16. Kapitel - Carlotta

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Carlotta und Rosalie verbrachten einen wunderschönen Tag am Meer

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Carlotta und Rosalie verbrachten einen wunderschönen Tag am Meer. Sie spielten mit Oskar fangen und warfen Stöckchen aus Treibholz für ihn. Sie bespritzen einander mit dem kühlen Nass des Meeres. Rosalie kreischte und lachte, und Carlotta fühlte sich schwerelos vor Glück. Recht bald sanken sie schwer atmend selig und erschöpft zwischen die Dünen auf der Suche nach ein wenig Schatten und etwas Ruhe. Oskar tollte weiter ausgelassen herum, jagte seinem eigenen Schwanz nach und versuchte völlig aufgedreht nach ein paar Möwen zu schnappen. Rosalie kicherte fröhlich und versuchte Oskar halbherzig klar zu machen, dass er dabei nicht die geringste Chance hatte. Doch das kümmerte ihn nicht. Im Gegenteil. Carlotta hatte fast den Eindruck, dass Oskar ganz genau wusste, was er da tat. Dass er Rosalie einfach nur gerne glücklich machte.

Je höher die Sonne stand, desto ruhiger wurden die drei. Bald schon wurde auch Oskar müde und so kuschelten sich die drei in ihrer windstillen Sandkuhle aneinander und träumten zufrieden mit offenen Augen vor sich hin. Carlotta blickte in den wolkenlosen blauen Himmel, die Augen leicht zugekniffen wegen der hellen Sonne und war angenehm schläfrig. Ihre Gedanken wanderten träge dahin. Mal blitzen ihre Schwestern auf. Mal ihre Großmutter. Dann wieder dachte sie an das Wirtshaus und die Wirtsleute. Es kam ihr unglaublich vor, was sie seit dem Morgen ihres 15. Geburtstags alles erlebt hatte. Nicht im Traum hätte sie sich das alles ausmalen können.

Etwas Nasses klatschte ihr ins Gesicht und holte sie jäh wieder in die Wirklichkeit zurück. Rosalie war aufgestanden und hatte ihr soeben eine Handvoll Salzwasser ins Gesicht gekippt. Diese freche kleine Wassernixe, dachte Carlotta amüsiert, sprang auf und versuchte Rosalie zu erwischen.

*

Nach der darauf folgenden Wasserschlacht setzte sich Carlotta ans nasse Ufer und begann unbewusst den Sand mit ihren Fingern zu formen. Erst als Rosalie ihr entzückt über die Schulter sah, wurde ihr bewusst, dass sie in Gedanken wohl schon wieder bei sich zuhause gewesen war. Sie hatte eine täuschend echte Nachbildung des Palastes ihres Vaters gebaut. Etwas verunsichert betrachtete sie ihn. Schon seltsam wie sehr sich ihr Unterbewusstsein offenbar nach Hause zurücksehnte. Dabei hatte sie bis vorgestern alles dafür getan endlich von dort wegzukommen.

Auf einmal musste sie an die Unterhaltung von Rosalie und Emilie zurückdenken. Ob Emilie Rosalies Geschichte über Carlotta als Meerjungfrau wohl Glauben schenkte? Nachdenklich erhob sich Carlotta und versuchte den Sand so gut es ging aus ihrem Kleid zu klopfen. Am Strand fand sie vereinzelt ein paar angespülte Muscheln und als die Sonne tiefer wanderte und die drei sich auf den Weg zurück machten, ließ sie ein paar davon in den eingenähten Taschen ihres Kleides verschwinden. Fast als hätte sie ein Stück Heimat bei sich.

*

Am Abend nach einer kleinen ,Brotzeit', wie Emilie es nannte, bestimmte selbige, dass Carlotta von nun an immer in derselben Kammer schlafen durfte, in der sie bereits einmal geschlafen hatte. Kobe schien davon zwar nicht besonders angetan, er wagte es aber offensichtlich auch nicht Emilie in dieser Angelegenheit zu widersprechen und damit war die Sache vom Tisch. Anschließend wusch man sich nacheinander das Gesicht, Arme und Beine in einem kleinen Trog mit angenehm erfrischendem Wasser aus einem Brunnen im Hof draußen und ging dann zu Bett. Hannes sah nochmal kurz nach den Tieren und Emilie räumte noch ein wenig in der Schenke herum, ansonsten war es still.

Carlotta saß auf der Kante ihres Schlaflagers und hörte auf die beruhigenden Geräusche der Nacht. Der warme Sommerwind ließ die Zweige der Bäume rascheln. Ein einsamer Schrei einer Möwe. Das Geräusch leiser Schritte auf der schmalen Holzstiege. Das Knarzen des Dielenbodens.

Sie ließ sich gemächlich in die Laken zurücksinken und blickte durch die Dachluke nach draußen in den Nachthimmel. Er war übersät von tausenden und abertausenden funkelnder Sterne. Großen und kleinen. Näher und weiter entfernten. Und in der Mitte aller thronte der strahlend helle Mond. Er war so groß und voll, dass Carlotta sogar ein paar dunklere Schatten auf ihm ausmachen konnte. Wer da oben wohl wohnte? Mit diesem Gedanken und der freudigen Erwartung auf den morgigen Tag glitt Carlotta langsam in einen dornröschenhaft tiefen Schlaf.

Das Mädchen mit den sprechenden AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt