Ich überlegte fieberhaft, was ich jetzt tun sollte. Schließlich drehte ich mit dem Stuhl doch in die Richtung von Volkan. „Geht doch.", meinte er und ließ sich nach hinten fallen. „Kannst du das lassen?", fragte ich und beobachtete ihn als er mein Kissen aufschüttete, da ich das heute morgen offensichtlich nicht geschafft hatte. „Woher kommst du? Deutsch bist du nicht oder irre ich mich?", fragte Volkan interessiert. „Nein, ich bin aus Espoo in Finnland.", antwortete ich und setzte mich auch mit auf mein Bett. „Aber ich bin gerne in den höheren Lagen, vor allem im Herbst und Frühling, Polarlichter faszinieren mich einfach. Obwohl ich sie schon so oft gesehen habe, jedes Mal ist es aufs neue einfach nur traumhaft schön.", erzählte ich von meiner heimlichen Schwäche, die mein Land für mich mit sich brachte. „Du liebst es wirklich oder?", fragte Volkan und sah mir in die Augen. „Ja, nur leider bin ich nicht mehr so häufig da, gerade auch weil mein Vater neu geheiratet hatte als ich klein war.", sagte ich traurig. „Irgendwann gehst du doch wieder zurück oder nicht?", fragte er weiter. „Ich habe absolut keine Ahnung. Am liebsten würde ich jetzt schon wieder zurück, aber ohne richtigen Abschluss ist es selbst dort schwierig Fuß zu fassen.", seufzte ich. „Was würde ich dafür geben mal auch nur für ein paar Tage aus Deutschland raus zu kommen.", erwähnte er. „Warum tust du es nicht?", fragte ich vorsichtig. „Viel Geld haben wir nicht, Mama hat mal vor Jahren mir ein Glas Nutella gekauft, das Geld hatte sie sich von der Nachbarin geliehen. Leider hab ich es fallen lassen, man war ich am Boden zerstört, weil es wirklich was besonderes gewesen wäre.", öffnete er seine Familiäre Situation. „Irgendwann werde ich soviel Geld besitzen, dass ich in Nutella baden kann.", scherzte er. Dachte ich, denn sein Blick war ernst. „Das glaub ich dir gerne. Aber ich kann dich ja mal mitnehmen.", meinte ich und ließ meinen Blick zum PC schweifen, der schon den Bildschirmschoner über den Monitor laufen ließ. Volkans Blick folgte meinen. Auf dem Bildschirm war ein Bild von meinem Vater mit seiner alten Band aus den 80'ern. „Wer ist das denn?", fragte Volkan. „Mein Vater mit seiner alten Band.", erklärte ich kurz und entschied mich den PC herunterzufahren. Denn diese Band war wirklich das letzte worüber ich reden wollte, endete meistens eh nur in einer Panikattacke. „Darf ich fragen oder lieber nicht?", erkundigte sich Volkan, nachdem er mich dabei beobachtete wie ich wahrscheinlich wie so oft eher traurig auf das Bild geschaut hatte. Ich schüttelte den Kopf und drehte mich von ihm weg um die aufkommenden Tränen zu verstecken. Dennoch fing wie von alleine an zu reden:„Die Band war grade in Amerika, als Dad sich den Knöchel brach und sie ein paar Tage die Tour unterbrechen mussten. Sein bester Freund wollte den einen Abend bei einer anderen Band feiern, zurück gekommen ist er leider nicht mehr.", schluchzte ich. Ein paar Arme legten sich über meine Hüfte. Volkan sagte überhaupt nichts, er stand einfach nur hinter mir und sendete, komischerweise, eine beruhigende Wirkung auf mich ab. Ich drehte mich um und sah hoch. Man alter war er riesig. „Soll ich gehen?", fragte er leise. Abermals schüttelte ich den Kopf, wer weiß was mir passieren würde wenn er ging.
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