22. Kapitel

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„Er ist noch in der Sonne?", ruft Carol ungläubig.
„Ja", antwortet Lucinda.
„Was sollen wir tun?", fragt Carol.
„Ich fliege hinein und hole ihn", sagt Lucinda.
„Bist du dir sicher, dass du das aushältst?", erwidert Carol erschrocken.
„Ja", antwortet sie. „Nein...", denkt sie

Sie schnauft tief durch und nähert sich dem gigantischen Feuerball. Die Hitze ist enorm und je mehr sie den Abstand zwischen sich und der Sonne verkleinert, desto unangenehmer wird es. Schon jetzt spürt sie die Schweißperlen auf ihrer Stirn und nicht einmal Tonys Kühlmechanismus kann gegen diese Temperaturen noch etwas ausrichten.

„Augen zu und durch", denkt sie sich.
Wie schwer kann das schon sein? Rein, Stein schnappen, wieder raus. Dafür braucht sie keine zehn Sekunden. Sie fixiert den Stein vor sich und aktiviert dann die Triebwerke an ihren Füßen. Am liebsten würde sie durch ihre eigenen Kräfte fliegen, aber das würde ihre Haut nicht aushalten. Im Kopf zählt sie bis drei und dann fliegt sie in die Sonne hinein.

Die ersten fünf Meter funktioniert alles einwandfrei, aber plötzlich beginnt das Wort „Alarm" auf ihrem Visier aufzutauchen. Der Anzug ist diesen Temperaturen einfach nicht gewachsen, die Hitze wird ihn unweigerlich zerstören. Eines der Triebwerke versagt plötzlich und Lucinda kann sich nur noch mit einem der beiden fortbewegen.
Sie beißt die Zähne zusammen und verlagert ihr Gewicht, sodass sie nicht auf die Seite kippt. Sie kommt nur noch schleppend voran und es ist nur eine Frage der Zeit, bevor das andere Triebwerk auch den Geist aufgibt. Es ist mittlerweile schwer beschädigt, das merkt sie an den seltsamen, zischenden Geräuschen, das es von sich gibt.
So viel zum Thema zehn Sekunden", denkt sie sich genervt.

Und als wäre das nicht schon Problem genug, wachsen die stechenden Schmerzen an ihrem Körper ins Unerträgliche. Das andere Triebwerk versagt nun ebenfalls vollständig und Lucinda weiß nicht, wie lange der Anzug sie überhaupt noch schützen kann. Sie hat keine Wahl, beide ihrer Triebwerke sind kaputt und sie droht bei lebendigem Leib zu verbrennen. Sie muss ihre eigenen Kräfte als Triebwerke nutzen, sonst kann sie sich nicht fortbewegen.
Lucinda reißt sich zuerst den einen, dann den anderen Schutzhandschuh herunter.
Augenblicklich spürt sie die unerträglichen Verbrennungen, die nach und nach ihren Arm hinaufwandern.
Am liebsten würde sie sofort wieder hinausfliegen, aber sie brauchen diesen verdammten Stein.

Lucinda erzeugt ihre blauen Flammen und stößt sich damit langsam nach vorn. Der Schmerz lässt etwas nach, sobald das selbst erzeugte Feuer ihre Hand umhüllt, wie Loki es gesagt hat.
Der Stein ist nicht mehr weit entfernt, er ist nur noch wenige Meter entfernt. Sie befiehlt sich, Ruhe zu bewahren und bewegt sich mit aller Kraft weiter fort, bis sie ihn endlich erreicht.

Energisch packt sie ihn und dreht sich um.
„Lu...da, ..rst mich", hört sie Carol aus dem Funkgerät rufen.
„Ja", schnauft sie.
„Du m..st .. so sch.. .ie ..öglich ..aus!"
Lucinda kann ihr nicht antworten. Aus ihrer Kehle gelangen nur krächzende, schmerzverzerrte Laute. Sie hat das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. Gleich hat sie es geschafft, gleich ist die draußen.  Nur noch wenige Meter.
Sie hat es geschafft! Sie ist draußen!
Zitternd betrachtet sie ihre Hände. Es sieht schrecklich aus. Sie sind rot, geschwollen und Rauch dringt aus ihrer Haut. Jetzt kann sie nur noch auf ihre rasche Wundheilung hoffen, sonst wird sie für den Rest ihres Lebens mit Krüppelhänden leben müssen.

Mit Tränen in den Augen presst sie die Hände an ihre Brust. Es tut so verdammt weh, der Schmerz ist unbeschreiblich.
„Carol!", winselt Lucinda. „Ich bin draußen."
Sie wartet einen Augenblick, aber sie kann nur ein Rascheln und Knistern hören.
„Carol, hörst du mich?"
Wieder keine Antwort.
Lucinda betet, dass es Carol gut geht. Sie kann nicht länger warten, sie muss zurück auf die Erde.
Mit letzter Kraft tippt sie die Daten in ihr GPS-Gerät ein, um zurück zum Hauptquartier zu gelangen, dann wird ihr schwarz vor Augen.
.
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Als sie aufwacht wird sie von einem hellen Licht geblendet. Benommen hält sie sich die Hand vors Gesicht und genehmigt ihren Augen einige Sekunden, um sich an das Licht zu gewöhnen.
Lucinda liegt im Bett, ihre beiden Hände sind verbunden und schmerzen bei jeder Bewegung.
Trotzdem schafft sie es, sich aufzurichten. Sie ist in ihrem Zimmer oder besser gesagt, in dem Zimmer des Hauptquartiers, das ihr zur Verfügung gestellt wurde.

Der Stein. Wo ist der Stein?!
Erschrocken springt sie aus den Bett, doch ihre Füße tragen sie nicht lange und sie fällt auf den Boden.
Die Tür zu ihrem Zimmer öffnet sich und Tony stürmt hinein.
„Oh mein Gott Lucinda!", ruft er erleichtert und schließt sie in die Arme.
„Der Stein, wo ist er?", presst sie hervor.
„Keine Sorge, den haben wir. Ich bin gerade dabei, den Prototyp eines Handschuhs zu konstruieren", erklärt er.
„Und Carol?"
Tony zuckt mit den Schultern. „Von ihr haben wir bis jetzt nicht gehört."

„Wie lange habe ich geschlafen?"
„Etwa vier Stunden und anscheinend hast du noch immer genug Energie, um aus dem Bett zu hüpfen. Leg dich wieder hin", befiehlt er.
„Nein, ich kann jetzt nicht schlafen", protestiert sie.
„Du hast viel durchgemacht, deine beiden Hände sind geschwollen und mit heftigen Brandblasen übersät. Ist der Anzug da etwa kaputtgegangen?"
„Nein, nur die Triebwerke sind zerstört worden, die Schutzhandschuhe habe ich mir selbst abgerissen, um mich fortzubewegen."
„Achso", murmelt Tony beschämt. „Es tut mir leid, ich dachte, der Anzug hält das aus."
„Schon gut Tony", beruhigt sie ihn. „Wo sind die anderen?"
„Im Labor", antwortet er.
Lucinda will aufstehen, aber Tony hält sie auf.
„Tu mir einen Gefallen und schlaf ein wenig."
„Ich will nicht schlafen, ich will euch helfen", sagt sie.
„Lucinda, du hast uns genug geholfen, ohne dich wäre das hier alles nicht möglich."
„Dann schaue ich eben zu, Hauptsache ich muss nicht im Bett liegen."

Lucinda zieht sich an und wäscht sich, so weit es ihre  Verletzungen zulassen. Dann begibt sich in den Aufenthaltsraum zu den anderen.
„Lucinda!", ertönt es aus allen Richtungen und von jeder Seite kommt jemand angerannt, um sie zu umarmen.
Der silbere Stein liegt verschlossen in einer Glasvitrine auf Tonys Pult. Er sieht überhaupt nicht auf wie ein Infinity Stein. Viel mehr wie eine ovale Murmel.
„Du hast wirklich etwas geleistet", lobt Scott sie stolz.
„Wie läuft es mit dem Handschuh?", will Lucinda wissen.
Ihr Blick fällt auf ein Podest, auf dem die Umrisse eines Handschuhs erkennbar sind. Ein Laser fährt die einzelnen Linien sorgfältig nach und formt damit den Handschuh von selbst.

„Ganz gut bis jetzt", entgegnet Tony beiläufig und tippt etwas in seinen Computer ein.
„Er dürfte morgen fertig sein."
„Wer wird ihn benutzen?", fragt Clint plötzlich.
Überrascht fahren alle zu ihm um. Er hat recht. Wer wird mit dem Handschuh schnipsen?
„Spielt das denn eine Rolle?", fragt Rhodey.
Loki nickt.
„Auf jeden Fall. Dieser Schnipser geht mit einer enormen Kraft einher. Einen normalen Menschen würde das sofort umbringen."
„Oh", bringt er auf diese Aussage nur heraus.
„Einen Menschen vielleicht", entgegnet Thor. „Aber keinen Gott oder?"

Catching The Infinity (Avengers Story 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt