Kapitel 7 - ,,Was möchtest du trinken?"

740 46 4
                                    

Der schrille Klang einer Klingel kündigt das Ende der Pause an und reißt mich somit aus meinen Erinnerungen.

Traurig schaue ich auf mein erst halb aufgegessenes Sandwich hinunter und dann sehe ich zurück zu Elliot Goldman, welcher mitleidig meinen Blick erwidert, aber zum Glück kein Wort sagt.

Jordan schaut mich ebenfalls an, aber im Gegensatz zu Elliot guckt er so, als würde ihn meine Geschichte einen feuchten Dreck interessieren. Was vielleicht auch stimmt, für mich aber vollkommen belanglos ist.

Holly hingegen sieht einfach nur mit einem neutralen Gesichtsausdruck in die Runde und mich würde es nicht im Geringsten wundern, wenn sie meine Geschichte schon kennen würde.
Immerhin kennt sie die Sache mit Jason, also ist ihr zumindest ein Teil meiner Geschichte nicht fremd.

,,Okay", sagt Elliot und steht auf, während er nach Jordans Hand greift, ,,lasst uns das ganze morgen fortsetzen. Gleiche Zeit, gleicher Ort."

Zustimmend nicke ich und spüre, wie bei der Erinnerung an dem Tag, an dem mein Leben zur Hölle wurde, meine Augen feucht werden.

Hastig blinzel ich die aufkommenden Tränen weg und packe mein angebissenes Sandwoch zurück in den Rucksack, bevor ich mich auf den Weg zu meinem nächsten Unterricht mache.

Und ich weiß jetzt schon, dass dieser Tag sich wie Kaugummi ziehen wird.

***

,,Hallo, Spätzchen.", begrüßt mich Tante Liza, als ich nach diesem langen Tag endlich zu Hause ankomme.

,,Hey.", sage auch ich und lasse meinen schweren Rucksack wie einen nassen Sack neben der Treppe fallen.

,,Wie war dein Tag?"

,,War ganz okay.", antworte ich ihr, während ich mich an den Tisch setze und sie dabei beobachte, wie sie hektisch nach etwas sucht.
Es ist ein wenig ungewöhnlich, sie so gestresst zu sehen und deshalb werde ich immer neugieriger, was die Ursache dafür ist.

,,Was ist los mit dir?", frage ich sie schließlich, als ich es nicht mehr aushalte.

,,Oh, ähm...", beginnt sie und greift nach ihrem Portmonee, welches auf der Theke liegt und wühlt eilig darin herum, ,,Ich habe heute Abend eventuell ein Date."

Meine Augen werden riesengroß, als sie mich mit ihrem strahlenden Lächeln ansieht, bevor sie ihre Suche weiter fortsetzt.

,,Wirklich? Das ist ja fantastisch!", rufe ich begeistert aus, ,,Wer ist er? Wie sieht er aus? Wo trefft ihr euch?"

,,Immer langsam, Schätzchen. Deine Homosexualität kommt gerade wieder stark zum Vorschein.", sagt sie und hält dann freudig ihren roten Lippenstift in die Höhe.

,,Erinnere mich nie wieder daran.", murmel ich vor mich hin und sehe sie dann bettelnd an, ,,Beantworte mir jetzt bitte meine ganzen Fragen."

,,Okay, okay!", sagt sie aufgeregt und beginnt dann zu erzählen, ,,Sein Name ist Adam. Er ist heute in den Laden gekommen und stand am gleichen Regal wie ich und da hat er eine Packung Pickup herausgezogen. Aber er war so tollpatschig und hat die ganze Schachtel mit hervorgezogen, welche sich dann über uns geleert hat. Die anderen haben uns nur komisch angeschaut, während wir herzhaft darüber gelacht haben. Dann hat er zwei Packungen gekauft und mir eine geschenkt, die wir dann vor dem Laden gegessen haben. Ganz am Ende hat er gesagt, dass er meine Reaktion toll fand und mich gerne auf ein Date eingeladen würde und nun ist es endlich soweit und ich kann uns Abendessen kochen!"

,,Oh.", lautet meine wenig geistreiche Antwort, weil ich das Gesagte erst einmal verarbeiten muss, ,,Er kommt also hierher? Willst du, dass ich in der Zeit verschwinde?", biete ich ihr dann noch an.

,,Nein, das musst du nicht.", sagt Tante Liza eilig.

,,Das wäre aber okay für mich.", sage ich lächelnd, ,,Ich kann auch einfach in das Café ein paar Straßen weiter hinunter gehen."

,,Bist du dir ganz sicher, dass du das machen willst?", fragt sie besorgt nach und schaut mich dann mit großen Augen an.

,,Absolut.", sage ich überzeugt, denn ich gönne Tanze Liza ihr Glück, vor allem, weil sie schon lange keinen Mann mehr kennengelernt hat. Jetzt ist die schon Ende dreißig und es würde mich riesig freuen, wenn sie noch einen Mann fürs Leben findet.

,,Wann kommt er denn her?"

Gedankenverloren schaut sie auf die Uhr und macht dann vor Schreck große Augen.
,,Oh mein Gott! Ich habe nur noch 90 Minuten! Ich muss mich noch fertig machen! Und das Essen vorbereiten!", ruft sie dann völlig panisch aus.

Dann heizt sie den Ofen vor, bevor sie eilig ins Bad verschwindet, um ihr Make up aufzufrischen.

***

,,Viel Spaß!", wünsche ich meiner Tante, bevor ich meine Hände in den Jackentaschen vergrabe und aus dem Haus gehe.
,,Aber nicht zu viel Spaß!", rufe ich dann noch hinterher.

,,Cole!", sagt sie gespielt böse und verwuschelt mir dann mein Haar.

Lächelnd gehe ich weiter und setze meinen Weg zu dem Café fort.

Um mich vor der Kälte zu schützen, ziehe ich meine Schultern nach oben und laufe ein wenig schneller.

Ich war schon lange nicht mehr dort und deshalb ist es auf jeden Fall wert, dort wieder vorbeizuschauen.

Ruhig beobachte ich, wie mein Atem weiße Wölkchen bildet und sich nach kurzer Zeit wieder auflöst. Eine kleine Schneeschicht bedeckt den Boden und knirscht bei jedem Schritt unter meinen Füßen, welche morgen bestimmt schon wieder geschmolzen ist.

Der Frühling ist nicht weit, aber er kommt inner genauso unverhofft, wie die Dinge in meinem Leben ihren Lauf nehmen.

Nach ein paar Minuten komme ich bei meinem Ziel an und schlüpfe in das Innere des gemütlichen Cafés.

Als ich die Tür ausdrücke, klingelt ein kleines Glöckchen über meinem Kopf.

Neugierig blicke ich mich um, aber ich kann niemanden Bekanntes sehen und auch hinter dem Tresen ist keiner.

Leise putze ich auf dem Teppichvorleger den Schnee von meinen Schuhen, bevor ich einen kleinen Tisch an einem der Fenster beschlagnahme.

Seufzend lege ich meine Jacke über die Lehne und starre dann gedankenverloren hinauf auf die belebte Straße.

Ich bin mir nicht sicher, wie ich Elliot und den anderen meine Geschichte erzählen soll, vor allem die Teile, die ich noch nie jemanden verraten habe. Aber hoffentlich -

,,Wir begegnen uns immer, wenn wir es am wenigsten erwarten, findest du nicht?"

Erschrocken zucke ich zusammen, als ich den vertrauten Klang dieser Stimme direkt neben mir höre.
Eine Gänsehaut überzieht meinen ganzen Körper und mein Herz macht einen Satz, während ich mich überwinden muss, um meinen Kopf zu drehen und in diese wunderschönen Augen zu schauen.

Er hat die gleiche Frisur wie damals und sein Gesicht ist so engelhaft, dass mein Herz ganz schwer wird.

Jason.

Fasziniert öffne ich meinen Mund, aber vor lauter Nervosität bringe ich kein Wort hervor, sodass ich ihn öffne und schließe wie ein Fisch auf dem Trockenen.

Bei meinem Anblick grinst Jason, bevor er einen Zettel und einen Stift hervorzieht und sich zum Schreiben bereitmacht.

,,Was möchtest du trinken?"

***

Habt ihr ein Haustier und/oder ein Lieblingstier?

Star Gazers (BxB) | Deutsche ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt