KAPITEL 8

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Auch wenn ich selbst keine große Leserin war, zu mindestens nicht so wie Liv, gab es für mich nichts Entspannenderes, als stundenlang in einem guten Buchläden zu stöbern. In Portland hatten wir seit meiner Kindheit einen Buchladen gehabt, der den Namen Fitz & Jones trug. Ich hatte oft stundenlang einfach nur dort gesessen, in den Regalen gestöbert und die neuesten Thriller gelesen. Der Laden war wunderschön und die reinste Traumwelt für jeden Bücherwurm gewesen, Liv hätte ihn sicher geliebt und irgendwann, wenn ich bereit dazu war, würde ich sie einmal dort mit hinnehmen. Tatsächlich war es heute einer der wenigen Dinge, die ich an Portland unglaublich vermisste. Denn kein Buchladen würde je an die Schönheit von Fitz & Jones herankommen.

Auch nicht Wellington Books, in dem ich mich seit einer knappen Stunde durch die Regalreihen schlug. Natürlich durfte auch in Silverhaven der Buchladen nicht fehlen. Ein magischer Ort, wie Liv mir erklärt hatte. Aber irgendwie tat sich mir diese Magie nicht wirklich auf, auch wenn der Laden wirklich schön und kuschelig war. Aber er kam einfach nicht an die Magie des Fitz & Jones ran, was vermutlich daran lag, dass ich nicht einmal bereit dazu war, dem Laden eine Chance zu geben, obwohl man sich allein schon aufgrund des Besitzers unglaublich wohl fühlte.

Denn Mr. Wellington, der Besitzer des Wellington Books, war ein älterer Herr um die 65 Jahre, der stets ein Lächeln auf den Lippen trug und mich sofort an einen lieben Großvater erinnert hatte, der immer ein offenes Ohr für seine Enkelkinder hatte. Seine Haare waren bereits vollständig ergraut, er war groß und schmal gebaut und hatte einen Gehstock, auf den er sich immer schwer stützte, weil er vor Jahren einen schweren Unfall gehabt hatte, von dem er sich nie ganz erholt hatte. Ich hatte den älteren Herrn sofort in mein Herz geschlossen, weil er immer so warmherzig war und stets einen guten Buchtipp für mich übrighatte. Und doch schaffte ich es nicht, diesen laden so zu lieben wie das Fitz & Jones.

Während ich weiter durch die Regale schlich, wurde der Laden von angenehmer, sanfter Musik erfüllt, die Lust auf mehr machte. In den Gängen roch es nach Büchern und Holz und jedes Buch, das ich in die Hand nahm, fühlte sich einfach perfekt an. Ich liebte das Gefühl von einem Buch in meiner Hand, genauso wie ihren Geruch, der auf mich eine seltsam beruhigende Wirkung hatte. Meine Mom hatte früher oft den Kopf geschüttelt und amüsiert gelächelt, wenn ich ihr als Kind gesagt hatte, dass der Geruch von Büchern mein liebster war. Aber nicht, weil sie mich ausgelacht hatte, sondern genau gewusst hatte, was ich meinte.

Dass ich mich im Gang mit den kitschigen Liebesromanen gelandet war, bemerkte ich erst, als mir plötzlich nur noch rosane Buchcover, die nur so vor Liebe trieften, entgegen lächelten. Es gab ja wirklich wenig Genre, die ich nicht mochte, Liebesromane war eines davon. Ich konnte diese ganzen Klischees, die perfekte Liebe und das ganze Drum und Dran auf den Tod nicht ausstehen, auch wenn ich selber die Art von Mensch war, die daran glaubte, irgendwann ihren Seelenverwandten zu finden. Aber diese Art von Liebesgeschichten, die Liebesromane erzählten, hatten es mir nie antun können. Zudem war sie eine weitere Sache, die mich nur allzu sehr an Emma erinnerte, die eine große Leidenschaft für Liebesromane gehabt hatte und mich jedes Mal mit diesem Thema vollgeredet hatte, bis ich das Gefühl gehabt hatte, meine Ohren würden abfallen. Früher hatte es mich genervt, wenn sie wieder davon angefangen hatte und meistens war ich lachend dazu übergegangen, ihr Gerede zu ignorieren. Natürlich hatte Emma das mit Humor genommen und nicht einmal aufgehört. Heute würde ich mir selbst ihr Gerede über einen Liebesroman nochmal anhören, wenn ich Emmas Stimme dafür noch ein einziges Mal hören könnte. Ich würde mir jede unerträgliche Geschichte anhören, wenn...etwas Warmes lief meine Wange hinunter und holte mich aus meinen Gedanken. Kein bisschen überrascht davon, dass ich wieder einmal weinte, wischte ich mir die Tränen von den Wangen und schloss für einen Atemzug meine Augen, um die Kontrolle zurückzuerlangen. Immer wieder diese Erinnerungen...es war jedes Mal das gleiche.

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