20. Kapitel

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„Passt er? Drückt etwas?", fragt Tony und tastet an Lucindas Anzug herum.
„Nein, er sitzt perfekt."
Tony hat Lucindas Anzug endlich fertiggestellt.
Er wird ihr helfen, sich in der Nähe der Sonne aufzuhalten, ohne sich dabei lebensgefährlich zu verletzen. Jedenfalls ist das der Plan.
„Sobald die Außentemperatur über 4000 Grad erreicht, wird ein Kühler aktiviert", erklärt er ihr.
„Er bewahrt dich vor größerem Schaden, aber es liegt vor allem an deiner Hitzeimmunität, dass du dich am Rand der Sonne aufhalten kannst."
„Ich weiß", murmelt Lucinda.

„Er funktioniert genauso wie der Anzug, den wir Clint gegeben haben, also was das Zeitreisen angeht, meine ich." Er schraubt an dem Koordinationsgerät um ihr Handgelenk herum.
„Du gibst die nötigen Daten ein und sofort bist du dort, wo du sein willst."
Tony händigt Lucinda ein Blatt Papier mit seltsamen Ziffern und Buchstaben aus.
„Das sind die Koordinaten der Sonne, die du benötigst. Keine Angst, die musst du dir natürlich nicht merken, du tippst sie dann einfach ab."
Lucinda atmet nervös ein und aus und nickt.
Dann händigt Tony ihr die letzten beiden Testkapseln mit dem Pym-Partikeln aus.

„So, bist du bereit für einen Testgang?", fragt er.
„Ich... äh", stottert sie.
Tony fährt sich besorgt durch die Haare.
„Du musst keine Angst haben, es klappt einwandfrei, glaub mir. Clint hat es getestet, indem er in die Vergangenheit gereist ist und es hat funktioniert. Dann wird es umgekehrt auch klappen."

„Brauchst du seelische Unterstützung?", ertönt es hinter ihnen.
Mit einem grinsen betritt Bucky den Raum und stellt sich zu ihnen.
„Ja, ich bin mir sicher, deine Anwesenheit bewirkt Wunder", gibt Tony sarkastisch zurück und verdreht die Augen.
Es ist komisch, aber jetzt wo Bucky hier ist, geht es Lucinda tatsächlich ein wenig besser.
Ihr Herz hämmert nicht mehr ganz so schnell wie vorher und ihre Anspannung sinkt.

„Okay Tony, ich bin bereit", presst sie hervor und will sich die schwitzigen Hände am Anzug abwischen, aber wegen dem Metall rutschen sie einfach weg.
„Alles klar, tippe dein Ziel ein, Lucinda. Einfach irgendetwas, das dir einfällt, solange es in der Zukunft ist. Hast du es? Perfekt, also 3...2...1"

Vor Lucindas Augen verschwimmt alles und plötzlich findet sie sich in enormer Geschwindigkeit durch den Quantenraum rasen.
Nach wenigen Sekunden wird es hell und sie fällt hart auf den Boden.
Stöhnend rafft sie sich auf und zieht den Helm ab.
Sie ist in ihrer Schule, genau dort, wo sie hinwollte.
„Wer bist du!?"
Erschrocken fährt sie um. Fassungslos sieht ein junger Schüler sie an.
„Wie zum... Wo kommst du her?!", stammelt er.
„Du bist gerade einfach aufgetaucht, aus dem Nichts!"
Ohne ihm zu antworten, rennt sie los.
Sollte die Schule um diese Zeit nicht leer sein?! Es ist doch Samstag!
Sie sieht auf ihr Koordinationsgerät. Verdammt!
Sie hat das Datum zu früh eingestellt. Statt im Jahr 2025, wo sie ursprünglich hinwollte, befindet sie sich jetzt im Jahr 2015.

Während sie rennt achtet sie nicht auf ihre Umgebung und donnert kurzerhand in einen weiteren, unschuldigen Schüler.
Das ist jetzt ein Witz oder?", denkt sie sich genervt.
„Tut mir leid", murmelt sie und reibt sich den Kopf.
Das ist nicht irgendein Schüler.
Es ist Peter Parker, aber er ist noch so jung.

Panisch hält sich den Helm vor das Gesicht.
Er darf sie nicht erkennen!
„Schon okay, gehts dir gut?", fragt er.
„Ja, mir gehts gut", sagt sie in einer gespielt tiefen Stimme und dreht sich um.
„Warte!", ruft er. „Warum hast du diesen komischen Anzug an?"
Doch Lucinda hört nicht auf ihn, sondern stürmt geradewegs ins Mädchenklo.

Hastig steckt sie die zweite Kapsel in das Gerät, tippt das richtige Datum ein und setzt den Helm wieder auf.
12.07.2025
Derselbe Ort, aber diesmal in der Zukunft.
Wieder wird alles verschwommen und kurz darauf befindet sie sich noch immer auf dem Mädchenklo, aber die Fließen auf dem Boden haben eine andere Farbe und an der Wand sind Kritzeleien zu lesen.
RIP humanity oder never forgotten.
Tränen steigen in Lucindas Augen, doch ehe sie sich versieht, befindet sie sich wieder in Tonys Labor.
Erleichtert atmet sie aus.
„Alles in Ordnung?", erkundigt sich Bucky.
„Ja", schnauft sie. „Alles okay."
„Hat es funktioniert?", fragt Tony erwartungsvoll.
„Konntest du in die Zukunft reisen?"
„Ja", antwortet Lucinda knapp.
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Den Nachmittag über führen sie einige Tests mit dem neuen Anzug durch.
Diesmal  ist Lucindas Hand von ihrer Rüstung geschützt, während sie in die lodernde Flamme fasst.
Tony hatte Recht.
Sobald die Temperatur auf über 4000 Grad erhöht wird, spürt sie eine kühle Luft, die im inneren des Anzugs hinausbläst.
„Sollte irgendetwas schief gehen", sagt Rhodey, „wendest du die Technik an, die Loki dir vorgeschlagen hat."
„Du meinst, sie soll ihren gesamten Körper in Brand setzen?", fragt Bucky verdutzt.
Rhodey nickt.
„Kannst du das?", flüstert Bucky ihr zu.
„Weiß ich nicht", flüstert sie zurück. „Ich muss es noch üben."
Lucinda hat in den letzten Tagen immer wieder versucht, Teile ihres Körpers, ausgenommen ihrer Hände natürlich, in Flammen aufgehen zu lassen, aber das ist gar nicht so einfach.
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„Ich habe Quill und sein Haustier über unser Vorhaben informiert", sagt Natasha am Abend.
„Sie werden sich mit ihrem Raumschiff so nah wie möglich aufhalten, solange Lucinda da draußen ist. Im absoluten Notfall kann Lucinda dann zu ihnen fliegen, auch wenn's extrem lange dauert."
Mit Haustier meint sie natürlich Rocket, aber sie machen sich immer lustig über den sprechenden Waschbär.

Morgen ist es so weit.
Dann werden sie und Carol durch Scotts und Tonys atemberaubende Erfindung zur Sonne gelangen, um den siebten Infinity Stein zu holen.
Zu sagen, sie ist aufgeregt, wäre stark untertrieben.
Sie hat Todesangst.
In der Nacht bringt sie kein Auge zu, die grausamen Gedanken quälen sie rund um die Uhr.
Je näher der Tag rückt, desto panischer wird sie.
Was, wenn sie den Infinity Stein nicht finden?
Oder wenn Thanos ihn sich vor ihnen geschnappt hat?!

Lucinda sitzt nachdenklich vor ihrem Fenster und blickt in den Himmel. Schlafen kann sie sowieso nicht, also hat sie aufgegeben, es zu versuchen.
Dann klopft es leise an der Tür.
„Komm rein, Buck", murmelt sie.
Woher sie weiß, dass es Bucky ist, ist ihr selbst nicht bewusst. Vermutlich Intuition.
„Hey!", sagt er.
„Hey", antwortet sie geistesabwesend.
„Geht es dir gut?", fragt er und tritt in ihr Zimmer.
„Den Umständen entsprechend", antwortet sie.
Er stellt sich neben sie und betrachtet sie betrübt.
„Hast du Angst?", will er wissen.
Lucinda nickt stumm. Es fällt ihr schwer, das zuzugeben, aber wenn sie sich nicht bald jemanden anvertraut, dreht sie durch.

„Vertrau mir wenn ich sage, dass du das stärkste und tapferste Mädchen bist, das ich jemals getroffen habe", spricht er sanft.
„Wenn jemand dieser Mission gewachsen ist, dann du."
Lucinda lächelt schüchtern.
„Danke Bucky. Aber was, wenn es schiefgeht? Was wenn der Stein nicht da ist oder..."
„Lucinda", unterbricht Buck sie.
„Mach dich nicht kleiner als du bist. Du bist unglaublich. Du besitzt Kräfte von unvorstellbarer Macht, kein anderer wäre imstande, sich einfach mal so der Sonne zu nähern."
Er macht eine kurze Pause und kichert.
„Naja außer diese Alienfrau."
Lucinda lacht und Bucky strahlt sie erleichtert an.
„So gefällst du mir schon viel besser", sagt er.

Eine Weile lang sagt niemand etwas.
Lucinda legt ihren Kopf auf die Arme am Fensterbrett und starrt hinaus.
Buckys Anwesenheit beruhigt sie auf eine seltsame Art und Weise, auch, wenn sie nicht miteinander reden.
„Versuch noch ein bisschen zu schlafen", sagt er und lächelt ihr zu.
Dann geht er aus ihrem Zimmer.
Den Rest der Nacht verbringt Lucinda im Halbschlaf, wobei sie nebenbei immer wieder in Gedanken an den morgigen Tag ist.
Es muss funktionieren", sagt sie sich. Immer und immer wieder.

Catching The Infinity (Avengers Story 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt