Sechs Wochen waren vergangen, in denen einiges passierte, mehr als mir lieb war, um ehrlich zu sein. Ich hatte den Umzug und den damit verbundenen Behördenkram hinter mich gebracht und war vorerst in mein altes Zimmer gezogen, das schien mir die sinnvollste Möglichkeit, schließlich hatte ich nicht vor für immer zu bleiben. Mir gehörten sowieso nur die Möbel in meinem Zimmer. Kleinigkeiten die Brenda und ich uns gemeinsam besorgten, konnte sie behalten. Was sollt ich Beispielsweise mit einem Wasserkocher? Die Hälfte meines Zimmers war nun im Keller verstaut, weil es vorne und hinten nicht passte, aber ich hatte es mir irgendwie gemütlich gemacht. Meine Mutter ließ sogar endlich Murphy ins Haus, unter den Umständen dass ich zurück nach Charming zog, hatte sie natürlich keine einwende mehr gegen den Kater, welcher mehr von dem Vogel gejagt wurde als anders herum.
Mit Brenda hatte ich mich so gut es ging ausgesprochen, allerdings war ich mir nicht sicher ob zwischen uns wirklich alles in Ordnung war, wie sie immer betonte. Es würde sich nicht so komisch anfühlen wenn es die Wahrheit wäre. Wir schrieben kaum noch, ans Telefon ging sie gar nicht mehr wenn ich anrief, vielleicht war es ihre Art mir zu zeigen was sie von all dem hielt. Eine entschuldigende Nachricht, dass sie keine Zeit hätte kam häufig als Ausrede, sonst hatte sie das auch immer. Dennoch konnte ich ihr nicht böse sein, ich hoffte dass sie sich bald wieder Einkriegen würde. Natürlich war es nicht leicht eine Freundschaft über so einer großen Distanz aufrecht zu erhalten, aber es war nicht unmöglich. Fakt war ich vermisste sie unheimlich.
Allerdings musste ich mich nun aber erst einmal auf andere Dinge konzentrieren, wie meinen neuen Arbeitsplatz. Ich wollte nicht wieder anecken, am besten äußerst unauffällig bleiben, zumindest hatte ich mir das als Ziel gesetzt. Ich hatte tatsächlich eine Stelle als Krankenschwester im St. Thomas Hospital bekommen, nur leider keine von der ich träumte, ich war Nachtdienst-Springer, was implizierte, dass ich Nachts ständig auf allen Stationen unterwegs war. Ich mochte Nachtdienst, mal abgesehen davon, dass die Bezahlung gut war, allerdings gab dieser mir keine Möglichkeit mich im Bereich der Intensivpflege weiterbilden zu können. Dazu war ich Urlaubs- und Krankheitsvertretung auf der urologischen Station, eine Fachabteilung die ich absolut nicht ausstehen konnte, aber so würde ich die Möglichkeit bekommen nach der Probezeit komplett dort arbeiten zu können, was mir dann wiederum als Sprungbrett dienen würde. Alle Wege führten doch irgendwann nach Rom, auch wenn sie nicht immer schön waren.
Vor zwei Woche wurde Luanns Leiche an einem der Highways gefunden. Sie wurde brutal mit einem Baseballschläger erschlagen. Ich schlich mich noch in derselben Nacht runter in die Pathologie um mir ihre Leiche anzusehen, ich hatte noch nie so etwas schreckliches gesehen. Mir wurde fast schlecht bei dem Anblick, es schockierte mich immer wieder zu was Menschen Fähig waren und welche Gründe dahinter steckten. All diese Dinge wollten einfach nicht in meinem Kopf und es belastete mich unheimlich, denn ich mochte Luann sehr. Für uns alle war es ein großer Schock und vor allem meine Mutter litt sehr darunter, immerhin war sie ihre beste Freundin. Die zwei Frauen kannten sich über Jahrzehnte und ich wusste genau was sie momentan fühlte, auch wenn sie es versteckte.
Luann hatte wohl Ärger mit einem konkurrierenden Pornounternehmen, ich hatte die Geschichte nicht wirklich mitbekommen, den ich hielt mich bis dato so gut es ging aus allem heraus. Auch Zobelle hatte der Club im Verdacht, nichts von beiden hatte sich bislang bestätigt, was aber nicht dazu beitrug, dass sich die allgemeine Situation beruhigte, denn vor allem Otto wollte Rache.
Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, explodierte vor ein paar Tagen auch noch eine Autobombe auf dem Teller-Morrow Gelände und Chibs wurde schwer verletzt. Er wurde noch in derselben Nacht notoperiert und anschließend in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt, aufgrund von Hirnblutungen. Der Club war sich sicher dass es Zobelle war, er wollte sie provozieren und ich hoffte inständig dass sie ihre Wut soweit unter Kontrolle hatten um nicht darauf einzugehen. Nachdem was er meiner Mutter angetan hatte, glaubte ich Zobelle etwas besser einschätzen zu können als sie das taten, allerdings interessierte das meinen Vater reichlich wenig. Meine Meinung war eben nichts wert, ich konnte nur auf Jax Einfluss hoffen, aber er und mein Vater waren im Moment aus irgendeinem, mir nicht bekannten Grund, nicht besonders gut aufeinander zu sprechen.
Dazu lieferten Dad und ich uns, in der Nacht an dem Chibs ins Krankenhaus kam, ein ziemlich heftiges Wortgefecht vor der Notaufnahme, noch während meines Dienstes. Was am nächsten Tag einer gewissen Margaret Murphy zugetragen wurde, diese Tara schon vorher ein wenig schikanierte Aufgrund ihrer Beziehung zu Jax und nun hatte sie auch noch mich auf den Kieker, das konnte ich absolut nicht gebrauchen. Wie war das mit dem unauffällig bleiben? Daran musste ich definitiv noch arbeiten, aber wenn es einer schaffte mich zur Weißglut zu treiben war es mein Vater.
Bevor ich meinen Nachtdienst antrat wollte ich nach Chibs sehen. Ich hatte mich bereits umgezogen und begab mich von der Umkleidekabine direkt runter zur Intensivstation, welche sich im Kellergeschoss des Krankenhauses befand, neben den Operationssälen. Ich gab den Entsperrcode der Türe ein, welcher dafür da war dass nicht jeder ein und ausgehen konnte, und trat auf Station. Die Schwestern und Pfleger schienen gerade bei der Übergabe zu sein, welche ich nicht nötig hatte, bei meinem Springerdienst. Ich winkte meinen Kollegen kurz und ging dann zu dem Zimmer in dem Chibs lag. Durch das Fenster in der Türe konnte ich sehen dass Jax dort war, alleine. Ich klopfte einmal an um ihn vorzuwarnen bevor ich eintrat.
„Hey", sagte ich ganz leise und schloss die Türe hinter mir. „Hey", entgegnete er mir in derselben Art und Weise. Ich warf einen kurzen Blick auf die Monitore, Chibs Vitalzeichen waren für seinen Zustand unauffällig. Ein Sedativum und ein Schmerzmittel, liefen über einen zentralen Venenkatheter. Sein Kopf war soweit es ging verbunden und er bekam Sauerstoff über eine Nasenbrille. „Tara sagte ihm geht es besser", sagte Jax leise und sein Blick lag dabei auf Chibs, „aber so sieht es nicht aus." „Ach Jax, das hier ist alles nur Überwachung und eine Sedirung ist nach so einer Kopfverletzung fast schon Standard, sicher ist eben sicher. Er wird schon wieder", versuchte ich ihn aufzubauen, obwohl ich es selbst schlimm fand ihn so sehen zu müssen. Täglich hatte ich mit ähnlichen Fällen zu tun, aber das waren eben Fremde und keine Freunde. Ich schlug die Bettdecke von ihm zur Seite und positionierte die Kissen unter seinen Beinen und Armen ein wenig bequemer. „Sorry ist ein Tick von mir", richtete ich alles so her, wie es meiner Meinung nach am besten für ihn war, „die Nachtschwester bringt mich gleich um wenn ich hier herumfusche." Am liebsten hätte ich mir noch die Waschschüssel und Zahnbürste geschnappt, aber ich war mir sicher dass hatte der Spätdienst schon erledigt. „Komm jetzt bleib mal davon", haute ich mir irgendwann selbst auf die Finger, als ich penibel genau die Bettdecke richtete. Ich sah im Augenwinkel, dass Jax Lippen ein kleines Schmunzeln formten. Ich ging wieder zu ihm und schaute auf meine Schwesternuhr. „In zehn Minuten muss ich anfangen", verdrehte ich genervt meine Augen und schaute dann zu ihm hoch, „was machst du hier überhaupt? Ich meine allein?" Er zögerte lange mit seiner Antwort, wirkte nachdenklich, bis er letztendlich doch antwortete, „darüber nachdenken was richtig und was falsch ist, aber wenn ich ihn da so liegen seh', gibt es fast nur eine Möglichkeit." In seinen Augen flackerte Zorn auf, das hatte nichts Gutes zu bedeuten. Ich biss meine Zähne zusammen und verkniff mir jegliches Wort, das war nicht der richtige Ort für Streit.
Ohne ein Wort verließ ich das Zimmer wieder, ich würde diese Nacht noch Zeit finden um nach Chibs zu sehen und wenn nicht würde ich sie mir nehmen. Jax folgte mir nach einem kurzen zögern. „Was ist denn los?" Versuchte er Schritt zu halten. Ich antwortete ihm nicht, haute stattdessen mit aller Kraft auf den Türöffner, erst als wir die Station verließen und die große weiße Schleusentür wieder zufuhr, drehte ich mich zu ihm um. „Was willst du mir damit sagen dass es nur eine Möglichkeit gibt?" Fragte ich zornig. Er stöhnte genervt auf und erhob dann seine Stimme etwas, „die Jungs wollen Rache...die Sache mit Luann, da konnte ich sie noch besänftigen und wir haben Otto damit ziemlich vor den Kopf gestoßen. Es ist an der Zeit das Zobelles Kopf rollt. Wir werden ihn uns morgen Abend schnappen." Ich seufzte, „habt ihr alle eigentlich nur Scheiße im Kopf? Ist doch klar dass das eine Falle ist, man schnappt sich Zobelle nicht einfach so. Ihr unterschätzt ihn gewaltig, er will euch provozieren." „Glaube mir, ich stimme dir zu, aber ein weiteres Mal werde ich die Jungs nicht umstimmen können und ich kann es verstehen, wir dürfen das nicht auf uns sitzen lassen", dämpfte er seine Stimme wieder, machte dann aber betont klar,„mal abgesehen davon dass es dich gar nichts angeht." „Es geht mich sehr wohl was an, denn ich bin nicht scharf darauf meinen Bruder und meinen Vater demnächst im Knast besuchen zu dürfen", fauchte ich böse. Er schüttelte mit dem Kopf, „dazu wird es nicht kommen. Wir haben abgestimmt, die Sache steht Millie, ich kann nur versuchen das Schlimmste zu verhindern. Vielleicht irren wir beide uns auch." „Glaubst du das wirklich?" Schaute ich ihn resigniert an, ich wusste dass ich keinerlei Einfluss darauf hatte und es machte mich wahnsinnig. Er zuckte mit den Schultern, was für mich mit einem Nein gleichzustellen war. Ich wollte ihn schütteln, ihn zur Vernunft bringen, das Schlimmste war, dass er meine Meinung teilte und dennoch war das Gefühl der Rache um ein vielfaches größer, ich hatte keine Chance. „Ich verstehe dich nicht Jax", hauchte ich leise und biss auf meine Wangen. Er packte grob meinen Oberarm und durchbohrt mich mit seinem Blick, „lass es einfach sein...und kein Wort zu Juice, nichts GAR NICHTS! Haben wir uns verstanden? Ich kann ihn morgen nicht gebrauchen wenn er keinen klaren Kopf hat." Ich riss mich unsanft von ihm los und zischte wütend, „ja verdammt." „Gut...ich regle das schon, mach dir keinen Kopf", stellte er noch einmal klar. „Ich muss hoch", war alles was ich ihm darauf entgegnete, ich konnte und wollte nichts mehr dazu sagen, ich war einfach nur sauer, aber jegliche Diskussion war sinnlos. Im Grunde hatte er recht, es ging mich nichts an, vielleicht musste ich einfach mal lernen das zu akzeptieren, sonst würde mich dieser ganze Scheiß noch auffressen.
Ich ließ meinen Bruder stehen und hetzte hoch zur Notfallambulanz, wo das Handy und der Notfallpieper für die Springer verschlossen in einem Schrank waren. Ich schaltete beide Geräte ein und es dauerte keine zwanzig Sekunden, da klingelte auch schon das Handy. „Das ist ja wohl ein Witz", sagte ich leise zu mir selbst, denn es war gerade mal fünf Minuten nach neun Uhr, der Spätdienst konnte noch nicht einmal außer Haus sein, aber lieber hatte ich was zu tun, als gelangweilt in der Ambulanz meine Zeit abzusitzen. Die Arbeit lenkte mich wenigstens von meinen Sorgen ab. Ich Atmete zwei Mal tief ein und aus und nahm dann ab.
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the worst part is: there's no one else to blame [SOA] Juice x OC
FanfictionDie Geschichte beginnt in der 2. Folge der 2. Staffel. Während die Chapter Bobbys Entlassung aus dem Gefängnis feiern, findet Unser Gemma schwer misshandelt in einer alten Baubaracke und fährt sie nach Hause, aber das Haus ist nicht leer. Melina 'Mi...