LIX

44 4 3
                                    

Ich glaube das Airsoftspiel hatte mich mehr außer Kraft gelassen, als erwartet. Ich wachte an einem Montag mit Muskelschmerzen auf und war trotz ruhigen Schlafs Übermüdet.
Quängelnd stolperte ich durchs Haus und schubste Derek einfach weg, als er mit seiner morgentlichen Nerv-Routine ankommen wollte, statt ihn anzumeckern. Und die blauen Flecken die mir der Badezimmerspiegel offenbarte waren genug Beweis für meine Schmerzen.
Brummend starrte ich mich noch an, doch ich spürte kein verhasstes Gefühl, wie sonst. Ich war einfach nur...fertig und schlecht gelaunt, was an Brads Worten von Gestern liegen konnte. Sie wollten mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich selbst sein...hatte er geraten.

Ich pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht, doch es machte mein verschlafenes Vogelnest nicht besser, weshalb ich ohne nachzudenken nach dem Kamm griff und kurz darauf mit einem Pferdeschwanz dastand, bei dem ich nicht gemerkt hatte, dass ich ihn überhaupt angefangen hatte. Verwirrt betrachtete ich mein blasses Gesicht. Einfach ich selbst sein...
Die Idee von Make-Up kreuzte einen Moment meine Gedanken, doch ich verwarf das schnell. Wer war ich bitte? Das würde ich niemals zur Freizeit auftragen, egal, wie fahl und rot meine Haut manchmal wirken mochte. Ich würde mich keines Wegs für andere hübsch machen. Sollten sie doch meine Fresse ertragen. Nicht mein Problem.



"Schicke Frisur." kommentierte meine Mutter im Auto, was mich nur die Augen verdrehen ließ. Natürlich machte sie etwas besonderes daraus. Ich meine, ich hatte sie vollkommen geflasht, als ich die Treppe runterkam, doch auf eine positive Art. Und obwohl mich das gut fühlen lassen sollte, verdrängte ich diese Emotion.
Ich weiß selbst nicht, warum ich nach all den Jahren meine Haare hochgesteckt hatte. Immerhin bin ich dennoch dabei geblieben vollkommen schwarz gekleidet zu sein und trug sogar ein Bandshirt.
Trau dich.
Mit verzogenen Brauen starrte ich aus dem Fenster. Trau dich?

Im nächsten Moment hielt alles für mich still und ich machte unbewusst große Augen. Verdammt! Total panisch kramte ich in meinem Rucksack nach meinem Handy, welches ich fast fallen ließ, weil ich so hektisch war.
Ich glaubte meine Mutter etwas sagen zu hören, doch ignorierte es. Ich habe Brad Gestern eine Zusage zur Party gegeben! Wie dumm kann man eigentlich sein?! Nur, weil ich mich herausgefordert gefühlt hatte und nicht schwach rüberkommen wollte? Oh bitte, Heather, werd Erwachsen!
Ich öffnete den Chat mit ihm und tippte gleich drauf los, um abzusagen. Wie konnte ich mich nur so von seinen anderen Worten ablenken lassen?! Und wer konnte so ausgelaugt sein, dass sie selbst so wichtige Dinge verdrängten? Ich war zweifellos dumm. Einfach nur dumm.

Es dauerte nicht mal eine Minute bis er antwortete und fragte, warum ich so plötzlich absagte.
"Weil das eine dumme Idee ist." tippte ich verzweifelt. Nicht wissend, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Ich meinte, ich konnte immer noch nicht realisieren, dass Brad Hetht mit mir redete und sich Zeit für mich nahm. Es war einfach..unmöglich. "Andere werden uns zusammen sehen und es falsch verstehen. Sie werden denken, wir gehen miteinander aus." tippte ich noch schnell hinterher, um nicht vollkommen idiotisch rüberzukommen.
Beschämt von mir selbst versank ich tiefer im Leder des Sitzes und war dankbar, dass Mom nicht nachfragte, während sie mich im Rückspiegel musterte.
In diesem Moment war das Zupfen an den losen Nähten meiner zerrissenen Jeans das einzige, was mich einigermaßen beruhigen konnte.


Ich war so paranoid Brad zu begegnen, dass ich vor Erschrecken schon fast in die Luft hüpfte, als mein Name innerhalb des Schulflurs fiel. Doch beim umdrehen stellte ich fest, dass es nur Eric war der mich, wie immer, mit ernstem Gesicht musterte.
Erleichtert atmete ich aus und schloss für einen Moment die Augen, um ihm relativ unberührt entgegen zu treten.
"Alles gut?" stutze er und ich nickte einfach.
"Wolltest du was?"
Er bedachte mich mit einem langen Blick, der definitiv aussagte, dass ich mich merkwürdig verhielt. Er öffnete den Mund, doch schloss ihn darauf wieder und schüttelte den Kopf. "Vergiss es."
Arsch. Jetzt würde ich die ganze Zeit neugierig bleiben.
Doch ich verdrängte meine Miesepetrigkeit, als ich seinen grübelnden Blick auf meinen Haaren erkannte. "Was?" patzte ich, als er nicht aufhörte.

Cold WinterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt