April 2020
„Ich werde dich vermissen.", murmelte ich, als ich Volkan ein letztes Mal umarmte. Julian wartete am Bus und verabschiedete sich auch gerade von Marie. Sie hatten es doch noch geschafft zusammenzukommen. „Hey Bambi nicht traurig sein, die Zeit geht schneller vorbei als du denkst.", sagte Volkan und beugte sich zu mir runter um mich zu küssen.
„Wir müssen jetzt los Casanova!", rief Julian und lachte. „Ich werde dir jeden Tag schreiben, versprochen meine Kleine.", meinte Volkan noch bevor er zu Julian joggte.
„Marie, es ist langweilig.", jammerte ich zwei Wochen später. „Ich weiß. Schon scheiße ohne die beiden.", seufzte sie. Ein wenig Hoffnung hatte ich jeden Abend, bevor Volkan auf die Bühne ging, rief er an oder sendete ein kurze Nachricht. Nur heute war es bis jetzt noch nicht geschehen.
„Was ist los?", fragte Marie und sah mich traurig an. „Ich hab noch keine Nachricht bekommen.", meinte ich. „Hat Julian schon geschrieben", fragte ich hinterher. „Ja schon vor einer halben Stunde.", antwortete sie mir.
„Das ist gar nicht gut.", murmelte ich. „Warum? Volkan etwa nicht?", fragte Marie, mindestens genau so verwundert wie ich es gerade war.
„Nein.", seufzte ich und schaute wieder bei WhatsApp rein.
„Hat er bestimmt vergessen und macht es später, da bin ich mir sicher.", munterte Marie mich auf. Brachte nur leider nichts, ich war irgendwie enttäuscht. Es doch die ganze Zeit funktioniert, warum sollte er das jetzt plötzlich vergessen?
„Hey Schatz, Kopf hoch. Ich frag Julian, ob wir zu einer Show kommen können, dann kannst du ihn fragen was los war und jetzt wartest du erstmal ab. Kann ja sein das er sich nach dem Auftritt nochmal meldet.", meinte Marie und ging in Richtung Küche. „Was hast du vor?", rief ich hinter ihr her. „Eis holen und ein Glas Jacky für dich.", antwortete sie und steckte ihren Kopf am Türrahmen vorbei um mich anzuzwinkern.
Ich lachte:„Aber mit Cola oder?"
Marie antwortete nicht mehr, sondern kam schon zurück. „Nein, ohne Cola. Ich glaube du brauchst das gerade. Hab aber Eiswürfel dazu getan.", meinte Marie und stellte das kleine Whiskyglas vor mir ab. Einen der beiden Löffel drückte sie mir in die Hand und öffnete die Packung Vanilleeis. „Hab keine Sahne gefunden.", meinte sie und steckte ihren Löffel tief in das Eis.
„Bist du bereit?", fragte Marie, als wir am Hintereingang der Konzerthalle standen. Nervös zog ich an meiner Zigarette. „Nicht wirklich.", meinte ich und versuchte eine aufkommende Panikattacke zu unterdrücken. Tatsächlich hatte sich Volkan nicht mehr gemeldet und die darauffolgenden Tage auch nicht. Ich war wütend und einfach nur enttäuscht. Wer weiß was mich erwarten wird, ich war der Meinung, ich müsste mir keine Sorgen machen wenn er weg ist. Dennoch hatte ich ein ungutes Gefühl. Wer vergisst schon seine Freundin, wenn man nicht jemanden anderes gefunden hätte?
„Lia, hör mal zu. Ich schätze Volkan als einen echt guten Kerl ein. Deshalb denke ich auch nicht, dass er jemanden hat, es sei denn er ist Schwul geworden. Und egal was passiert, ich bin bei dir.", sprach Marie mir Mut zu, während wir den Backstagebereich betraten. Ich schenkte ihr ein kleines, dankbares Lächeln und bereitete mich Mental auf alles Szenarien vor.
Julian kam gerade von der Bühne und rannte auf Maire zu, die quietschend in seine Arme fiel. „Ih Ju, du schwitzt.", bemerkte sie und ließ ihn los. „Der Bausa hat gearbeitet Schatz.", erwiderte er und küsste sie zärtlich.
„Hey Lia, alles fit?", fragte er an mich gerichtet, um mich nicht stehen zu lassen. Ich schüttelte den Kopf und beobachte Volkan, wie er von der Bühne gelaufen kam.
„Ey Bruder, Überraschung für dich.", rief Julian ihm zu und grinste. Volkans Kopf schnellte hoch und sein Blick traf meinen. „Oh Shit.", hörte ich ihn murmeln, ehe er sich in eine andere Richtung drehte.
„Was war das?", fragte ich Julian. Dieser vermied meinen Blick. „Julian.", sagte ich mit Nachdruck. „Das muss er dir selbst erklären.", sagte Julian leise und ich wusste ganz genau was passiert war.
