•11• Reise

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Stumm standen zwei nicht allzu große Koffer vor der Tür, die aus der Zentrale führte.
In wenigen Sekunden war der Tag der Reise nach England angebrochen.
L und Light waren schon seit Ewigkeiten auf den Beinen und packten das restliche Zeug zusammen.
Sie waren nur über drei Tage in England, viel brauchten sie also nicht.

"Wenn wir in einer Stunde fliegen, wann kommen wir dann in England an?", fragte Light. Er hatte diese Frage schon öfters gefragt, doch L reagierte noch immer entspannt.
"Um ungefähr 17 Uhr kommen wir an. Den Rest des Tages hätten wir frei, am nächsten Tag lasse ich dich für ein paar Stunden im Hotel alleine", erklärte der Ältere und nahm den Haarkamm in die Hand.
"Willst du dir allen Ernstes die Haare kämmen?", fragte Light belustigt und griff sich seine Zahnbürste.
"Nein", seufzte er leise und setzte den Kamm doch an. Wenige Millimeter, dann steckte er im schwarzen, unordentlichen Haar fest.

Light schüttelte den Kopf. Mit der Zahnbürste in seinem Mund versuchte er, den Kamm vorsichtig zu lösen. Er ließ sich nicht bewegen. Light atmete tief ein, dann riss er ihn mit einem kräftigen Ruck nach unten.
L schrie vor Schmerz auf, Tränen hatten sich in seinen Augen gebildet.
Auch Light sah den Kamm schockiert an. Ein riesiger Haarbüschel wurde herausgerissen.
"Versuche das bitte nie wieder", murmelte er, dann nahm er wieder die Zahnbürste in die Hand und putzte sich weiter die Zähne.

"Beeil dich, Light!", rief L, der bei den Koffern wartete. Light hatte Sayu angerufen, und überraschenderweise ist sie mitten in der Nacht rangegangen.
"Du musst wirklich aufpassen, dass Mello und Near sich nicht die Köpfe einschlagen, und in drei Tagen kann viel passieren", meinte er und trottete die Treppe hinunter zu L.
"Du lässt mich wirklich mit Near alleine?", hakte sie müde nach.
"Ja tue ich", gab er zu, dann griff er sich seinen Koffer.
"Außerdem wärst du dann die Älteste und du kannst wohl am besten auf die drei aufpassen."
"Geht klar", meinte sie im Gähnen und legte auf.

"Komm jetzt, wir müssen eine halbe Stunde laufen", meinte L und ergriff Lights Hand.
Hand in Hand liefen die beiden durch die Straße, die Koffer rollten laut hinter ihnen her. Nach einer Weile kamen sie an einer großen Freifläche an, ein großer Glatzkopf lief ihnen entgegen.
"Sie sind L und Light?", fragte er, seine Stimme war sehr tief. Mit seinen Cowboystiefeln war er wohl ein typischer, heißblütiger Amerikaner, von Mello angeheuert. Manchmal wusste Light nicht, was er zu der Sache mit den Untergrund-Kontakten sagen sollte, aber selbst L weiß, wo er Verbrecher für seine Ermittlungen anheuern konnte.

Light antwortete ihm mit einem Nicken. Der Mann drehte sich um und deutete ihnen, dass sie ihm folgen sollten. In der Nähe stand ein kleiner Privatjet, ein weiterer Mann stand daneben.
"Können wir Ihnen wirklich vertrauen?", fragte L angespannt. Der Glatzkopf lachte. "Wir haben für Hin- und Rückflug mehr Kohle bekommen als wir uns erträumt haben, außerdem hat Mello uns gedroht, uns alle verhaften zu lassen. Genügend Beweise hat er gegen uns ja."
Light nickte L aufmunternd zu. "Mello scheint alles geregelt zu haben", murmelte er und stieg die kleine Treppe zum Eingang empor.

Der Jet war geräumig, die Sitze aus weißem Leder, Boden und Decke sahen ebenfalls sehr hochwertig aus.
L nahm am Fenster platz, Light setzte sich direkt daneben. Ein dritter Mann kam vom hinteren Teil des Fliegers und servierte zwei Stücke Kuchen.
"Bon Appetit", meinte er im französischen Akzent und verzog sich wieder.
Light staunte, als ein vierter Mann zu ihnen kam.
"Wie viele Männer hat Mello denn angeheuert?", fragte der Braunhaarige überrascht.
"Insgesamt fünf. Pilot und Co-Pilot, Flugbegleiter, Koch und mich", erklärte er und strich sich sein langes, blondes Haar nach hinten.
"Wie viel Geld haben Sie dafür bekommen?", fragte L etwas skeptisch.

"Jeder hat fünf Millionen Dollar bekommen", grinste er breit. "Egal was du tust, das Kriminelle bekommt man nicht aus dem Bengel heraus."
Die Lichter verdunkelten sich, der Mann räusperte sich. "Ich bitte Sie nun, sämtliche Gerätschaften auf Flugmodus zu stellen oder gänzlich auszuschalten."
Light schaltete sein Handy komplett aus, schließlich brauchte er es jetzt nicht, L tat es ihm gleich.
"Wir werden zwölf Stunden fliegen, die Ankunft liegt vorraussichtlich um 17 Uhr gestern an", erklärte der Mann und setzte sich auf der anderen Seite des Jets hin.
"Zeitreise, klingt interessant", murmelte Light und schmiegte sich an L heran.

L starrte in den Nachthimmel, beobachtete die Wolken vorbeiziehen, während Light seinen Kopf an den Arm des Älteren gelehnt hatte und tief und fest schlief.
Der Mann, der ihnen den Kuchen serviert hatte, kam erneut zu den beiden.
"Monsieur", sprach er und lenkte L's Aufmerksamkeit auf sich.
"Wir befinden uns über Deutschland, wir werden schon bald landen."
L nickte und sah wieder hinaus. Er hatte nicht bemerkt, wie der Himmel immer heller wurde, nun war es wieder ganz hell.
Müde blinzelte Light.
"Sind wir etwa schon da?", fragte er leise und setzte sich wieder richtig hin.
"Guten Abend, Schlafmütze", lächelte L. "Wir sind über Deutschland, dauert nicht mehr lange, bis wir landen."

Unsanft auf einem Kornfeld, so landeten sie. Da die Crew allesamt Verbrecher waren, konnten sie auf die Schnelle keine Genehmigung ergaunern, um auf einem offiziellen Flughafen zu landen.
Stolpernd stieg Light aus, es tat gut, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
"Also, wir sehen uns in drei Tagen wieder hier", meinte der Glatzkopf.
Mühsam erkämpften sich die beiden mit ihren Koffern einen Weg aus dem Kornfeld. Zum Glück war es nicht allzu weit von der eigentlichen Stadt entfernt, sie mussten also nicht sonderlich lange laufen.
Auf den Straßen Londons sah sich Light neugierig um.
"Hier bist du aufgewachsen?", fragte er L und nahm ihn an die Hand.
Mit einem Lächeln auf den Lippen nickte er.
"Wenn du magst, kann ich dir einige Orte zeigen, während wir zum Hotel laufen."

Sie liefen durch Parks, sahen sich alte Läden an, an die sich L erinnern konnte, L zeigte ihm sogar das Gelände des Wammy's House.
"Wenn irgendetwas sein sollte, hier werde ich mich morgen aufhalten", erklärte er dem Jüngeren.
Interessiert hörte Light jeder kleinsten Erzählung zu.
Ich habe ihn lange nicht mehr so strahlen sehen.

Nothing else matters | Death Note • Lawlight FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt