,,Ich hab das Gefühl, dass dieser Tag einer der aufregendsten meines Lebens wird.", sagt Elliot, während er es sich mit seinen Freunden auf dem Boden gemütlich macht. Sanft lächle ich zu ihnen herunter, bevor ich meine Geschichte fortsetze...
***
Nervös sitze ich neben Jason auf dem kleinen Balkon des Baumhauses. Eines meiner Beine habe ich angewinkelt, während das andere lässig über der Brüstung hängt.
Müde lehne ich meine Wange an mein Knie und nehme einen tiefen Atemzug der frischen Luft, in dem ich einen Hauch von Jasons Geruch ausmachen kann.Die Sonne ist schon fast hinter dem Horizont verschwunden und Jason nutzt das letzte verbleibende Licht und liest einen Artikel in einer Zeitung, die er auf unserem Nachhauseweg gefunden hat.
Vorsichtig linse ich zu ihn herüber und beobachte, wie seine Augen über das Papier fliegen und jedes Wort aufmerksam lesen.
Mittlerweile sind schon ein paar Wochen vergangen, als er mich geküsst hat und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich mir keinen weiteren Kuss wünsche.
,,Suchst du nach etwas Bestimmten?", frage ich leise, weil das nicht die erste Zeitung ist, die er in letzter Zeit aufgesammelt hat.
Kommentarlos zuckt Jason bloß mit den Schultern und schaut mich kurz mit seinen blauen Augen an, bevor er wieder in der Zeitung versinkt.
,,Jobangebote.", teilt er mir schließlich mit, ,,Neuigkeiten über Menschen, mit denen ich früher zu tun hatte und so weiter."
Menschen, mit denen er früher zu tun hatte. Er hat mir noch nie etwas über seine Vergangenheit erzählt.
Schmerzhaft beiße ich mir auf die Lippe, während ich das Farbspektakel am Horizont genieße, was ich aber sofort wieder bereue, als ich den schneidenden Schmerz spüre.
Langsam fahre ich mir mit dem Zeigefinger über die kaputte Lippe. Die haben mich heute in der Schule wieder fertig gemacht, obwohl ich mich so unauffällig wie möglich verhalten habe.
Meine vor Schmerz zuckende Bewegung lässt Jason hinnehalten, sodass er die Zeitung wegöegt und mich anschaut. Als sein Blick auf meine Lippe fällt, wird sein Blick automatisch weicher.
,,Ist alles okay mit dir?"
,,Ja, mir geht es gut.", sage ich nur.
Jason nickt nur kurz angebunden und widmet sich dann doch wieder seiner Zeitung, aber als er leise genervt aufstöhnt, hat er wieder meine volle Aufmerksamkeit.
,,Was ist?", frage ich schärfer als beabsichtigt.
Seufzend lehnt Jason sich zurück und beginnt, den eben gelesen Abschnitt laut vorzulesen.
,,Ein vierzehnjähriger Junge aus Milford, New Hampshire, hat Selbstmord begangen. Obwohl er keine Briefe etc. für seine Familie und Freunde hinterlassen hat, wurde uns berichtet, dass er an einer Überdosis Narkosemittel gestorben ist.
,Er war ein guter Junge.', berichtet der sechzehnjährige Adam Roberts, ,Er war sehr fleißig, intelligent und sogar im Debattierclub und er hat kein einziges Mal versucht, sich durch seine Krankheit, also MHS, Vorteile zu verschaffen.'
,Natürlich hatte er auch mit Mobbing zu kämpfen.', sagt Matt Connors, ,[Er] war ein sehr kleiner, dürrer Junge mit einer riesigen nerdigen Brille. Er war zu schüchtern. Und er hat sich als schwul geoutet. Also ein gutes Ziel für Mobbing. Ich hatte nie wirklich viel mit ihm zu tun, aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass er es nie einfach hatte.'
,Es gab Tage, da hatte er regelrecht Angst, zur Schule zu gehen.', teilt uns der siebzehnjährige Jordan Hughes mit, ,Aber am Ende war es so schlimm, dass es schon als Paranoia durchgehen könnte. Er hatte Angst, alleine nach Hause zu gehen, alleine in einem Raum zu sein, obwohl er die ganze Zeit von den älteren gedemütigt und verletzt wurde. Nie hat er sich sicher gefühlt. Ich habe nie gemerkt, wie schlimm es wirklich um ihm stand, aber dann habe ich es aus nächster Nähe mitbekommen. Es .. es ist furchtbar, zu was Menschen Imstande sein können. Mein bester Freund ist gestorben, weil ihm keiner geholfen hat und alle nur dastehen und zugesehen, ja sogar mit dem Handy gefilmt haben. Selbst die Lehrer haben weggesehen. Manchmal, manchmal, da frage ich mich wirklich, ob er noch leben würde, wenn ihm irgendjemand geholfen hätte. Wenn nur einer von und mutig gewesen wäre.' "
Plötzlich hellwach blinzle ich, als das eben Gesagte in meinem Hirn ankommt.
,,Jordan?", frage ich neugierig und sehe zu dem Jungen, welchem heiße Tränen über die Wangen laufen.
,,Es tut mir leid.", sagt er, wischt sich hastig die Tränen weg, steht auf und rennt den Gang hinunter, bis er aus unserem Sichtfeld verschwunden ist.
,,Schatz?", ruft Elliot ihn alarmiert nach, bekommt aber wie zu erwarten keine Antwort.
Er macht Anstalten, aufzustehen und seinen Freund hinterherzurennen, aber als er meinen Gesichtsausdruck sieht, setzt er sich eilig wieder hin.
,,Lass mich zuerst mit ihm reden."
Ein wenig langsamer folge ich Jordan durch die Flure der Schule, als ich ihn plötzlich in ein Klassenzimmer laufen sehe.
,,Jordan?", frage ich erneut und bettete hinter ihm den Raum.
,,Lass mich in Ruhe, Decker.", zischt er mir zu.
,,Ist alles in Ordnung?"
,,Ich schwöre dir, Decker, wenn du nichts sofort gehst, bekommst du von mir ein weiteres blaues Auge.", schreit er mich an und läuft unruhig zwischen den Tischen hin und her.
Innerlich kämpfe ich mit mir, als ich daran denke, wie er mir das erste blaue Auge verpasst hat. Glaubt mir, dass ist keine schöne Erinnerung. Aber andererseits würde ich mich schlecht fühlen, wenn ich ihn in so einer Verfassung alleine lassen würde.
Obwohl... er hätte ja auch noch Elliot...
Hin und hergerissen trete ich schließlich näher an ihn heran und schlingen vorsichtig meine Arme um seinen Oberkörper.
,,Es tut mir leid."
Kurz versteift sich Jordan, aber mach ein paar Sekunden erwidert er die Umarmung.
,,Danke.", flüstert er mir ins Ohr, sodass es kitzelt und ich eine kleine Gänsehaut bekomme, bevor er sich lässig auf eine Bank setzt.
Eilig lasse ich mich gegenüber von ihm nieder, sodass wir uns anschauen können.
,,Erzähl mir von ihm.", fordere ich Jordan sanft, aber bestimmend auf.
Zuerst schaut der braunhaarige Junge mich an, als sei ich ein Außerirdischer, während wenn innerlich mit sich kämpft, aber dann gibt er seufzend nach.
,,Sein Name war Carson und er war der erste Junge, in den ich jemals verliebt war. Ich habe ihn zweimal geküsst und wollte ihn gerade fragen, ob er mit mir zusammen sein möchte, als ich ihn tot in einer der Toilettenkabinen aufgefunden habe."
Die ganze Zeit über hat Jordan versucht, einen neutralen Gesichtsausdruck aufzusetzen, aber am Ende fällt seine Maske doch und er beginnt wieder zu weinen.
,,Ich hatte keine Ahnung, wie schlimm es war. Ich hätte ihm helfen können, aber ich habe rein gar nichts getan. Ich habe es ignoriert und jetzt musste er wegen mir sterben."
,,Es ist nicht deine Schuld, Jordan.", versuche ich ihn zu beruhigen.
,,Natürlich ist es meine Schuld.", schluchzt er, ,,Die anderen haben auch ihren Teil dazu beigetragen, weil sie auch nichts dagegen unternommen haben, aber am meisten bin ich Schuld."
,,Jordan.", ertönt plötzlich eine sanftere Stimme und synchron drehen wir die Köpfe und sehen niemand anderes als Elliot, welcher soeben das Klassenzimmer betritt.
Jordan sieht aus, als würde er sich schämen, dass sein Freund ihn in so einer Verfassung sieht, aber Elliot kommt nur noch näher und umfasst Jordans Gesicht mit seinen Händen.
,,Schau mich an. Du konntest Carson vielleicht nicht retten, aber dafür hast du mich gerettet, okay? Du hast mein Leben zu etwas Besserem gemacht."
Jordan nickt nur mechanisch und legt seine Stirn an die von Elliot.
,,Okay.", haucht Jordan schließlich und schaut seinem Freund tief in die Augen.
,,Okay, da wir noch ein wenig Zeit haben, bis es zur nächsten Stunde klingelt, möchte ich noch ein wenig mehr von deiner Geschichte hören."
***
Welches ist/war euer Lieblingsfach in der Schule und wieso?
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Star Gazers (BxB) | Deutsche Übersetzung
Teen Fiction❌Spinoff/Sequel zu Lab Partners❌ Es wäre besser, vorher Lab Partners zu lesen, da sonst einige Szenen verwirrend sein können. Natürlich gibt es eine deutsche Übersetzung von Lab Partners, welche ihr auf meinem Profil finden könnt. *** ,,Du weißt, da...