Nachdem ich meinen vorlesungsfreien Montag fürs Lernen genutzt hatte, befand ich mich am Dienstag wieder in der Uni, wo unsere Professoren gar nicht mehr aus dem Redefluss herauszukommen schienen. Immer wieder vielen irgendwelche wichtigen Begriffe, die wir uns zu merken hatten, ehe am Donnerstag die erste Klausur anstehen würde. Leider war mein Kopf bereits in der ersten Vorlesung nicht mehr zu gebrauchen gewesen, was sich auch bis jetzt nicht geändert hatte, egal wie viel Kaffee ich die vergangenen Stunden auch getrunken hatte. Seit einer Stunde wartete ich nun sehnlichst darauf, dass Professor McComarck, ein älterer Professor mit Glatze und einem grauen Schnurbart, endlich ein Ende fand. Doch der Uhr zufolge musste ich noch mindestens eine Dreiviertelstunde auf den unbequemen Stühlen des Hörsaals sitzen und mir sein langweiliges Geplapper anhören. Seit Beginn des Semesters war Statistics In Psychology so etwas wie mein Hassfach. Welcher noch geistig gesunde Mensch wollte sich schon fast zwei Stunden lang mit irgendwelchen totlangweiligen Statistiken befassen, die vorne und hinten keinen Sinn machten?
Neben mir auf dem viel zu harten Stuhl saß Ava Sutton, ein zierliches Mädchen mit rotbraunen Haaren und einem intensiven britischen Akzent, mit der ich mich zu Anfang des Semesters zusammengetan hatte, und tippte wie wild auf ihrem Handy herum, das sie bereits zu Anfang der Vorlesung herausgeholt hatte, als hatte sie gar nicht erst vorgehabt, dem Professor zuzuhören. Ihr war deutlich anzuerkennen, dass es ihr ähnlich wie mir ging, nur dass sie im Gegensatz zu mir schon längst aufgehört hatte mit dem Zuhören. Manchmal hatte ich bloß das Gefühl, dass Ava nicht wirklich glücklich war mit ihrem Studienfach. Nur kannten wir uns zu wenig, als dass ich sie je darauf angesprochen hätte. Aber in dieser Vorlesung war sie jedenfalls nicht die Einzige, die ihrer Aufmerksamkeit anderen Dingen widmete. Denn viele der anderen Studenten waren körperlich vielleicht noch anwesend, aber geistlich schon längst Zuhause oder sonst wo. Aber wer konnte es ihnen verübeln? Professor McCormack hatte vielleicht gute Lehrmethoden, aber seine Umsetzung war sterbenslangweilig.
Immer wieder merkte ich, wie meine Augen zu vielen und sich mein Schlafmangel bemerkbar machten, mit dem ich dank meiner gestrigen Lernsession leben musste. Was würde ich nicht alles dafür geben, um jetzt aus dieser Vorlesung zu kommen und schlafen zu gehen. Wieder blickte ich zu Ava rüber, um mich abzulenken, und studierte eingehend ihr Gesicht. Denn unter ihren Augen zogen sich tiefe Augenringe, als hätte sie ebenfalls nicht viel Schlaf bekommen, und ihre bernsteinfarbenen Augen wirkten trüb und unkonzentriert, wie sie da auf ihr Handy blickten. Ihr Körper strahlte Müdigkeit aus. Zu gern hätte ich sie gefragt, ob es noch einen anderen Grund für ihre Müdigkeit gab. Dann, als hätte Ava mein Starren bemerkt, hob sie kurz den Kopf und sah mich fragend an. Ich schüttelte nur den Kopf, um ihr zu symbolisieren, dass alles gut war. Dann rollte ich mit den Augen und deutete auf unseren Professor, der gerade mit seinem iPad zugange war. Sie verstand sofort, was ich meinte und nickte zustimmend, ehe sie noch ein gelangweiltes Gähnen dransetzte, das mich zum Schmunzeln brachte. Japp, wir hatten wirklich Langeweile.
In dem Moment, in dem ich meinen Blick wieder auf Professor McCormack richtete, spürte ich das leichte Vibrieren meines Handys, das auf meinem linken Oberschenkel lag. Verwundert runzelte ich die Stirn. Wer konnte das sein? So gut wie jeder meiner Freunde wusste, dass ich gerade eine Vorlesung hatte. Auf Anhieb fiel mir nur einer ein, der mir während einer Vorlesung schreiben würde. Und als ich mein Handy anhob und entsperrte, bestätigte sich mein Verdacht: Newton. Plötzlich verspürte ich ein freudiges Kribbeln in den Fingern und meiner Magengegen, als wollten sie mir sagen, dass ich die Nachricht öffnen sollte. Das tat ich schließlich auch, ehe ein Lächeln an meinen Mundwinkeln zupfte.
[Newton – 2.00pm]: Ich hoffe, du hast heute Nachmittag noch nichts vor 😉.
Was zur Hölle?
[Ich – 2.01pm]: ????
Vollkommen egal, was Newton wieder einmal im Schilde führte, ich musste am Nachmittag sowieso zu Danny ins Café, wie jeden Dienstag. Hatte Newton das etwas vergessen? Oder machte er sich über mich lustig? Ehrlich gesagt traute ich ihm beides zu, wobei letzteres eindeutig mehr zu ihm passte.
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LEAVE THE PAST BEHIND
Romance»Wir sind voll von Chaos, aber genau deswegen liebe ich uns zusammen so sehr.« Als Everlyn Monroe zusammen mit ihren Freunden ihre einst so geliebte Heimat Portland verlässt, hat sie nur ein Ziel vor Augen, das sie um jeden Preis erreichen möchte: e...