Verkehrskontrolle

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Ziellos fuhr ich durch die Straßen, ich hatte keine Ahnung wo Jax sich herum trieb, wohl einfach zu Hause war er sicher nicht. Natürlich hätte ich zurück in die Werkstatt fahren können, statt sinnlos Benzin zu verprassen, welches nicht einmal meins war. Doch die Angst ich könnte mich vergessen und meine Mutter böse Dinge an den Kopf werfen, die in ihrer aktuellen Situation einfach unangebracht waren, war zu groß. Dennoch war mir bewusst, dass zumindest mein Vater wusste wo Jax war, aber in seiner Gegenwart würde ich mich erstecht vergessen.

Ich fuhr schon eine ganze Weile und merkte gar nicht wie lange ich schon mit den Gedanken abgeschweift war, und den Tacho dabei komplett aus den Augen verlor. Erst als sich ein Streifenwagen vor mich setzte und mich langsam ausbremse resignierte ich dass ich viel zu schnell unterwegs war. „Scheiße", sagte ich leise, denn den Ärger einer Verkehrskontrolle konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Etwas genervt fuhr ich rechts ran und hielt genau hinter dem Streifenwagen an. Ich kurbelte das Fenster an der Fahrerseite herunter und als ich Chief Unser aus den Streifenwagen steigen sah, fiel mir wahrhaftig ein Stein vom Herzen.

„Dir ist schon klar dass du dich hier in der Innenstadt befindest", tastete er sich langsam heran und schaute mich dabei eindringlich an. „Tut mir leid, ich bin ein bisschen zu schnell gefahren", setzte ich ein unschuldiges Lächeln auf. „Ein bisschen zu schnell ist gut", entgegnete er mir, „wie auch immer, ich muss sowieso mit dir reden." Mein Blick sprach in diesem Augenblick Bände, worüber hatte Chief Unser bitte mit mir zu reden? „Worüber?" Fragte ich. „Es geht um deine Mutter", antwortete er und deute mit seinem Blick an ich solle mit in seinen Streifenwagen kommen. Ich überlegte einen Moment, aber da ich ihm vertraute sprach nichts dagegen, „hmm...ich parke den Wagen." Er trat zurück zu seinem, während ich wendete und auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkte.

Ich stieg aus, schloss ab und lief auf die andere Straßenseite zurück. Unser hatte sich wieder hinter das Lenkrad gesetzt und ich stieg auf der Beifahrerseite ein. Ich blickte ihn erwartungsvoll an und eine Erklärung folgte zugleich. „Du weißt schon dass du den Staat Nevada nicht verlassen darfst", sagte er direkt. Überrascht über sein Wissen, hob ich meine Brauen hoch, „jaaaah...die Frage ist wohl eher woher weißt du das?" Seine Antwort kam zögerlich, „haaach...Gemma hat mich darum gebeten ein bisschen nachzuforschen." „Dieses Miststück", zischte ich und ballte meine rechte Hand für einen kurzen Moment zu einer Faust. „Sie war skeptisch weil du so plötzlich wieder in Charming aufgetaucht bist", erklärte er. „Und anstatt meine Antwort auf ihre Frage zu akzeptiert, macht sie es mal wieder auf die linke Tour", ärgerte ich mich ein wenig, dass ich tatsächlich glaubte sie würde meine Antwort, so wie sie war, akzeptieren. „Du kennst sie doch", zuckte er mit den Schultern und fixierte dann mit besorgter Miene meinen Blick, „ich dachte ich würde nichts finden. Hab in dem Krankenhaus angerufen in dem du arbeitest, aber die wollten mir keine Auskunft geben. Dann habe ich einfach mal die Datenbank abgefragt und najaaa...ich hätte nicht gedacht, dass ich was finde." Sein besorgter Blick verwandelte sich in Entsetzen, „du hast eine unschuldige Frau zusammengeschlagen. Sowas passt nicht zu dir Millie." „Naja ganz unschuldig war sie nicht", verschränkte ich trotzig meine Arme, ehe sich meine Miene mit Traurigkeit füllte, „mich ärgert es selbst. Ich habe einfach die Kontrolle verloren." Ich lehnte meinen Kopf gegen die Kopfstütze und Atmete tief ein und aus. „Du solltest das die Jungs regeln lassen", sagte er und plötzlich füllte sich mein Blick mit Entsetzen, „das ist nicht dein Ernst, dass du das sagt?" „Ich kenne dich Millie, das war einfach ein blöder Ausrutscher. Willst du dir von dem etwa dein ganzes Leben bestimmen lassen?" Redete er weiter auf mich ein. „Ich werde schon 'ne Stelle finden, keine Sorgen. Ich kann sie mir nur nicht mehr aussuchen", klang ich etwas genervt und das war ich um ehrlich zu sein auch. „Wenn es das ist was du willst. Lass es dir ein gut gemeinter Rat von einem Freund sein", sagte er betont. „Du hast deinen Job auch komplett verfehlt", konnte ich mir den Spruch nicht verkneifen, „ich denk drüber nach ok?" „Ok", antwortete er und räusperte sich, „und bis dahin solltest du es vielleicht nicht provozieren von der Polizei angehalten zu werden." „Ja schon klar", stöhnte ich.

„Ich werde Gemma erst mal nichts sagen", sagte er nachdem es schon eine ganze Weile still zwischen uns war und ich wieder kurz davor in Gedanken abzudriften. „Und warum machst du das, wenn ich fragen darf?" Fragte ich. „Weil ich hoffe dass du es selbst tust", antwortete er lediglich. „Auf jeden Fall", sagte ich überspitzt und verfinsterte anschließend meinen Blick „sind wir jetzt fertig?" „Ich hatte eigentlich gehofft du hast noch ein bisschen Zeit. Ich will dir was zeigen." Ich schaute ihn unglaublich skeptisch an, willigte dann aber mit einem Nicken ein, obwohl ich viel lieber ausgestiegen wäre, doch die Neugierde siegte mal wieder.

Er startete den Wagen und fuhr los. Ich schaute die ganze Zeit aus dem Beifahrerfenster, während er immer weiter versuchte mir ins Gewissen zu reden. Langsam nervte der alte Mann wirklich. Wir hielten nach ein paar Minuten fahrt am Straßenrand von Charmings Hauptstraße. Unser nickte zu einem Laden für Tabakwaren auf der anderen Straßenseite rüber, in dessen Schaufenster groß ein Schild mit der Aufschrift Neueröffnung hing. Unsers Blick klebte förmlich an der Eingangtüre.

„Was tun wir hier?" Fragte ich, als nach einer Weile nichts kam und im selben Moment öffnete sich die Türe und ein paar mir vollkommen unbekannte Männer traten aus dem Laden. „Duck' dich runter", forderte er von mir. Ich ging seiner Forderung nach und rutschte den Sitz runter, auch wenn ich den Sinn dahinter nicht verstand. Der Streifenwagen war einfach nur mega auffällig. „Siehst du den Typen mit dem Tattoo am Hals", fragte er leise. „Ich dachte ich soll mich ducken", rollte ich mit den Augen und rutschte wieder etwas höher um was sehen zu können, „jetzt sehe ich ihn. Wer ist das?" „Dieses Schwein war an der Vergewaltigung deiner Mutter beteiligt", haute er das ohne jegliche Vorwarnung heraus. Mein Herz machte einen Sprung, ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, „WAS!? Woher weißt du das?" „Gemma hat ihn am Tattoo wiedererkannt", antwortete er, „ich vermute dass er von Ethan Zobelle angeheuert wurde. Ich kann es nicht beweisen, aber es liegt nah." „Und wer zur Hölle ist Ethan Zobelle?" Fragte ich weiter. „Jemand der die Sons aus Charming vertreiben will, um schmutzige Geschäfte zu machen. Spielt sich auf als gutbürgerlicher Geschäftsmann, ist aber ein verdammtes Rassistenschwein. Lässt die Nords die Drecksarbeit für sich erledigen. Er wollte damit seine Macht zur Schau stellen, aber das ging wohl nach hinten los", erzählte er. „Weil Gemma die Klappe hält", hauchte ich leise und musterte dabei den Typen der meine Mutter vergewaltigte ganz genau. „Schnell runter", sagte Unser bestimmend, als einer der Typen zu uns rüber schaute, ich reagierte sofort. „Die müssen dich nicht mit mir sehen", startete er den Wagen.

Wir fuhren wieder und als wir um die Ecke bogen setzte ich mich wieder richtig hin. Ein flaues Gefühl stieg in meiner Magengegend auf, es war kein schönes Gefühl nun ein Gesicht zu kennen, vor allem mit der Gewissheit machtlos zu sein. „Warum hat Mum es dir erzählt und nicht mir?" Fragte ich irgendwann aus der Stille heraus. „Aus denselben Grund warum du ihr nicht erzählst warum du in Charming bist", schaute er kurz zu mir rüber. Diese Antwort hätte ich mir auch denken können. „Und warum erzählst du es mir dann?" Fragte ich weiter. „In der Hoffnung, dass ihr euch wieder näher kommt", zuckte er mit den Schultern, „macht beide reinen Tisch." „Ich bin nicht wirklich bereit meiner Mutter diese Genugtuung zu geben. Tut mir leid", stützte ich meinen Ellbogen auf die kleine Fensterkannte des Wagens. „Dann erwarte auch nicht, dass sie dir vertraut", sprach er weiter. „Das ist doch lächerlich, das kann man gar nicht miteinander vergleichen", wurde meine Stimme etwas lauter, weil mich seine Aussage aufregte, er ging nicht wirklich darauf ein.
Wir redeten nicht mehr bis wir wieder in die Straße bogen in dieser ich den Van geparkt hatte. Er machte den Motor aus und mein Part war es nun einfach auszusteigen, aber irgendwas hielt mich auf. „Sie hat zu mir gesagt ich soll zurück nach Las Vegas fahren, hier sei es nicht sicher", sagte ich nachdem ich ein paar Minuten lang einfach nur raus in die Leere starrte, „was ist denn bloß los hier?" Ich löste meinen Blick aus dem Nichts und schaute ihn mit unglaublich traurigen Augen an. „Ich stelle mir genau dieselbe Frage", antwortete er und ich konnte sehen dass er mir die Wahrheit sagte. „Gemma sagt mir auch nicht alles", fügte er noch hinzu. „Die Königin der Geheimnisse", seufzte ich, „ich kann verstehen, dass der Club nichts davon wissen soll, das würde schrecklich blutig enden, aber ich kann auch nicht mit ansehen wie meine Mutter daran zerbricht diese Typen ständig sehen zu müssen. Ich kann sie nicht alleine lassen, auch wenn sie mich hier nicht haben will." „Es ist nicht so dass sie dich nicht hier haben will", sprach Unser mir zu. „Danke, dass wenigstens du mir vertraust", beachtete ich seine Aussage davor nicht, sondern machte die Autotüre auf um auszusteigen.

Ich ging zu dem Van, schloss auf und setzte mich hinter das Lenkrad. Meine Tasche hatte ich unter den Beifahrersitz geschoben, ich kramte sie hervor und nahm mein Handy raus. Jax hatte mich zwei Mal zurück gerufen, aber ich hatte keine Kraft mehr mit ihm zu sprechen. Meine Wut auf ihn war verflogen, zumindest vorerst. Ich steckte es zurück in die Tasche und dachte nach. Ich war mir wirklich nicht sicher ob es die beste Entscheidung war hierher gekommen zu sein. Wahrscheinlich war es sogar die mieseste Entscheidung seit langem, die ich irgendwann ganz sicher bereuen würde. Das Weglaufen vor der Realität in Las Vegas war die eine Sache, aber nun packte mich auch noch mein schlechtes Gewissen. Die Pflicht eine gute Tochter zu sein. Niemals hatte ich von mir gedacht, dass ich einmal so ein starkes Familiengefühl entwickeln würde, wo ich meine Familie doch eigentlich nicht einmal ausstehen konnte. Ich erkannte mich selbst nicht mehr, irgendwo zwischen Las Vegas und Charming hatte ich meine Identität verloren.

the worst part is: there's no one else to blame [SOA] Juice x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt