Kapitel 16 - Regeln

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Durch das laute Zwitschern eines Vogels und das sanfte Rauschen der Blätter wache ich auf und werde direkt von der Sonne angestrahlt.

Müde reibe ich mir den Schlaf aus den Augen und raufe mir verwirrt das Haar, bis ich merke, dass das gestern kein Traum gewesen ist.

Das er kein Traum gewesen ist.

Und dass ich immernoch in diesem Baumhaus bin.

Weil mich mein bester Freund von sich gestoßen hat.

Und mein Vater...

Traurig schlucke ich den unangenehmen Klumpen in meinem Hals hinunter und sehe mich in dem kleinen Raum um.

Ich bin ganz alleine.

Wo ist mein Engel?

Jason, ich glaube, sein Name ist Jason.

Wo ist er hin?

Langsam verlasse ich das warme und ziemlich bequeme Bett und nehme zum ersten Mal eine kleine, unscheinbare Tür wahr, die zu einer Art Balkon führt.

Von dort kommt auch der unangenehme Geruch nach Zigaretten.

Mein Eng- Jason raucht?

Er sollte das nicht tun.

Rauchen ist nämlich nicht gesund.

Leise begebe ich mich zu den schwarzhaarigen Jungen hinaus, welcher am Rande des Balkons sitzt und lässig eine Zigarette zwischen den Lippen klemmen hat.

Gedankenverloren dreht er das Papier zwischen den Fingerspitzen hin und her, bevor er daran zieht und eine stinkende Rauchwolke ausbläst.

Die aufgehende Sonne lässt sein Gesicht so zart wie Porzellan wirken, was ihn unfassbar jung und wahnsinnig attraktiv aussehen lässt.

Langsam öffne ich meinen Mund, schließe ihn dann aber wieder ohne ein Wort zu ihm zu sagen.

Ich wollte wirklich etwas sagen.

Ihm vielleicht einen guten Morgen wünschen oder mich dafür bedanken, dass er mich nicht im Regen liegengelassen hat.

Aber kein einziges Wort kommt aus mir heraus.

Irgendwann muss er wohl bemerkt haben, dass ich hinter ihm stehe, denn er sagt nur zwei Worte und drückt anschließend seine Zigarette in einem Aschenbecher aus.

,,Setz dich."

Ohne zu widersprechen setze ich mich neben Jason und lasse genau wie er die Beine über den Boden hängen.

Eine ganze Weile sitzen wir einfach nur schweigend nebeneinander und beobachten, wie sich die Sonne immer weiter ihren Weg über die Baumwipfel bahnt.

Dann sieht er mich an und bevor ich fragen kann, ob mir etwas im Gesicht klebt, fängt er an zu sprechen.

,,Schau, Kind. Ich weiß, dass du in den letzten Tagen durch die Hölle gegangen bist, aber das ist deine Sache und wird es auch bleiben. Wenn du nicht mit mir darüber reden willst, finde ich das völlig in Ordnung, aber ich muss wissen, ob du irgendeinen Ort kennst, wo du wohnen kannst."

Traurig sehe ich ihn an, bevor ich vorsichtig meinen Kopf schüttel.

,,Nein, ich habe nichts mehr, wo ich hätte hingehen können."

Stumm sieht Jason mich an und ich habe das Gefühl, dass er mir mit seinen blauen Augen direkt in die Seele blickt.

,,Dieser Ort", sagt Jason schließlich und zeigt mit einer einladenden Geste auf die umliegenden Bäume, ,,ist mein Rückzugsort. Und das schon seit etlichen Jahren."

,,Es tut mir leid", setze ich an, werde aber durch ein heftiges Kopfschütteln unterbrochen.

,,Entschuldige jucht für Dinge, für die du nichts kannst.", sagt we gedankenverloren und starrt in die Tiefen des Waldes.

,,Tut mir - ", fange ich wieder an und höre sofort auf, als Jason mich halb mahnend, halb belustigt ansieht.

,,Wie ich schon gesagt habe", setzt er dann seine kleine Redr fort, ,,Das hier ist kein Rückzugsort. Ich war hier, als mich keiner mehr bei sich haben wollte und auch wenn ich so gut wie nichts über dich weiß, weiß ich, dass du ebenfalls so einen Ort brauchst. Deshalb kannst du so lange hier bleiben, bis du jemanden hast, bei dem du wohnen kannst."

,,Wirklich?", frage ich hoffnungsvoll und fühle mich dabei wie ein Kind, welches seit einer langen Zeit wieder Schokolade essen darf.

,,Natürlich musst du dabei ein paar Regeln beachten.", sagt er und studiert mit einem undefinierbaren Blick ganz genau mein Gesicht

,,Und was für Regeln wären das?", frage ich und fühle mich unter seinem prüfenden Blick ein wenig unwohl.

,,Wie alt bist du?"

,,Fünfzehn.", gebe ich ein wenig unsicher von mir.

,,Dann lautet die erste Regel, dass du zur Schule gehen musst."

,,Und wie alt bist du?", frage ich und weiche damit geschickt aus, weil ich das ganz und gar nicht gut finde.

,,Siebzehn."

,,Dann solltest du aber auch - "

,,Nein.", unterbricht er mich plötzlich harsch, ,,Regel Bummer zwei lautet, dass du mich ab und tu finanziell unterstützt. Ich kann mit meinen momentanen Einkommen keine zwei Mäuler stopfen, also musst du mir dabei ein wenig unter die Arme greifen."

,,Okay", willige ich ein.

,,Und die letzte Regel besagt, dass ich meine Sachen mache und du deine. Wir müssen nicht über die Dinge reden, wenn wir das nicht wollen."

Zustimmend nicke ich und ich weiß ganz genau, dass diese Regel uns gleichermaßen schützen wird.

Eindringlich schaut mich Jason von der Seite an.

,,Übrigens gibt es nur ein Bett.", fügt er grinsend hinzu, ,,Also entweder teilen wir es uns oder du musst auf dem Boden schlafen."

Augenblicklich wird mir ganz heiß und uch werde rot wie eine Tomate.

Denn das Bett ist wirklich ziemlich klein.

***

Habt ihr eine Allergie und wenn ja, wogegen?

Star Gazers (BxB) | Deutsche ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt