Kobe war stinkwütend. Ungehalten stellte er geräuschvoll eine Handvoll leerer Krüge vor Carlotta ab. Dass Carlotta dadurch verängstigt zusammenzuckte und kaum merklich einen Schritt vor ihm zurückwich, machte ihn nur noch wütender. Mühsam beherrscht presste er seine Kiefer aufeinander und wandte sich rasch ab. Er ertrug es kaum, Carlotta in dieser Verfassung zu sehen.
Bis gerade eben war doch noch alles gut zwischen ihnen gewesen. Er hatte sogar den Eindruck gehabt, dass sie ihm allmählich vertraute und sich in seiner Gegenwart wohl fühlte. Er begonnen ihre Gesellschaft zu genießen, ja, sich regelrecht nach ihr gesehnt. Doch jetzt schien es nicht so, als würde sie ihn in naher Zukunft auch nur in ihre Nähe lassen. Und das alles nur wegen diesem streitsüchtigen Trunkenbold.
,,He, Hübsche, wir wollen auch noch was Trinken", versuchte einer von ihnen da auch schon wenig später Colettes Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Etwas belustigt bemerkte Kobe mit grimmiger Genugtuung, dass Colette durchaus sehr gut in der Lage war die feinen Herren in ihre Schranken zu weisen. Mehr als deutlich bekundete sie ihr Desinteresse und erinnerte jene daran, dass sie nicht die einzigen Gäste hier waren. Demonstrativ drehte sie besagtem Burschen unter dem Gejohle seiner Freunde den Rücken zu. Ganz schön riskant, wie Kobe fand; dennoch zupfte ein Grinsen an seinen Lippen, als er sich entschloss, sich vorsorglich lieber selbst um die Bestellung der Gruppe zu kümmern.
Wachsam behielt Kobe den Schankraum im Blick. Um diese Zeit und bei derartig großen Versammlungen, arbeitete Kobe weniger gern. Die meisten Gäste waren dann von Essensbestellungen längst ausschließlich zu alkoholischen Getränken übergegangen und es war nur eine Frage der Zeit bis der ein oder andere einen sinnlosen Streit vom Zaun brach. Dass die Stimmung heute ohnehin schon ganz schön aufgeladen war, machte es alles andere als besser. Sorgenvoll huschte Kobes Blick daher nicht zum ersten Mal zu Carlotta.
,,Ich bin gleich wieder da, hol' nur eben noch ein frisches Fass Most.", hielt Hannes ihn zurück.
Der Wirt musste nicht erst aussprechen, dass er Kobe die Verantwortung für die Mädchen übertrug. Vor allem für Carlotta. Das war auch so mehr als deutlich. Kobe nickte deshalb nur angespannt.
,,Geht es dir schon ein wenig besser?", fragte Colette Carlotta, während sie am Tresen stehend darauf wartete, bis ihre georderten Krüge aufgefüllt waren.
Carlotta nickte leicht, senkte ihre Augen aber gleich wieder auf den Krug in ihrer Hand, als Kobe in ihnen zu erkennen versuchte, was in ihr vorging.
Etwas verwirrt ließ Colette ihren Blick zwischen Carlotta und Kobe hin und her wandern.
Resigniert zuckte Kobe die Achseln. Er wusste ja selbst nicht, warum sie sich ihm gegenüber plötzlich so verschüchtert und abweisend verhielt.
In Gedanken versunken rechnete Kobe die ersten Tische ab, verabschiedete einzelne Gäste und begann damit, deren Tische abzuwischen und für den nächsten Tag herzurichten. Nach und nach leerte sich der Eingangsbereich, wovon allerdings im Herzen des Wirtshauses nach wie vor nichts zu spüren war. Ganz im Gegenteil. Mehr Leute denn je tummelten sich auf der provisorischen Tanzfläche und auch die Stimmung schien ausgelassener denn je.
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Das Mädchen mit den sprechenden Augen
FantasyCarlotta, die kleine Meerjungfrau, ist eine Träumerin. Nichts beschäftigt sie mehr als das Leben der Menschen, die Natur, die unendliche Weite. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als die Oberwelt zu entdecken. Bald schon ist dieser Wunsch in ihr so...