Catching The Infinity (Avengers Story 2)

21. Kapitel

Am nächsten Morgen ist die Stimmung angespannt.
Selbstverständlich.
So eine Mission gab es bei den Avengers noch nie und wird es auch hoffentlich nie wieder geben.
Tony kommt im Morgengrauen zu Lucinda und hilft ihr, sich vorzubereiten. Er überprüft ein letztes Mal die Tauglichkeit ihres Anzugs, erklärt ihr nochmals Schritt für Schritt was zu tun ist und spricht ihr Mut zu.

Der Anzug sitzt, das GPS-Gerät funktioniert, aber ihr Herz hämmert so schnell gegen ihre Brust, dass sie das Gefühl hat, sich jeden Moment übergeben zu müssen.
Carol ist bereits vorausgeflogen. In der Geschwindigkeit, die sie zurücklegen kann, hat sie die Sonne in Null Komma nichts erreicht.

„Wir können leider von hier aus nicht mit dir kommunizieren", erklärt Tony schweren Mutes.
„Aber du und Carol seid die ganze Zeit in Kontakt, da musst du dir keine Sorgen machen. Sie teilt dir mit, sobald sie den Stein gefunden hat und dann befördert sie ihn zu dir raus."

Carol kann nicht ewig in der Sonne bleiben, das ist allen klar. Sobald Lucinda den Stein hat, kehrt sie auf die Erde zurück, sie erschaffen den Handschuh und dann nutzen sie ihn, um die anderen zurückzuholen. Danach muss der Stein sofort wieder zurück an seinen ursprünglichen Ort, sonst kann es sein, dass auch noch die andere Häflte der Lebewesen wegen ihnen vernichtet wird.

Lucinda setzt die Glaskapsel mit den Pym-Partikeln zitternd in ihr GPS-Gerät ein. Dann liest sie die Koordinaten ab, die Tony ihr gegeben hat, und tippt sie ein. Als sie fertig ist, fasst Tony sie sanft an den Schultern.
„Du schaffst das, das weiß ich."
„Das wissen wir alle", fügt Natasha hinzu.

Diese Mutansprachen der beiden sollten wohl irgendeinen Eindruck bei Lucinda hinterlassen, aber sie ist so nervös, dass sie überhaupt nicht zuhören kann, was die anderen zu ihr sagen.
„Carol ist angekommen", murmelt Tony und hält einen Finger an sein Hörgerät.
„Quill und Rocket sind auch bereit", murmelt Natasha.
„Ich bin's auch", sagt Lucinda entschlossen.

„Verstanden, Lucinda. In 3...2...1..."
Sie wirft Bucky einen flüchtigen Blick zu, dann schnauft sie einmal tief durch und drückt auf den Knopf an ihren Koordinationsgerät.
Die Irrfahrt durch den Quantenraum dauert nur wenige Sekunden, dann wird sie inmitten des Weltraums ausgespuckt.

Lucinda braucht einen Moment, um sich wiederzufinden.
Die stechende Hitze, die sie einige Meter von sich entfernt spürt, bringt sie schließlich in die Realität zurück.
„Ganz ruhig", befiehlt sie sich.
Die Kühler im Anzug werden sofort aktiviert, und auf ihrem Visier im Helm wird die Außentemperatur angezeigt.
5046 Grad.
Es ist verdammt heiß, selbst Tonys Anzug kann diese Hitze nicht vollständig abwehren, aber das war ihr ja von Anfang an bewusst.

„Carol?", schnauft Lucinda. „Hörst du mich?"
„Ja, ich höre dich."
Lucinda dreht sich einmal um die eigene Achse, bis sie Carol entdeckt.
Sie kommt gerade auf Lucinda zugeflogen.
„Es hat funktioniert, unglaublich", lacht sie begeistert, als sie Lucinda sieht.
„Wie lange hast du gebraucht?", fragt sie Carol.
„Etwa sieben Minuten, ist schon ein gutes Stück bis hierher."
„Wo sind Quill und Rocket?", will Lucinda wissen.
„Etwas weniger als ein ein paar Monate dort hinten", gibt Carol scherzhaft zurück und deutet mit dem Finger in die unendliche Ferne.

Sollte es wirklich schiefgehen, ist Lucinda gezwungen, den ganzen Weg zu Quills und Rockets Raumschiff zu fliegen. Dank ihrer Kräfte wird sie dafür vermutlich nicht ganz so lange brauchen, wie zunächst angenommen, aber es ist dennoch eine lange Strecke.
Lucinda gibt sich alle Mühe, diese Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen, und konzentriert sich voll und ganz auf ihre Mission.

„Der Stein befindet sich in der Mitte der Sonne", erklärt Carol.  „Ich fliege jetzt rein. Sobald ich ihn gefunden habe, gebe ich dir Bescheid."
Lucinda nickt.
Sie schwitzt, weil es so unerträglich heiß ist. Wie zum Teufel hält Carol das aus? Was für eine seltsame Mutation ist sie überhaupt?

„Bis gleich", sagt sie, dann schießt sie in den gigantischen Feuerball.
„Sei vorsichtig", ruft Lucinda ihr noch hinterher.
Einige Sekunden verstreichen.
Lucinda wartet unterdessen angespannt. Viel mehr kann sie auch gar nicht tun. Immer wieder blickt sie sich um, für den Fall das Thanos Armee mit einem gewaltigen Raumschiff auf sie zugesteuert kommt, aber sie ist ganz alleine.
Endlich hört sie Carol durch ihr Funkgerät.
Das Rauschen ist so dermaßen laut, dass sie nur einzelne Worte hört. Aber die reichen ihr, um die Information zu verstehen.
Carol hat den Stein gefunden.

„Sehr gut!", ruft Lucinda erleichtert.
„Gib mir deine Koordinaten, Lucinda, ich befördere ihn jetzt zu dir hinaus."
Lucinda liest ihre Koordinaten laut vor und hofft, dass Carol sie versteht. Dann wartet sie und wartet, aber sie kann den Stein nicht sehen.
„Hast du ihn schon?", antwortet Carol.
„Ihn haben? Er ist doch noch nicht einmal draußen", denkt sie sich verwundert.
„Nein, er ist noch nicht bei mir angekommen", sagt Lucinda.
„Wie bitte? Aber er muss schon längst bei dir sein, ich habe ihn geworfen. Sieh dich mal um."

Lucinda fliegt umher und schaut sich in unmittelbarer Nähe um, aber er ist nicht aufzufinden.
„Bist du dir sicher, dass du ihn in die richtige Richtung geworfen hast?", fragt Lucinda.
„Natürlich, ich habe ihn genau in die Richtung geworfen, aus der ich gekommen bin, vielleicht einige Meter versetzt. Außerdem hatte ich ja deine Koordinaten."

Langsam bekommt Lucinda Panik.
Wo ist der Stein?
Noch einmal fliegt sie im Umkreis von mehreren hundert Metern an der Sonne entlang, aber da ist nichts.
„Oh nein", denkt sie.
Sie beginnt zu hyperventilieren und das ist nicht gut. Sie darf jetzt nicht ausrasten, sie muss Ruhe bewahren.
„Carol!", ruft sie verzweifelt. „Ich kann ihn nicht finden!"

Und dann sieht sie ihn. Klein und silbern strahlend schwirrt er in dem Feuerball herum. Er ist nicht besonders weit drinnen, Gott sei dank. Etwas mehr als dreißig Meter schätzt sie. Aber hält ihr Anzug diesen Temperaturanstieg aus? Am Rand der Sonne sind es um die fünftausend Grad, aber wie heiß wird es, wenn sie hineinfliegt?
„Ich sehe ihn, Carol", stammelt Lucinda nervös. „Aber er ist noch immer in der Sonne."