte hab ich auch nicht gemerkt." Kim schüttelte den Kopf: „Mach dir keine Gedanken keiner von uns hat was davon gemerkt." „Weißt du was mit Jonas passiert ist?" Sie nickte wieder: „Sven hatte auch die Polizei angerufen und die haben ihn mitgenommen. Er hat auch alles gestanden, dass er Justin erschlagen und im Moor versenkt hatte und das er Samira nicht geholfen hatte. Trotzdem war sich die Polizei nicht ganz sicher was mit ihm passiert. Man müsse erst schauen ob er überhaupt Zurechnungsfähig ist oder in eine Psychiatrie muss. Wir werden ihn auf jeden Fall die nächste Zeit nicht mehr sehen." „Und was ist mit dir und Sven?" „Wir werden beide mit unseren Familien umziehen. Sven zieht mit seinen Eltern aufs Land. Er wird dort zum Psychologen gehen um das alles besser zu verarbeiten, er ist wirklich mit den Nerven am Ende und braucht starke Beruhigungsmittel. Ich werde mit meiner Familie in eine Großstadt ziehen einfach weit weg von allem. Das Umzugsdatum hängt davon ab was mit mir passiert. Das Gericht wird in zwei Monaten entscheiden, ob ich Sozialstunden ableisten muss oder ob ich in Jugendhaft komme." Man sah ihr an, dass es ihr nicht leicht viel darüber zu reden und, dass sie auch noch nicht wirklich damit abgeschlossen hatte. Aber ich glaube das hat keiner von uns. „Ich werde auch mit meiner Mutter umziehen. Vielleicht ist es das Beste, wenn wir alle irgendwo neu anfangen." Kim nickte und wir verabschiedeten uns voneinander und wünschten uns Glück für die Zukunft.

Rückblickend war dasalles eine einzige große Katastrophe. Mein Ziel war es mich zu rächen und amEnde hatte ich mir damit sogar noch mehr geschadet als vorher. Ich hatte mirfeste vorgenommen nicht wieder auf so einen Typen wie Sven reinzufallen und dannpassiert mir dasselbe mit Jonas. Ich war vollkommen blind vor Liebe und hab ihmalles geglaubt und alles getan was er wollte. Jonas aber war ich vollkommenegal er hat mich nur benutzt, für mich als Person hatte er sich nieinteressiert, wenn überhaupt hat er sich nur in den Teil von mir verliebt derihn an Raja erinnert hat. Hätte ich alles alleine gemacht wären meineRacheattacken einfache Kinderstreiche wie Haare verfärben und Abführmittelverabreichen geblieben, aber ich war nicht alleine. Die Kontrolle hatte ichsowieso schon am Anfang verloren genauso wie mein Selbstvertrauen. Keine Ahnungwas ich gemacht hätte, wenn mich Jonas nicht immer wieder angestachelt hätteoder bei jedem einzelnen Streich so tatkräftig mitgeholfen hätte.Wahrscheinlich hätte ich früher aufgegeben und zwei Menschen würden jetzt nochleben. Das jemand stirbt wollte ich nie. Er aber wollte sie von vornhereinumbringen und wie ich mich dabei fühle war ihm völlig egal. Ich hoffe, dass ihmgeholfen wird, denn ich weiß nun, dass man den Tod von Menschen nicht einfachso vergessen kann.

RevengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt