Frauenprobleme

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Wir fuhren mit meinem Wagen in die Innenstadt. Zu dem kleinen Tante Emma Laden, welcher sich Supermarkt schimpfte. Unter einem Supermarkt verstand ich was anderes, aber so war Charming. In gewisser Weise noch immer die kleine altmodische Stadt, welche irgendwann den Absprung verpasst hatte, sich weiterzuentwickeln. In solchen Situation fragte ich mich, was ich hier eigentlich schon wieder trieb. Mum schien auch ohne meine Hilfe bestens klarzukommen. Und mein Vater und Jax machten doch sowieso was sie wollten. Darum saßen sie nun auch im Stockton Staatsgefängnis, zusammen mit dem Rest der hohlen Nüsse. Langsam fiel mir keine nette Beschreibung mehr ein. So mehr ich darüber nachdachte, so mehr verwandelten sich meine Ängste und Sorgen, in Wut und Unverständnis. Genauso wie dieses dämliche Gespräch mit meiner Mutter, in der Krankenhaus Kapelle. Dieses Miststück wusste ganz genau wie, und womit sie mich manipulieren kann. Am meisten ärgerte ich mich aber über mich selbst, dass ich es wusste und trotzdem nicht dabei war, das Weite zu suchen. Wenigstens lenkten mich Darcys Probleme ab. Was? Sallys Probleme. Wieso erinnerte mich dieses Mädchen bloß so sehr an meine damalige beste Freundin. Und wieso fühlte sich diese verrückte Situation, so fruchtbar normal an. Sally hatte sich eine fette Sonnenbrille aufgesetzt, als sie aus dem Wagen stieg. Keine Sonnenbrille dieser Welt könnte dieses blaue Auge verdecken, ich sagte nichts. Wir betraten den Laden und ich drückte ihr einen der grauen Plastikkörbe in die Hand. „Nimm was du willst", hatte ich gesagt, und nahm mir ebenfalls einen Korb. Zwar sah ich ihre grünen Augen nicht durch die dunklen Gläser der Brille, allerdings verriet mir ihre Körperhaltung, dass sie mich gerade skeptisch musterte. Wieder beschloss ich nichts zu sagen und ging einfach vor. Ohne sie zu fragen ob sie überhaupt wollte, griff ich nach einer Hand Bananen.
„Was ich will?", fragte sie ungläubig. Ich nickte bevor ich mich zu ihr umdrehte und ihr ein aufrichtiges Lächeln schenke. Nach einigem zögern, hatte sie tatsächlich ihren Korb vollgepackt und ich hatte alles in meinen getan, was sie länger angestarrt und aus Gewissensbissen doch zurück ins Regal gestellt hatte. Penetrant und nervig konnte ich sein, wenn es um so etwas ging, aber sie hatte mich um Hilfe gebeten, also musste sie damit leben.

„Ich werde es dir zurückzahlen", sagte Sally, als wir zurück zu meinen Wagen gingen und die zwei Papiertüten im Kofferraum verstauten.
„Ach quatsch", winkte ich ab und fühlte mich fast mies, dass 50 Dollar mir so gar nicht ausmachten und es für sie wahrscheinlich eine ganze Menge war. Vor allem wenn das Konto im Minus stand. „Ich bezahlte keine Miete und arbeite im Krankenhaus, ich nage nicht am Hungertuch", gestand ich.
„Ist trotzdem nicht selbstverständlich", nahm sie wieder auf dem Beifahrersitz platz. Um ehrlich zu sein, hatte ich kein gutes Gefühl sie einfach wieder in ihre zerlegte Bude zu fahren. Zwar mit einem vollen Kühlschrank, aber noch immer alleine und mit der Angst im Nacken, ihr gewalttätiger Freund würde wieder bei ihr aufkreuzen. Nur konnte ich sie schlecht mit zu Gemma nehmen. Den Mum hatte nie ein offenes Ohr für einen Junkie und aktuell wichtigere Dinge zu erledigen. Auch ich war nicht verantwortlich für sie, aber besonders gut fühlte ich mich nicht, als wir an einer roten Ampel zum stehen kamen. Besonders viel hatte sie nicht zu erzählen. Damals bei CaraCara, hatte sie in einer Tour durchgesabbelt, aber da stand sie auch unter Drogen. Ohne das Zeug war sie ein komplett anderer Mensch, aber so war es doch immer, oder?

Gerade als die Ampel auf grün Sprang, durchforstete, wie aus heiterem Himmel, ein stechender Schmerz meinen Unterleib. Der Schmerz war mir bekannt und sein unerwartetes kommen und gehen, machte mir besonders zu schaffen. Es war gerade ziemlich unpassend, aber schon den ganzen Tag über, hatte ich mich besonders wohl in meiner Haut gefühlt. Ich tat es aber damit ab, dass die Familie gerade in einer Ausnahmesituation war. Mein Gesicht war Schmerzverzerrt, meine linke Hand drückte gegen den Schmerz in meinem Unterleib an und das Auto hinter uns hatte angefangen zu hupen.
„Wieso fä...", fragte Sally und setzte ihre Brille ab, als sie gesehen hatte, das etwas nicht stimmte „Gott was ist los?"
„Geht gleich wieder", atmete ich tief durch. Während der Wagen hinter uns lautstark hupte und nur wenige Sekunden später, mit Vollgas an den kleine roten Flitzer vorbeizog. Nachdem der stechende Schmerz sich etwas gedämpft hatte, riss ich mich zusammen und bog ab, um anschließend am Straßenrand zu halten. Noch immer ruhte ein besorgter Blick von Sally auf mir.
„Ich muss mal eben auf die Toilette", stellte ich den Motor ab.
„Ich komme mit", sprang Sally sofort auf dem Auto und wusste scheinbar nicht so richtig, was sie tun sollte. Wenn es nach mir ginge, hätte sie einfach im Wagen sitzen bleiben können, das ganze war so schon unangenehm genug. Etwas ungehalten, stürmte ich in ein kleines Cafe und direkt durch zu deren Toiletten. Schloss mich in die Kabine ein und hatte recht mit meiner Vermutung. Meine Periode. Warum konnte es nicht wenigstens einmal passieren, wenn man einfach zu Hause war? Dieses Rätsel würde ich wohl niemals lösen können.
„Ist alles ok da drin", schlug Sally einmal mit der flachen Hand gegen die Kabinentüre.
„Ehm...ja...jaaa", sammelte ich mich kurz, „hast du ein Tampon oder so?"
„Klaaar", antwortete sie und ein Rascheln ertönte, bevor Sally fündig wurde, sich herunter bückte und das Tampon unter dem Türschlitz hielt. „Mich überrascht es auch ständig."
Ich war mich sicher, dass man das in keinster Weise vergleichen konnte, sagte aber nichts weiter dazu, als ich ihr den Tampon aus der Hand nahm. Danach kam ein noch viel böseres Erwachen. Meine Augen weiteten sich, so ein Monster Teil hatte ich noch nie gesehen. „Heilige Scheiße, was ist das für ein riesen Tampon? Ist das für Frauen die schon geworfen haben oder was? Hast du kein normales?"
„Eigentlich ja, aber ich benutze die immer", war alles was sie darauf entgegnete, „meine Mum hat sie mir damals empfohlen. Die sind ulta saugstark. Was benutzt du denn?"
„Na Mini oder normal", entfuhr mir fast schon etwas entsetzt, „wie soll ich das rein kriegen?"
Ein leises Kichern ertönte, „du wirst es schon schaffen." In solchen Moment wünschte ich mir ich könnte Brenda herbeizaubern. Das war einfach nur schrecklich.

Mit Mühe und Not, hatte ich das Teil endlich herein bekommen und hätte mich vor Scham am liebsten für immer auf der Toilette versteckt. Sally lehnte lässig am Waschbecken, schien ihren Blick nach zu urteilen, aber auf irgendwas zu warten. Meine Erkenntnis, dass die XXL Tampons doch wirklich klasse waren, wenn sie einmal drin steckten, oder etwas derartiges? „Das fühlt sich an als hätte ihn einen Golfball in der Möse", warf ich ihr einen entgeisterten Blick zu „na ja gut, ich will mich nicht beschweren. Danke." Die rothaarige ging einen Schritt beiseite, damit ich ans Waschbecken konnte. Dabei musterte sie mich ganz genau, was deutlich im Spiegel zu sehen war, aber sie versuchte es auch gar nicht erst heimlich zu tun.
„Hmm...", entfuhr ihr, ehe sie ihren Blick gen Boden richtete und ein leichtes Schmunzeln auf ihren Lippen lag.
„Ich bin fertig", wischte ich die Hände an meiner Jeans ab und gerade als ich gehen wollte, kam ein weiterer stechender Schmerz. So überraschend, dass ich zusammen zuckte und Sally es gerade noch so schaffte, dass ich nicht hinfiel. Danach stieß sie einen kleinen Schmerzschrei aus, schließlich war ihr Körper mit Hämatomen übersät.
„Ist schon gut, ist schon gut", stützte ich mich anschießend am Waschbecken ab.
„Fuck, was ist mit dir?", schob Sally ihre Brauen zusammen, während sich selber über ihre schmerzenden Rippen rieb.
„D-Das sind Menstruationsschmerzen", atmete ich schwer.
Mit einem leicht geöffneten Mund schaute sie mich an, als würde ich ihr irgendwelchen Blödsinn auftischen.
„Ich kenne Menstruationsschmerzen, aber das sind die ganze sicher nicht", schaute sie eindringlich.
„Doch, doch, glaub mir. Es ist die Hölle. Bitte...ich muss jetzt erst mal nach Hause was einnehmen. Wir fahren später zu dir", sah ich das gerade als einzige vernünftige Möglichkeit.
„Ich-ich habe Aspirin", wühlte sie ein Päckchen aus ihrer Tasche.
„Da kann ich auch Smarties einnehmen. Die helfen einen Scheiße", sagte ich das gemeiner, als es gemeint war und die rothaarige Sally packte das Päckchen schnell wieder weg.
„Du kannst so doch gar nicht fahren", verzog sie ihren Mund.
„Darum fährst du", fischte ich den Autoschlüssel aus meiner Gesäßtasche und reichte ihr diesen.
Einen Moment stand sie einfach nur da und starrte mich an, als hätte ich irgendwas unsittliches von ihr verlangt. „Worauf wartest du?"
„Ja, ja okeee", nahm sie den Schlüssel.

Wir gingen zurück zum Auto und gerade als ich den Griff der Beifahrertüre greifen wollte, wirkte Sally vollkommen abgelenkt. Ihr Starren galt einem alten blauen Ford, welcher auf der Gegenüberliegenden Straßenseite geparkt stand, und ohne jegliche Erklärung, und vor allem ohne mir den Schlüssel wiederzugeben, ließ sie mich wie ein Idiot stehen. „Hey was soll das?", forderte ich eine Antwort. Die bekam ich aber nicht und wenn ich nicht solche Schmerzen gehabt hätte, wäre ich ihr mit Sicherheit hinterher gerannt und hätte mir den Schlüssel gekrallt. Stattdessen bewegte ich mich wie eine Alte Frau und war gerade mal auf der Mitte der Straße gekommen, als Sally anfing an dem Auto herumzufummeln. „Was machst du?" fauchte ich böse und mit zusammengezogenen Brauen, als sie die Beifahrertüre des Ford öffnete.
„Ha", stieß sie aus und hockte sich auf den Sitz.
Ich fuhr herum und sie schaute mich mit funkelnden Augen an. „Das ist mein Wagen", erklärte sie und fing an das Fach über dem Beifahrersitz zu durchwühlen. So hoffnungsloser es wurde, so hektischer und aufgewühlter schien sie zu werden. Ich verstand gar nichts mehr, sondern wollte einfach nur nach Hause, um mir 30 Tropfen Novalminsulfon herunterzuzwängen. Für mich war es noch nie ein Kinderspiel gewesen, irgendwelche Tropfen zu nehmen.
„Ja gut okay das ist dein Wagen schön. Ohne Schlüssel bringt er dir aber nichts. Dein Ex ist bestimmt irgendwo hier", schaute ich mir besorgt um, obwohl ich denjenigen nicht einmal erkennen würde. Dann machte Sally sich zu allem Übel auch noch lang und fing an unter dem Fahrersitz zu wühlen. „Verdammte scheiße", fluchte sie, „es ist weg."
„Was ist weg?", hob ich fragend meine Brauen. Wieder ignorierte sie meine Frage und zog den Knopf an der Fahrerseite auf. „Steig ein, ich brauche erst meine Sachen", forderte dieses Mal Sally. Wirklich begeistert war ich nicht über die Situation. Empfand es in der aktuellen Situation, aber als angenehmer zu sitzen und ließ mich deswegen hinreißen. Ein genervtes Stöhnen konnte ich mir aber nicht verkneifen, als ich hinter dem Steuer des Ford platz nahm und Sally gerade dabei war, auf die Rückbank zu kriechen.
„Kannst du mir bitte mal erklären was die Scheiße hier soll?", fragte ich und legte meinen Kopf auf das Lenkrad, „was du suchst ist scheinbar nicht mehr hier."
„Es MUSS hier sein", fauchte sie zornig, was mich wiederum klar sehen ließ.
„Suchst du Drogen, oder warum gehst du auf einmal so ab?", fragte ich, obwohl ich mir das auch hätte sparen können. Es war offensichtlich. Noch nicht einmal, konnte ich meinen Kopf vom Lenkrad lösen, weil mich das alles so nervte. Alleine lassen wollte ich sie aber auch nicht.
„Das Zeug ist hier irgendwo er wusste nichts davon", war ihr Kopf komplett zwischen den Sitzen verschwunden.
„Hier ist es", stieß sie auf einmal aus und hielt zu meiner Beruhigung nur eine Tafel Piece in der Hand. Zwar konnte ich mit Kiffen auch nichts anfangen, aber ich empfand es bei weitem nicht so schlimm wie diverse andere Drogen.
„Dann können wir ja verschwinden", rollte ich mit den Augen, weil ich ihr freudestrahlendes Gesicht nicht nachvollziehen konnte. Wie konnte einem so etwas dermaßen glücklich machen? Das würde ich wohl nie verstehen.

Dann klopfte plötzlich jemand gegen die Scheibe der Fahrertüre. Wir beide erschraken und als ich meinen Kopf nach links drehte, traute ich meinen Augen nicht. Deputy Chief David Hale.
„Das kann doch jetzt nicht wahr sein", kurbelte ich das Fenster herunter.
„Melina Morrow, was für eine Überraschung", lag ein selbstgefälliges Grinsen auf seinen Lippen. Das konnte nichts Gutes bedeuten. „Wie mir bekannt ist, ist das nicht dein Wagen", fing er an.
„Es ist ihr Wagen?", zeigte ich Sally und hoffte, sie war schlau genug das Piece aus seinem Sichtfeld verschwinden zu lassen
„Selina Lowndes, richtig?", duckte er sich herunter, um besser sehen zu können, „tja...dummerweise wurde der Wagen als gestohlen gemeldet."
„Ja ihr wurde der Wagen gestohlen", warf ich ein. Hale wollte sich nur mal wieder aufspielen, weil er meinen Bruder hasste.
„Ist das so?", hob er seine Brauen, bevor er eine klare Ansage machte, „beide aussteigen. Sofort."
Verwirrt blickte ich zu der Rothaarigen und ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Irgendwas an der Story mit ihrem Ex Freund und dem geklauten Wagen stimmte nicht. Missmutig tat ich was er sagte und lehnte mich genervt gegen das Heck des Wagens.
„Der Wagen wurde von einem gewissen Michael Lowndes als gestohlen gemeldet", musterte Hale nun eindringlich Sally. Welche ihre Arme wie ein trotziges Kind verschränkt hatte.
„Der Wagen gehört meinem Dad. Ich-ich habe ihn bloß geborgt", beteuerte sie. Als ich das hörte, fiel ich fast vom Glauben ab.
„Ich glaube wir klären das besser auf dem Revier", nickte Hale seiner Kollegin zu, welche aus dem Dienstwagen stieg und direkt zu Sally ging. Und dann widmete Hale sich mir.
„Melina", nannte er lediglich meinen Namen und deutete mit seinen Augen an, dass ich laufen sollte.
„Wie bitte?", wurden meine große, „du willst mich doch verarschen?"
„Der Wagen wurde als gestohlen gemeldet und du saßt am Steuer", rechtfertigte er sich, „ich mache nur meine Arbeit."
„Was? Mein Wagen steht auf der anderen Seite", zeigte ich mit meinem Finger auf meinen roten Fiat, welchen Deputy Hale auf jeden Fall kannte , „du kennst das Auto. Warum sollte ich diesen Wagen klauen? Das ist doch total sinnlos"
„Wie gesagt, das klären wir auf dem Revier", wagte er zu sagen und ich kochte innerlich vor Wut. Weil er mich scheinbar auf dem Arm nahm.
„Das machst du doch nur wegen Jax", fauchte ich, weil das für mich die einzig logische Erklärung gewesen war, „weil du ihn hasst."
„Würdest du bitte?", deutet er mit der Hand in Richtung seines Streifenwagens.
„Einen Scheiße mache ich, das hier ist doch Blödsinn", weigerte ich mich, „hast du nichts Besseres zu tun?"
„Melina, es wäre einfacher wenn du gehen würdest. Ich will dir keine Handschellen anlegen müssen", stemmte er seine Hände in die Hüften.
„Du meinst das ernst", fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Deputy Hale wäre tatsächlich bereit gewesen, mich in Handschellen abzuführen. Ich seufzte verächtlich und bewegte mich zu seinem Streifenwagen. „Das kann doch nicht wahr sein", ließ ich mich neben Sally auf die Rückbank fallen.

the worst part is: there's no one else to blame [SOA] Juice x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt