KAPITEL 15

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Newtons Gegenwart ließ mich manchmal wirklich mein Urteilsvermögen anzweifeln. Ja, ich war ein Mensch, der oftmals überstürzt und impulsiv handelte, aber bei Newton kam diese Eigenschaft wirklich noch einmal auf ein ganz anderes Level. Eines, das mir selbst nicht ganz geheuer war und auf Dauer sicher nicht gesund war. Aber als Newton mich gefragt hatte, ob wir schwimmen gehen wollten, da hatte es eine Art Kurzschlussreaktion in meinem Hirn gegeben. Ich hatte nicht zustimmen wollen. Denn ich war weiß Gott nicht die richtige Person dafür, um mit meinem besten Freund in einem See Mitten im Nirgendwo schwimmen zu gehen. Ich mochte den Strand, auf den Rest konnte ich ganz gut verzichten. Zu viele Algen oder zu viel Chlor. Aber in Newtons Blick war etwas gewesen, dass mich hatte schwach werden lassen, mein Gehirn war wie leergefegt gewesen und das »Meinetwegen« hatte meinen Mund von ganz alleine verlassen, wie es die Wörter so oft taten. Ich hatte nicht einmal drüber nachgedacht, was das genau bedeutete, in diesem See hier und jetzt schwimmen zu gehen.

Erst als Newton sich aus seinem T-Shirt und seiner Shorts geschält hatte, war meinem Gehirn klar geworden, dass ich das ebenfalls tun musste, wenn ich nicht mit meiner Kleidung schwimmen gehen wollte. Aus Erfahrung wusste ich, dass das nicht sonderlich angenehm war (Irgendwann werde ich Newton das noch heimzahlen). Nicht, dass ich ein Problem damit hatte, wenn Newton mich nur in BH und Slip bekleidet sah. Denn im Grunde war es nichts anderes als ein Bikini, aber trotzdem störte mich etwas an diesem Gedanken. Jetzt stand ich also hier und versuchte krampfhaft, einen Ausweg zu finden und Newton nicht allzu sehr anzustarren, wie er da in seiner blauen Boxershorts stand und die warme Sonne seine definierten Bauchmuskeln bestrahlte, dass sie fast wie in Stein gemeißelt aussahen. Meine verdammten Augen schienen ein Eigenleben entwickelt zu haben.

»Eve? Bist du da festgewachsen?«, fragte Newton grinsend, während er die Arme vor seiner muskulösen Brust verschränkte, »Glaub mir, der See wird dich schon nicht auffressen.« Ich hasste diesen neckenden Unterton in seiner Stimme.

»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ein richtiger Quälgeist sein kannst?«, erwiderte ich verärgert. Aber Newton lachte nur leise und schüttelte den Kopf.

»Wenn du nicht gleich fertig bist, dann werde ich die eigenhändig in den See tragen.«, drohte er mir mit erhobenem Zeigefinger, während mich das Gefühl beschlich, dass er diese Drohung nur allzu gerne wahrgemacht hätte. Nur, um mich zu verärgern. Allerdings würde ich mich lieber von einem Seeungeheuer fressen lassen, als von Newton ins Wasser getragen zu werden.

»Davon träumst du wohl, du Idiot.« Ich funkelte ihn angriffslustig an. »Dann hab wenigstens etwas Anstand, dich umzudrehen. Ich muss mich ausziehen.« Anstatt irgendwelche Anstalten zu machen, meinen Worten nachzukommen, wanderten Newtons Augenbrauen fast bis zu seinem Haaransatz nach oben, während seine Augen amüsiert funkelten. Er machte sich doch tatsächlich über mich lustig.

»Glaub mir, da gibt es nichts, was ich noch nicht gesehen habe.«, erwiderte er mit einem anzüglichen Grinsen auf den Lippen.

Ein frustrierter Seufzer entwich meiner Kehle. Dieser Kerl würde mir noch graue Haare bescheren, ehe ich überhaupt volljährig wäre. »Kannst du nicht einmal machen, worum man dich bittet?«

»Sehe ich so aus?«, schoss er mir lachend entgegen.

»Nein, leider nicht«, murmelte ich, »Aber vielleicht kannst du deiner besten Freundin wenigstens einmal einen Gefallen tun?« Ich klimperte mit den Wimpern und schob meine Unterlippe nach vorne. Newton atmete laut aus und gab sich schließlich geschlagen. Ganz langsam zog ich erst meine Schuhe und Socken aus, dann knöpfte ich meine Hose auf und zog sie aus. Schließlich folgte noch mein T-Shirt. Dann stand ich in meinem schwarzen Spitzen-BH und Slip bekleidet auf der Lichtung und fragte mich ernsthaft, ob ich noch alle Tassen im Schrank hatte. Vermutlich eher nicht.

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