Hach

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Hannah:

Der Gedanke an Paddy verfolgte Hannah die ganze Zeit. In den nächsten Tagen ertappte sie sich immer wieder dabei, wie sie zur Tür sah und unbewusst darauf wartete, dass Paddy wieder herein kam.

Sie freute sich über die willkommene Ablenkung. Marie schrieb ihr und lud sich für das nächste Wochenende ein.

„Hi, schön, dass du Zeit hast." „Vielen Dank für die Einladung." „Du hast dich ja ganz schön rar gemacht in letzter Zeit." „Ja, ich musste einen Abgabetermin einhalten und mein Mann war kurz da und da wollte ich natürlich möglichst viel Zeit mit ihm verbringen." „Das verstehe ich." „Wie geht es deiner Schwester und dem Kleinen? Er ist ja so süß!" „Es geht ihnen gut. Ja er ist wirklich zuckersüß." „Hach ja." Hannah hörte aus dem Seufzen eine Sehnsucht nach eigenen Kindern heraus. Aber sie traute sich nicht nachzufragen, so gut kannte sie Marie nun auch wieder nicht, um von sich aus solch intime Dinge anzusprechen. Wenn sie darüber reden wollte, dann würde sie das bestimmt tun.

„Weißt du, mein Mann und ich, wir wünschen uns auch seit Jahren Kinder und ich bin ja inzwischen auch nicht mehr die Jüngste, aber es klappt einfach nicht." „Das tut mir leid für euch. Habt ihr euch schon beraten lassen?" „Ja, ein bisschen, aber wenn du künstliche Befruchtung oder so meinst, dann kommt das für uns nicht in Frage. Vor allem mein Mann lehnt diese Maßnahmen ab, sie sind von der Kirche ja auch nicht anerkannt." „Ja, ich weiß, aber inzwischen sehen viele Pfarrer das ja auch lockerer." „Stimmt. Martin zum Beispiel sieht das bestimmt auch lockerer, aber das ist kein Thema, das ich mit ihm besprechen würde." „Darf ich fragen, woher du ihn so gut kennst?" „Wir haben vorher in einem der anderen Orte der Pfarreiengemeinschaft gewohnt, er ist also schon seit Jahren unser Pfarrer sozusagen. Und ich habe schon mehrfach mit ihm zusammengearbeitet und auch mein Mann und er haben sich angefreundet. Er ..." Marie biss sich auf die Zunge und Hannah fragte nicht nach. Sie wunderte sich zwar zwischendurch darüber, wie verschlossen Marie bei manchen Themen war, aber es gab nun mal Menschen, die ihr Herz auf der Zunge trugen und andere, die einfach sehr privat waren.

„Hach, es tut so gut, hier mit dir zu sitzen. Du wirkst immer so entspannt und mit dir im Reinen." „Ich?" Hannah sah Marie erstaunt an. „Ja, du bist so liebevoll mit deinen zwei Töchtern, du managt das alles alleine und ..." „Das sieht nur so aus. Frag mal Emma und Leni wie oft ich sie anbrülle und wie oft es hier total chaotisch aussieht." „Wirklich?" „Oh ja." „Das beruhigt mich." Marie lachte und Hannah grinste sie an. „Ich kriege ja manchmal meinen Haushalt schon nicht hin und wir sind zwei oder oft nur eine Person." „Ach mei, es gibt wichtigeres im Leben als den Haushalt." „Da hast du Recht und leider ist ein wichtiges Ding mein Artikel, den ich morgen abgeben muss. Hannah, vielen Dank, dass ich dich besuchen durfte!" „Jederzeit wieder."



Paddy:

Endlich wieder nach Hause. Die letzten Tage voller Promo, vollgestopft mit unendlich vielen Terminen waren so anstrengend gewesen.

Paddy rieb sich den Kopf. Er hatte solche Kopfschmerzen und wollte nur noch seine Ruhe haben. Drei Tage frei. Drei Tage ohne Pino, ohne Termine.

Müde stieg er aus dem Auto und streichelte abwesend die Hunde, die ihn freudig begrüßten. Er betrat das Haus und rief in die Leere: „Joelle?" Keine Antwort. Er wusste nicht, ob er sich über die Ruhe freuen sollte, oder ob er genervt war, weil sie nicht da war und auf ihn wartete. Aber sie hatte ja auch gar nicht gewusst, dass er heute kommen wollte, es war also Unsinn genervt zu sein.

Paddy ließ seine Sachen einfach da liegen, wo er stand und warf sich seufzend auf die Couch.

„Aua, Mist. Paddy! Kannst du deinen Scheiß nicht wegräumen? Ich wäre fast über deine Schuhe gefallen."

Müde rappelte sich Paddy auf. Er war wohl auf der Couch eingeschlafen.

„Sorry, ich war so müde." „Ich bin auch müde." Joelle schob seine Tasche und seine Schuhe einfach mit dem Fuß zur Seite und ging in die Küche. Sie öffnete einen Schranktür und holte ein Weinglas heraus. „Möchtest du auch?" fragte sie ihn, als sie bemerkte, dass er ihr gefolgt war. „Ja gerne." Joelle füllte die Gläser ziemlich voll und reichte ihm eins. „Was ist los? Wer hat dich geärgert?" Paddy strich Joelle besorgt eine Haarsträhne aus dem Gesicht, als er sah, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. „Niemand. Wenn dann ich mich, oder mein Körper."

Paddy verstand sofort, was sie damit meinte und nahm ihr das Weinglas aus der Hand, um sie in den Arm nehmen zu können.

„Warum ist das so schwer? Andere bekommen drei Kinder oder mehr und wir? Wir bekommen nicht einmal eins." Joelle schluchzte und Paddy zog sie eng an sich.

Er konnte ihre Enttäuschung verstehen. Aber gleichzeitig hatte er auch das Gefühl, dass sie ihm die Schuld dafür gab. Er war so oft weg, und er lehnte ärztliche Unterstützung ab.

Paddy hatte manchmal Sorge, dass ihr unerfüllter Kinderwunsch ihre Ehe gefährden könnte. Aber er wusste auch nicht, was er dagegen tun sollte.

„Sollen wir eine Runde spazieren gehen?" „Aber es ist doch schon dunkel." „Oh ja, stimmt. Ich bin eingeschlafen. Ich war so müde. Dieser Terminmarathon schlaucht mich."

„Hast du nochmal irgendwann eine Lücke? Können wir nochmal wegfahren? Ganz egal wohin." „Ich schaue nach, okay?"

„Danke. Tut mir leid, dass ich das an dir ausgelassen habe. Ich war heute bei einer Bekannten und sie hat so ein süßes Baby." „Das verstehe ich doch! Ich liebe dich Joelle!" Paddy küsste seine Frau.

Er hatte ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen, denn seit er Hannah wiedergesehen hatte, hatten sich immer wieder Bilder in seinen Kopf geschlichen. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass es Joelle nicht so gut ging.

Ein einziger FehlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt