Verlogen

536 33 5
                                        

Hannah:

Paddy. Oh mein Gott. Paddy war Maries Mann. Marie war Joelle. Warum hatte sie das nicht erkannt? Gut sie sah total anders aus, als auf den paar Fotos, die sie mal gesehen hatte. Aber trotzdem hätte sie sie erkennen können.

Oh Gott. Wie oft hatte Joelle hier bei ihr in der Wohnung oder im Garten gesessen? Wenn sie von ihrem Mann erzählt hatte, dann hatte sie Paddy gemeint.

Oh Gott, sie hatte mit Maries äh Joelles Mann geschlafen. Wie konnte sie ihr je wieder in die Augen sehen.

Das durfte doch alles nicht wahr sein.

Am nächsten Tag saß Hannah im Büro und schrieb an den Pfarrnachrichten für die nächste Woche, als Joelle klopfte und den Raum betrat. „Hallo Hannah, na, wie geht's?" „Gut, danke und dir?" „Auch gut. Du, ich wollte mich dafür entschuldigen, dass ich dir nicht gesagt habe, wer mein Mann ist." „Das verstehe ich gut. Du willst das nicht jedem auf die Nase binden." „Ja genau. Hier wissen bisher kaum Leute, dass Paddy hier wohnt. Wo wir vorher gewohnt haben, da wussten es irgendwann alle, aber sie waren total nett." „Warum seid ihr eigentlich umgezogen?" „Das war blöd. Uns wurde wegen Eigenbedarf gekündigt und dann mussten wir uns ja was Neues suchen. Martin hatte uns erzählt, dass das Haus, in dem wir jetzt wohnen zu verkaufen ist. Es ist wirklich total schön. Jetzt, wo Paddy kein Geheimnis mehr ist, könnt ihr uns gerne besuchen kommen. Die Mädchen könnten im Garten spielen. Unsere Hunde mögen Kinder gerne." „Gerne. Es tut mir leid, aber ich muss die Pfarrnachrichten noch fertig machen und dann Emma und Leni abholen." „Oh, ja klar. Bis bald." „Ja, bis bald." „Ach so. Ähm, Hannah, könntest du mich bitte weiterhin Marie nennen? Ich möchte, dass so wenig Leute wie möglich wissen, wer ich bin. Also ich lüge natürlich nicht, wenn mich jemand darauf anspricht, aber ich binde es auch keinem auf die Nase." „Okay. Ich wünsche dir einen schönen Tag, Marie." „Danke, das wünsche ich dir auch."

Hannah ließ ihren Kopf auf den Schreibtisch sinken, sobald Joelle die Tür hinter sich geschlossen hatte. Sie kam sich so mies vor. Jedes Wort kam ihr wie eine Lüge vor. Sie war eine Schlampe. Sie hatte mit Maries Mann geschlafen. Und jetzt log sie Joelle, nein Marie an. Sie war so ein schlechter Mensch. Sie konnte Marie nicht mehr in die Augen sehen. Wie konnte sie weiterhin mit ihr befreundet sein? Aber sie konnte ihr auch nicht die Wahrheit sagen. Sie wollte Marie nicht unglücklich machen. Sie hatte schon ihre eigene Ehe zerstört, sie wollte nicht auch noch Paddys Ehe kaputt machen.



Paddy:

Joelle hatte gut gelaunt angerufen und von der Unterhaltung mit Hannah erzählt und dass sie sie und ihre Töchter zu ihnen nach Hause eingeladen hatte. Paddy wollte nicht, dass Hannah sein Zuhause betrat. Das kam ihm wie ein weiterer Verrat an Joelle vor. Aber er konnte es ihr nicht sagen und er konnte es auch Hannah nicht verbieten.

In den nächsten Tagen beschäftigte es ihn sehr, dass er Hannah jetzt öfter sehen würde. Er verstand es nicht. Sie hatte doch in Augsburg gewohnt. Was machte sie jetzt in Niederbayern. Warum war sie umgezogen? Warum ausgerechnet in den gleichen Ort, in dem er wohnte. Wie konnte das denn sein? Hatte sie herausgefunden wo er wohnte und wollte in seiner Nähe sein? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen und wie hätte sie das auch herausfinden sollen.

Paddys Gedanken schwirrten wirr im Kreis herum.

Er musste sich zwingen, sich auf den Job zu konzentrieren. Jetzt musste er arbeiten.

Er weit weg von zu Hause und das war gerade auch gut so.



Hannah:

Marie fragte an, ob Hannah zum Kaffeetrinken kommen wollte. Aber Hannah schob irgendeine Ausrede vor.

In den nächsten Tagen meldete sich Hannah nicht bei Marie und ging nicht ans Telefon als sie anrief. Sie wusste, dass es feige war, aber sie wollte Marie nicht treffen. Sie wollte ihr nicht ins Gesicht lächeln und so tun, als ob alles in Ordnung war. Hannahs schlechtes Gewissen Marie gegenüber war so groß. Es verfolgte sie bis in ihre Träume. Hannah hatte Alpträume in denen Marie vor ihr stand und mit anklagendem Finger auf sie zeigte. Sie schrie sie an und beschimpfte sie als Hure, die ihr den Mann weggenommen hatte.

„Hannah?" „Marie, hallo." Hannah sah von ihrem Bildschirm auf u.U. bd zwang sich Marie anzulächeln. Diese setzte sich ihr gut gelaunt gegenüber. „Hi, ich wollte nur mal sehen, ob es dir gut geht. Du warst die letzten zwei Wochen ja gar nicht zu erreichen." „Ja, es tut mir leid, ist grad viel los." Marie sah Hannah fragend an, sie schien zu spüren, dass irgendetwas nicht stimmte. Verletzt stand sie auf. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht stören." „Marie, du störst nicht. Es tut mir leid, wirklich!" Marie konnte gar nicht wissen, wie sehr Hannah alles leid tat. „Dann meld dich einfach, wenn es besser passt." „Ja, das mache ich, versprochen!"



Paddy:

Joelle war ganz traurig, weil Hannah auf einmal keine Zeit mehr hatte. „Sie scheint sauer auf mich zu sein. Vielleicht weil ich ihr nicht gleich gesagt habe, dass du mein Mann bist?" „Nein, das glaube ich nicht. Vielleicht stimmt es ja und sie hat viel zu tun." „Meinst du wirklich?" „Ja, das denke ich schon."

Hannah durfte ihre Wut oder was auch immer auf ihn, nicht an Joelle auslassen. Sie konnte doch nichts dafür. Joelle war das Opfer, auch wenn sie davon nichts wusste. Aber er würde nicht zu lassen, dass Hannah seine Frau verletzte und er musste sichergehen, dass sie ihr nicht sagte, was zwischen ihnen passiert war.

Mit einem Mal bekam Paddy Panik. Was, wenn Hannah Joelle doch erzählte, was sie getan hatten?

Sobald er wieder zu Hause war, würde er mit ihr reden.

Ein einziger FehlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt