KAPITEL 23

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»Ich mag dein Zimmer, Livvy.«, stellte ich lächelnd fest, als ich am nächsten Morgen auf Livs Bett hockte und ihr dabei zu sah, wie sie ihren Koffer, der bereits jetzt schon voller Kleidung war, für New York packte. Im Hintergrund lief leise Musik, während Liv im Zimmer umherlief, um das zusammenzusuchen, das sie für den Ausflug zu ihrer Mom brauchte.

»Das ist gut. Schließlich solltest du dich wohlfühlen, wenn du die nächsten Tage hier schlafen musst.«, erwiderte sie und stopfte ein weiteres Buch in den Koffer, der aussah, als würde er jeden Moment in die Luft gehen. Dennoch bezweifelte ich, dass sie genug Kleidung dabeihatte. Zwei Monate waren eine lange Zeit. Wenn es nach mir ginge, dann würde Liv nicht so lange dort bleiben, aber ich wusste genau, wie sehr sie ihre Mom vermisste und wünschte ihnen diese gemeinsame Zeit so sehr, auch wenn ich dafür auf meine beste Freundin verzichten musste.

»Ich bin dir übrigens sehr dankbar dafür, dass du mir dein Zimmer überlässt.«, sagte ich schließlich. Zwar wäre es mir lieber, in meinem eigenen Zimmer zu schlafen, aber wenn ich die Tage endlich mit dem Streichen der Wände beginnen würde, war es eher unpraktisch, dort gleichzeitig auch schlafen zu müssen. Deswegen war Liv bereit gewesen, mir ihr Zimmer zu überlassen, bis die Wände fertig waren und Newton und ich die restlichen Möbel aufgestellt hatten.

»Kein Problem, das weißt du doch. Ich meine, ich bin sowieso nicht da, da kannst du also lieber in meinem Bett schlafen als auf der harten Couch, die ihre besten Zeiten definitiv schon hinter sich hat.« Sie lächelte aufrichtig und tat ihre Worte mit einer Handbewegung ab, als wollte sie mir noch einmal klar machen, dass es absolut kein Ding war. So war Liv einfach. Immer zur Stelle, wenn man sie brauchte.

Ich lächelte. »Freust du dich schon auf New York?«, fragte ich schließlich, während ich mich auf den Bauch drehte und meinen Kopf auf einer Hand abstützte. Das wohlige Seufzen konnte ich nur mit Mühe zurückhalten. Livs Bett war der reinste Traum. Weich, gemütlich und voller traumhafter Kissen. Fast ein bisschen wie das Bett einer Prinzessin.

Liv seufzte leise und ließ sich auf den geschlossenen Koffer plumpsen, während sie mit gerunzelter Stirn an die Decke blickte. Auch wenn ich wusste, dass sie ihre Mom liebte, hatte ich in den letzten Monaten immer wieder gelernt, dass ihre Mom ein sensibles Thema war, über das sich nicht gerne sprach. Die schmerzhafte Trennung ihrer Eltern war zwar schon einige Jahre her, aber für Liv war es noch immer ein wunder Punkt. Und das war in Ordnung. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es mir ergangen wäre, hätten meine Eltern je vorgehabt, sich zu trennen.

Schließlich seufzte Liv und löste den Blick von der Zimmerdecke. »Ehrlich gesagt bin ich mir da nicht so sicher.«, begann sie leise, »Das Verhältnis zwischen Mom und mir war immer gut, viel besser als das zu Dad und ich liebe sie sehr für all das, was sie schon für mich getan hat, aber seit sie in New York lebt, hat sich irgendwas verändert. Ich weiß, dass sie Silverhaven nie mochte und sie als Fotografin in New York viel mehr in ihrem Job aufgeht, aber New York ist einfach nicht meine Welt. Das war es nie und wird es vermutlich auch nie. Und ich mag es nicht, was diese Welt aus ihr gemacht hat.« Ich sah den Kummer in ihren himmelblauen Augen und hätte alles getan, um ihn ihr zu nehmen, aber das konnte ich nicht. Das Einzige, was ich tun konnte, war, für sie da zu sein. Und das würde ich.

»Ich bin mir sicher, dass du die Zeit mit ihr in New York genießen wirst, Liv«, sagte ich entschlossen, »New York mag nicht deine Welt sein, aber es ist der Ort, wo deine Mom ist, die dir alles bedeutet. Und sie liebt dich, vollkommen egal, ob du dich in New York wohlfühlst oder nicht. Mach einfach das Beste daraus, so, wie du es immer tust.« Ich lächelte. »Und wenn du jemanden zum Reden brauchst, dann bin ich da.«

Auch wenn sie noch nicht vollkommen überzeugt zu sein schien, sah ich, wie ihre Körperhaltung sich entspannte und ihre Mundwinkel sich zu einem kleinen Lächeln verzogen. Nicht das strahlende, das Welten versetzen konnte, aber eines, das hoffnungsvoll und dankbar war. »Danke, Ever«, hauchte sie, »Ich hoffe, du hast recht.«

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