24. Kapitel

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„So und jetzt hau ab und lass mich meinen Job machen", knurrt der Mann Lucinda an.
„Und keine Tricks, sonst blas ich ihr den Kopf weg und dir auch."
Ein Knall ertönt und der Mann hält sich schreiend das Bein fest. Die Frau löst sich panisch aus seinem Griff und tritt einige Schritte zurück.
Der Verbrecher hüpft fluchend auf einem Bein, das andere hält er mit beiden Händen umklammert.
Lucinda sieht Blut auf den Boden tropfen.

„Wenn du nicht verschwindest, blas ich dir den Kopf weg", sagt eine tiefe Stimme.
Lucinda erhebt sich vom Boden und blickt erschrocken in das Gesicht von Bucky.
„Du kannst nicht einfach abhauen, ohne was zu sagen", flüstert er ihr streng zu.

Bucky bückt sich und hebt das Geld auf, das dem Mann aus der Hand gefallen ist, nachdem er ihn angeschossen hat.
„Keine Sorge, wir kümmern uns um ihm", entgegnet er und händigt ihr das Geld aus. Die Frau bedankt sich hastig und eilt dann davon, ohne sich umzudrehen.

Lucinda steht nur stumm da und sieht dem vor Schmerzen taumelnden Mann dabei zu, wie er versucht, die Blutung zu stoppen.
„Machen Sie nicht so ein Theater", sagt Bucky genervt und stellt sich vor ihn.
„Das war ein Streifschuss. Hätte ich Sie getroffen, würden Sie jetzt ganz andere Schmerzen erleiden."

Der Mann blickt Bucky finster an.
„Bist du auch einer dieser Avengers? Ihr habt unser Leben zerstört, ihr alle. Am liebsten würde ich..."
Bevor er weiterreden kann, verpasst Lucinda ihm einen Stromschlag in den Nacken, der ihn augenblicklich bewusstlos macht.
Es tut ziemlich weh in der Hand, aber wenn sie diesen Mann noch länger reden gehört hätte, hätte sie für nichts mehr garantieren können.

„Was tust du hier, Bucky?", fragt sie etwas kühler als gewollt.
„Dir helfen?"
„Ich hatte alles im Griff, danke", erwidert sie.
„Das habe ich gesehen", entgegnet er scherzhaft.
„Ich hätte ihn erledigt, sobald er die Waffe von der Frau abgelassen hätte."

„Warum bist du überhaupt gegangen, ohne etwas zu sagen?", fragt er.
„Ich wollte eben raus an die frische Luft", sagt sie. „Und ich wollte nicht, dass es jeder mitbekommt. Warum bist du mir gefolgt?"
„Naja, weil ich mir Sorgen gemacht hab, als du plötzlich weg warst", gibt er zu.
„Musst du nicht, mir geht es gut, ich kann auf mich selbst aufpassen."
„Nicht ganz", antwortet er grinsend.
„Ich hätte ihn erledigt!", brummt sie. „Wenn meine Hände nicht so verwundet wären, hätte ich ihn sofort mit meinen Blitzen beschossen."

Bucky seufzt.
„Du solltest deine Hände wirklich schonen und das Verbrecherjagen den anderen überlassen, bis du wieder gesund bist", sagt Bucky.
„Vielleicht hat die Polizei dann ja auch mal wieder etwas zu tun", murmelt er leise vor sich hin.

Lucinda sieht etwas mitleidig auf den bewusstlosen Mann herab.
„Wir sollten ihn lieber in ein Krankenhaus bringen, bevor er noch an seinem Streifschuss verreckt."
„Das wollen wir natürlich nicht", sagt Bucky sarkastisch.
Lucinda tippt eilig den Notruf, schildert ihnen grob, was passiert ist und teilt ihnen die Adresse mit.
Dann kniet sie sich zu ihm hinunter und verbindet die Wunde mit einem Stofffetzen von ihrem T-shirt, um die Blutung zu stoppen.
„Das sollte hinhauen", sagt sie zu sich selbst.

„Und jetzt nichts wie weg, bevor uns noch jemand in deiner Nachbarschaft sieht", drängt Bucky und zieht sie hinter sich mit. Den Mann lassen sie am Gehweg liegen, die Sanitäter werden sich schon um ihn kümmern.

Als sie zurück ins Hauptquartier kommen, sind die anderen noch immer so mit ihren Plan beschäftigt, dass sie nicht einmal gemerkt haben, dass Lucinda und Bucky weg waren. Der Handschuh, den Tonys Laser anfertigt hat, ist so gut wie fertig. Bleibt nur noch zu hoffen, dass er auch so funktioniert, wie sie sich es vorstellen.
Wenn nicht, war alles umsonst.

„Lucinda!", ruft Tony, als er sie um die Ecke biegen sieht.
Lucinda bleibt stehen und wartet auf Tony, der eilig auf sie zuläuft.
„Wir sehen..., naja wie soll ich das sagen", er kratzt sich nervös am Bart, „Veränderungen, was unsere Galaxie betrifft."
Lucinda versteht nicht ganz, worauf er hinauswill.
„Ist das schlimm?", will sie wissen.
„Nunja, diese Veränderungen werden durch die immer geringer werdende Energie der Sonne verursacht", erklärt Tony.
„Der Stein war ihr Energieträger und selbst jetzt, wo Carol der Sonne ihre Energie verleiht, hat sie nicht die nötige Kraft, um sie damit für einen längeren Zeitraum zu versorgen. Der Stein ist um einiges mächtiger als sie und es sieht so als, als verliere die Sonne jede Stunde an Umfang."

„Du meinst, sie wird kleiner?", fragt Lucinda.
„Ich könnte dir jetzt den Kernfusionsprozess erklären, aber das würdest du nicht verstehen, nehme ich an. Sagen wir, ihre Masse reduziert sich plötzlich und wir wissen nicht, woran genau es liegt. Wir vermuten, es hat damit zu tun, dass wir ihr den Stein entnommen haben. Er war die Energiequelle der Sonne."

„Also müssen wir ihn so schnell wie möglich zurückbringen?"
Tony nickt.
„Eigentlich hatte ich vor, damit zu warten, bis deine Verletzungen vollständig verheilt sind, aber diese plötzlichen Komplikationen erlauben es uns nicht,
noch länger zu warten. Morgen, sobald wir alle wieder auf die Erde geholt haben, musst du diesen Stein sofort zurückbringen."

Tony reibt sich angestrengt die Schläfen.
„Verdammt, ich lass dich da wirklich nur ungern wieder hoch, aber du bist die einzige Person, die das kann."
„Schon gut Tony, mach dir keine Sorgen. Ich bringe diesen Stein morgen zurück und dann ist alles wieder in Ordnung."
Jedenfalls hofft sie das.

„Ich habe Gott sei Dank noch einen Prototyp für deinen Anzug. Ich werde ihn noch ein wenig aufpäppeln müssen, aber bis morgen hab ich das", versichert Tony ihr.

Lucinda betrachtet ihre Arme.
Sie sind noch immer rot, aber die Schwellung ist zurückgegangen und die Schmerzen sind mittlerweile in einem zumutbaren Bereich.
Sie wird sich morgen ins Weltall teleportieren, den Stein zurückbringen und Carol aus der Sonne erlösen.
Wer weiß, was sie gerade durchmacht?
Womöglich geht auch ihr langsam die Kraft aus, recht viel länger kann sie dort oben nicht mehr bleiben.

„Aber jetzt ruh dich erstmal aus", sagt er und tätschelt ihre Schulter. „Gute Nacht."
„Gute Nacht", murmelt Lucinda.
Sie schlendert in ihr Zimmer und lässt sich auf ihr Bett fallen. Wird sie Peter morgen tatsächlich wieder sehen? Und ihre Eltern?
Wie wird es für sie sein, wo sich doch alles während ihrer Abwesenheit so drastisch geändert hat?

Es klopft an der Tür und Bucky steckt seinen Kopf hinein. Lucinda hat Bucky wirklich gern, aber jetzt gerade will sie einfach nur allein sein.
Er tritt in ihr Zimmer, aber bleibt an der Tür stehen.
„Es tut mir leid, wegen vorhin meine ich", entgegnet er.
„Wovon redest du?", fragt sie verwundert.
„Ich hätte dir nicht folgen sollen", murmelt er.

„Ach, mach dir deswegen keine Sorgen. Außerdem sollte ich dankbar sein, schließlich hast du den Verbrecher für mich ausgeschaltet."
Bucky lehnt sich gegen die Wand und betrachtet sie.
Seine muskulösen Oberarme drücken gegen den Stoff seines T-shirts, während er versucht, eine lässige Pose einzunehmen.

„Es geht nicht nur darum", sagt er.
„Es ist irgendwie. Ich habe das Gefühl, dass ich dich beschützen muss."
Lucinda sieht ihn fragend an.
„Mich beschützen?"
„Ja."
„Du musst mich nicht beschützen, Bucky", beruhigt sie ihn.
„Ich weiß, aber ich will es."

Lucinda weiß nicht, was sie darauf erwidern soll. Warum sagt er das alles? Was meint er damit?
Er räuspert sich kurz, dann öffnet er den Mund, schließt ihn aber sogleich wieder.
„Alles in Ordnung, Bucky?"
„Ja, alles in Ordnung." Er lächelt.
„Bis morgen, schlaf gut."
„Du auch, bis morgen", antwortet sie etwas verwirrt.
Er verlässt das Zimmer und schließt die Tür hinter sich.

Catching The Infinity (Avengers Story 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt