Kapitel 8 - ,,Mach dich nicht schlimmer als du bist."

745 45 4
                                    

Jason stellt ein Glas Schokomilch vor mich auf den Tisch, bevor er mir gegenüber Platz nimmt.
Gerade sind nicht viele Gäste da und die, die hier sind, wurden alle schon bedient, sodass Jason sich gerade eine Pause gönnen kann.

Seufzend verkreuzt er seine Finger und starrt anschließend aus dem Fenster, sodass ich ihn gefahrlos beobachten kann.

Langsam lasse ich meinen Blick über seine reine, cremige Haut schweifen bis zu seinem Kinn hinunter und von da aus wieder über seine vollen, roten, weichen Lippen. Seine Oberlippe ist in einem schönen Bogen geformt und seine Nase ist sehr gerade und macht ihn nur noch perfekter.

Jasons Haar - obwohl es ein wenig durcheinander ist - ist so pechschwarz, dass seine Haut dadurch noch viel elfenhafter wirkt und ich das Verlangen habe, durch sein Haar zu streichen und es so perfekt zu richten, wie er es ist.

Lautlos seufze ich und schaue in seine strahlend blaue Augen und bemerke, wie er mich mit einem amüsierten Blick angrinst. Augenblicklich spüre ich, wie meine Wangen heiß werden und starre auf meine Hände hinunter.

,,Du arbeitest hier?", frage ich leise, um die peinliche Stille zu überbrücken, aber dabei schaue ich ihm kein einziges Mal ins Gesicht.

,,Nein, ich arbeite in dem Restaurant gegenüber.", lacht Jason halbherzig.

,,Ich dachte nur... dass du schon wieder zu Hause bist.", flüstere ich peinlich berührt.

,,Dieser Ort ist nicht mehr mein Zuhause.", murmelt Jason plötzlich und sieht wieder aus dem Fenster, ,,Es gibt nichts mehr, was mich dort hält."

,,Und was ist mit Marylin?"

Traurig schüttelt Jason den Kopf und es fühlt sich an, als würde sich eine eisige Hand um mein Herz legen und es zusammendrücken.

Es ist einfach schrecklich, Jason traurig zu sehen.

Was ist nur mit ihr passiert, dass er plötzlich so reagiert?

,,Wie ich gesagt habe, es gibt nichts mehr, was mich dort hält."

,,Hält dich denn etwas hier?", frage ich ihn neugierig und ein wenig aufgeregt.

Schief grinst er mich an, bevor er auf meine Schokomilch schaut.
,,Das habe ich noch nicht herausgefunden."

,,Oh.", sage ich enttäuscht, aber dann fällt mir noch etwas ein, ,,Warte. Warum bleibst du dann hier?"

,,Mach dir darüber keine Sorgen."

,,Ich soll mir keine Sorgen machen? Jay, ich mache mir darüber ganz bestimmt Gedanken. Draußen liegt immernoch Schnee, deshalb kannst du wohl kaum unter einer Brücke schlafen, oder? Wir haben ein Gästezimmer, wenn du einen Ort - "

,,Cole.", unterbricht Jason mich sanft und legt seine Hand auf meine. Ich schaue hinunter auf unsere verschränkten Hände und mein Herz fängt an, ganz schnell zu schlagen.
,,Ich habe ein Dach über dem Kopf und mehr musst du momentan nicht wissen. Mach dir keine Gedanken."

,,Ich mache mir immer Gedanken über dich.", gebe ich ehrlich zu und frage mich im nächsten Moment, warum ich plötzlich so mutig bin und meine Gedanken laut ausspreche und schließlich ziehe ich meine Hand unter seiner hervor.

,,Solltest du aber nicht.", meint er dann seufzend.

,,Jason, bitte. Ich möchte, dass es besser wird. Sag mir, was ich tun soll.", flehe ich den hübschen Jungen vor mir an.

,,Hast du dich bei den Jungen entschuldigt?"

,,Ja.", sage ich ehrlich und muss bei der Erinnerung lächeln, wie locker er meine Entschuldigung angenommen hat, ,,Ich habe ihm alles erzählt."

Jason zuckt leicht zusammen und sieht mich mit einer Mischung aus Neugier und Besorgnis an.
,,Alles?"

,,Alles.", wiederhole ich ernst und meine Stimme zittert dabei ein wenig.

,,Das hättest du nicht tun sollen, Cole.", sagt Jason sauer, nimmt aber wieder meine Hand in seine und malt kleine Kreide auf meinen Handrücken.

,,Ich wollte aber.", lautet meine simple Begründung, während ich auf unsere Hände schaue, ,,Er hat ein Recht darauf zu erfahren, warum ich ihm was angetan habe."

,,Mach dich nicht schlimmer als du bist.", haucht Jason sanft, sodass ich eine leichte Gänsehaut bekomme.

,,M-mach ich nicht.", hauche ich und erwidere den sanften Druck seiner Hand.

Plötzlich ertönt das kleine Glöckchen über der Tür und kurz darauf tritt ein Pärchen in das Café und widerwillig lässt Jason meine Hand los und geht seufzend zu den Paar herüber.

Auf einmal bleibt er mitten im Gang stehen und dreht sich langsam zu mir herum.

,,Kennst du den Park hier in der Nähe?"

,,Jaaa?", frage ich gedehnt, weil ich keine Ahnung habe, auf was er hinaus will.

,,Komm morgen Abend um 22:30 Uhr zu der Spitze des Berges."

Langsam nicke ich und ich ahne, worauf er anspielen will.

Zufrieden lächelt Jason mich an und widmet sich dann dem jungen Pärchen, welches uns neugierig beobachtet hat.

***

,,Wie war es?", frage ich Tante Liza sofort, sobald die Haustür hinter mir zugefallen ist.

,,Es war sehr schön.", antwortet sie mir strahlend, ,,Er ist sehr lustig und ich denke, du würdest ihn mögen."

,,Vielleicht.", sage ich nur und zucke mit der Schulter, während ich mich grinsend gegen die Theke lehne, weil meine Tante Mühe hat, vor lauter Freude nicht wie ein kleines Kind auf und ab zu hüpfen.

,,Wir haben gegessen und geredet.", fasst sie ihren Abend zusammen.

,,Ist das alles?", frage ich neugierig und wackel mit den Augenbrauen.

,,Cole!", ruft meine Tante peinlich berührt aus und wift einen Teelöffel nach mir, aber ich ducke mich gekonnt weg, sodass er scheppernd hinter mir an die Wand knallt.

,,Jedenfalls", beginnt sie und schaut mich mahnend an, als ich sie immernoch so zweideutig anschaue, ,,ist morgen Schule, sodass du zeitig aufstehen musst. Also, ab ins Bett mit dir!"

,,In Ordnung, aber morgen möchte ich jedes einzelne Detail wissen."

,,Wie auch immer.", versucht sie meine Bitte zu überspielen, aber ich werde das ganz sicher nicht vergessen.

Morgen werde ich sie solange ausquetschen, bis ich alles weiß.

Langsam gehe ich die Treppe nach oben und schmeiße mich sofort auf mein Bett, um noch einmal in Ruhe über den Tag nachzudenken.

Es war ein wirklich langer Tag, aber alleine dadurch, dass ich Jason getroffen habe, hat sich jede Sekunde gelohnt.

Ich weiß, dass ich kein Auge zumache, solange Jason in meinen Gedanken herumgeistert, also ziehe ich mir bequeme Sachen an und kuschel mich dann in meine Bettdecke und lasse mich in meiner Fensternische nieder.

Ich frage mich, ob Jason auch gerade die Sterne beobachtet...

***

Wenn ihr euren Namen ändert könntet, wie würdet ihr da heißen wollen?

Star Gazers (BxB) | Deutsche ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt