•9• Abschied

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Lights Augen wurden immer mehr von Tränen überflutet, als er den Zettel las.
"Hey, L", flüsterte er und umarmte ihn wieder. L reagierte nicht, er blieb nur weiter zitternd am Boden.
"Du musst nicht antworten, aber zuhören wäre nicht schlecht."

Light atmete tief ein, um sich selber zu beruhigen. Ihm brach es das Herz, L so zerstört zu sehen, und auch war Watari ein Teil seiner Familie geworden. Ein Teil, welcher aus seinem Leben ebenso gerissen wurde.
"Ich habe einen Zettel gefunden, er ist für dich", flüsterte er ihm zu, von L kam als Antwort nur ein Schluchzen.
Light schüttelte den Kopf, nun rollten auch ihm die Tränen hinunter. Der Ältere fiel auf die Seite und versteckte sein Gesicht.
"L, ich bin da, du bist nicht alleine", meinte er leicht verzweifelt. Endlich rührte sich L, er bewegte sich ein Stück nach oben und klammerte sich an Light heran.
"Du musst nicht allein weinen."

Er vergrub seinen Kopf in Lights Schulter, der Stoff des schwarzen Pullover sog seine Tränen auf.
Beruhigend wiegte er L, wie er ein kleines Kind trösten würde.
"Pass auf, willst du den Zettel selber lesen oder soll ich ihn lesen?", fragte Light ruhig. Er konnte spüren, wie L nickte.
Light räusperte sich kurz und sah sich die Wörter gut an:

"L, wenn du das hier liest, sei bitte nicht mehr traurig. Dein Leben ist noch lang, und du solltest nicht mit Trauer hindurch gehen. Und vorallem nicht alleine!
Seit Jahren wusste ich es. Ich wusste, dass ich heute sterben würde. Du würdest dir sicher nur deinen Kopf zerbrechen, hätte ich es dir gesagt. Ich wollte, dsss du glücklich bist, mit alledem, was du erreicht hast. Bitte trauere nicht lange und lebe dein Leben weiter, mit Light, der dir sicher nie von der Seite weichen wird. Du hast noch so viel vor dir. Und wenn die Zeit gekommen ist, sehen wir uns im Himmel wieder."

L krallte sich regelrecht in Lights Rücken hinein, weitere qualvoll traurige Schluchzer gab er von sich.
Light legte den Zettel beiseite und drückte L noch fester an sich.
"Watari hat Recht", meinte er leise, seine Stimme brüchig.
"Wir dürfen nicht zu lange trauern, das hätte er sicher nicht gewollt."
Wieder nickte L, diesmal versuchte er, sich zu beruhigen.
"Wir müssen zurück zu Roger... Ich trage dich."
Als Light ihn hochheben wollte, drückte er sich weg. Mit roten Augen sah er ihn an.
"Wir können ihn hier nicht liegen lassen!", protestierte L.
"Ich trage euch beide."

Light packte den toten Körper an den Armen, L nahm die Beine, und gemeinsam trugen sie ihn auf das Bett.
In einer schneller Bewegung zog er L die Beine weg und trug ihn im Braut-Stil zu den anderen.
Fragend sah Mello ihn an. L kauerte sich in seiner üblichen Position auf den Stuhl, nur diesmal versteckte er sein von Tränen verklebtes Gesicht.
Light atmete tief ein.
"Roger... Watari ist... tot."

Diesmal zeigte selbst Near Emotionen. Er machte ein trauriges Gesicht und sah niedergeschlagen auf den Tisch, während Mello verbittert auf den Tisch schlug.
"Um Gottes Willen, wer sind Sie?", knurrte Roger, ein Missverständnis anbahnend.
"Ähh... Kein Grund zur Sorge, ich bin K", versuchte Light sich zu retten.
Einige Kinder begannen zu jubeln, als hätten sie den Ernst der Lage vergessen.
Wütend schlug Mello seine Faust auf den Tisch. "Haltet die Schnauze verdammt! Habt ihr Gören schon vergessen, dass jemand gestorben ist?!"

"Mello beruhige dich", meinte Roger. In seiner Stimme konnte man die Trauer hören. "So bringt man keinem Kind Disziplin bei."
Matt versuchte Mello irgendwie zu trösten.
"Und jetzt an K. Du warst meines Wissens nie ein Kind, welches in diesem Waisenhaus aufgewachsen ist, daher kannst du diesen Schmerz am wenigsten kennen."
Oh doch, ich kenne diesen Schmerz.

"Ich möchte, dass du dich vorallem um L kümmerst."
"Verstanden", antwortete Light. Er sah wieder zu L, der mittlerweile wieder auf den Bildschirm sehen konnte. "L, falls du mir zuhörst", meinte Roger. "Wir haben einen Termin festgelegt. Nächste Woche kannst du hierher kommen, aber alleine."
Müde nickte der Schwarzhaarige. Er war erschöpft von diesem ganzen Schock, vom weinen. Light machte sich Sorgen um ihn.
Bitte, wenn du dir etwas antust kann ich mir das nie verzeihen.

"Ich denke, hiermit beenden wir die Kontaktaufnahme", schlug Near vor. "Von diesem Schock müssen wir uns alle ein wenig erholen."
"Ja, da hast du Recht Near. L, ich freue mich, dich wiederzusehen. Macht's gut", verabschiedete sich Roger, die Bildschirme wurden wieder schwarz.
"Und was jetzt?", fragte Matt und sah in die Runde. Er bekam nur ratlose Gesichter zur Antwort.
"Na kommt, ein wenig fröhlicher sollten wir schon sein. Jeden Tag sterben Menschen, das Leben geht weiter! Leute, ich koch euch was und dann geht es euch wieder besser", meinte er, die Stimmung blieb jedoch größtenteils trüb.

"Du kannst doch nicht Mal kochen", seufzte Mello und sah seine Tafel Schokolade an.
"Die Videogames sagen was anderes", meinte Matt schulterzuckend und begab sich in die Küche.
"Warum so lange Gesichter?"
Light sah auf. Gerade spazierten Ryuk und Rem durch die Tür.
"Leute, das ist nicht der richtige Zeitpunkt", seufzte Light und sah entschuldigend zu den Shinigamis.

"Stopp! Vielleicht kommen die ja doch gerade richtig", meinte Near, seine Augen leuchteten. "Shinigamis, wisst ihr, wie man eine gute Beerdigung abhält?"
Fragend sah Ryuk zu Rem. "Also ich hab noch nie wirklich eine gesehen... Man braucht einen Grabstein und ein Sarg", meinte er.
Light verdrehte die Augen. "Du bist ja ganz schlau."

"Nein. Eine Rede müsste geschrieben werden und von der Person gehalten, die dem Verstorbenen am nächsten stand. Und alle müssen schwarz tragen", erklärte Rem und sah Ryuk kopfschüttelnd an.
"Das heißt wohl, dass ich etwas sagen muss", stellte L leise fest und wischte sich mit dem Ärmel seines Shirts weitere Tränen weg.
"Wieso? Ist etwa Watari gestorben?", fragte Rem bestürzt. Im Gegensatz zu Ryuk hatte sie Mitleid mit den Menschen.
Traurig nickte L.

"Ich will jetzt einfach nur schlafen", seufzte L und trottete mit gesenkten Kopf die Treppen hinauf. Schnell folgte Light ihm.
"Denk dran L, du bist nicht alleine."
"Ich möchte jetzt aber alleine sein."
Scheiße.
Schnell stürmte Light vorraus und suchte sämtliche spitze Gegenstände. Bleistift-Anspitzer, Stecknadeln, Bastelscheren, sogar spitze Stifte und Lineale.

"Light, du überreagierst. Das Leben ist viel zu wertvoll, ich werde keine Form der Selbstverletzung betreiben. Ich dachte, das wüsstest du mittlerweile."
Der Braunhaarige schlug sich an den Kopf.
Er drehte sich um und sah L leicht lächeln.
"Siehst du, die Überreaktion war es doch wert", meinte er und zog den Älteren in eine Umarmung.

Nothing else matters | Death Note • Lawlight FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt